2024-04-25T14:35:39.956Z

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Erstmals gibt es für Bayern- und Landesliga ein Zulassungsverfahren, mit dem auch die Videoberichterstattung geregelt werden soll.  Foto: lst
Erstmals gibt es für Bayern- und Landesliga ein Zulassungsverfahren, mit dem auch die Videoberichterstattung geregelt werden soll. Foto: lst

Videostreit: BFV will Vereine nun zwingen

Erstmals gibt es ein Zulassungsverfahren für die Bayern- und Landesliga +++ Wer nicht unterschreibt, darf nicht mitspielen

In ist, wer drin ist. Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) scheint sich das legendäre Motto der Münchner Schickeria zu Herzen genommen zu haben - und setzt es nun als Druckmittel ein. Wer in zwei der wichtigsten bayerischen Amateurligen dabei sein will, muss am Türsteher BFV vorbei und sich klar bekennen: für den Verband und gegen Medienangebote wie das Amateurfußball-Internetportal www.fupa.net. Das ist nun in den Zulassungsunterlagen für die Bayern- und Landesliga festgehalten.

In ganz Deutschland berichten Medien wie FuPa, das in der Oberpfalz von der Mittelbayerischen Zeitung redaktionell betrieben wird, mit Videobeiträgen von Amateur-Fußballspielen. Die Kurzfilme sind sehr beliebt und werden tausendfach geklickt. Der BFV hätte dieses Angebot auch gerne auf seiner Internetseite. Medien wie FuPa will er nur noch weiter filmen lassen, wenn der Beitrag entweder dem Verband kostenlos und ohne Quellenangabe zur eigenen Verwendung zur Verfügung gestellt oder gegen eine Gebühr eine Lizenz erworben wird.

Die Vertreter von FuPa gingen auf dieses Angebot nicht ein - und müssen das auch gar nicht. Bereits im Oktober 2010 urteilte der Bundesgerichtshof, dass ein Fußballverband im Amateurbereich keine Medien ausschließen darf. Mehrere Gutachten besagen zudem, dass die Vermischung von Verbandstätigkeit und Wirtschaftsinteressen des BFV auch kartellrechtlich fragwürdig ist.

Klubs besitzen das Hausrecht

Nun will der Verband über einen Umweg seine Ziele erreichen und die Vereine zwingen, seine Interessen zu vertreten. Die Klubs braucht der BFV, denn diese haben das Hausrecht auf den Sportplätzen. Nur sie könnten den vom BFV unerwünschten Videoteams den Zugang verweigern - und sollen das nun schriftlich zusichern.

Für die kommende Saison gibt es erstmals ein Zulassungsverfahren für die Bayern- und Landesliga. Neun Seiten umfassen die Unterlagen. Mehrere davon befassen sich fast ausschließlich mit den Medienrichtlinien und wie die Vereine diese umzusetzen haben. Nämlich so: Wer keine Lizenz vom BFV hat, darf nicht hinein. Der Klub habe entsprechende Vorkehrungen zu treffen, Zuwiderhandlungen müssen dem Verband ,,unverzüglich und unter Angabe des Namens und der Anschrift der jeweiligen Person" gemeldet werden. Verstöße der Klubs gegen ihre Verpflichtungen können als ,,unsportliches Verhalten" geahndet und bestraft werden.

Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, will sich der Verband zudem zusichern lassen, im Zweifelsfall selbst tätig werden zu können. ,,Neben dem Verein hat der BFV als organisationsverantwortlicher Verband über seine Vertreter das Recht, das Hausrecht (...) durchzusetzen." Im Gegenzug sichert der Verband den Vereinen zu, bei Rechtsstreitigkeiten mit unliebsamen Medien den Prozess zu führen.

Auf welch dünnem Eis der Verband sich mit derlei Forderungen bewegt, macht alleine das Urteil des Bundesgerichtshofes von 2010 deutlich. Oliver Fritsch war bei dem sogenannten ,,Hartplatzhelden-Prozess" einer der Medienvertreter, der wegen Videoaufnahmen vom Württembergischen Fußball-Verband verklagt worden war. ,,Die Satzungen der Verbände haben keine Rechtswirkung, das hat der BGH im Hartplatzhelden-Urteil festgestellt. Das war eine krachende Niederlage für den DFB", erzählt Fritsch der MZ/FuPa: ,,Der BFV sollte aufhören, seine Vereine zu gängeln, zu erpressen, zu bedrohen. Er sollte aufhören, ohne Rechtsgrundlage gegen Vereine, Verlage und Medien vorzugehen. Ein moderner Sportverband versteht sich als Dienstleister."

Mit Nichtanpfiff gedroht

Der BFV setzt aber weiter auf Druck. Verbandsfunktionär Josef Janker sprach vor drei Wochen vor dem Bayernliga-Spitzenspiel zwischen Amberg und Weiden davon, dass das Spiel möglicherweise nicht angepfiffen wird, wenn ein Videoteam von FuPa ins Stadion gelassen wird (MZ/FuPa berichtete). Hätte der Verband dazu überhaupt das Recht? BFV-Geschäftsführer Jürgen Igelspacher sagt auf MZ/FuPa-Anfrage: ,,Die Spiele sind nach den Statuten des Verbandes durchzuführen." Über mögliche Folgen von Verstößen wolle er nicht spekulieren: ,,Das macht keinen Sinn." Beim Hausrecht interpretiert Igelspacher das BGH-Urteil so: ,,Wir folgen exakt den Vorgaben des Bundesgerichtshofs im Hartplatzhelden-Urteil und üben als Verband dieses Recht im Zusammenwirken mit dem Verein aus." Was passiert, wenn ein Verein sich quer stellt, lässt er offen: ,,Ich gehe nicht davon aus, dass es diesen Fall geben wird."


Hans Kuchler findet, dass Vereine vom BFV instrumentalisiert werden. Foto: Archiv

Um seine Ziele zu erreichen, will der Verband nun fest benannte Ansprechpartner in den Klubs. Für die Zulassung zur Bayern- und Landesliga müssen Vereine einen Medienverantwortlichen, der die Einhaltung der Richtlinien überwacht, und einen Liveticker-Verantwortlichen melden.

Der Liveticker ist die zweite große Baustelle des Verbands. Auch hier sind Medien wie FuPa die Vorreiter. Auf Amateurfußballportalen tickern Vereinsmitarbeiter freiwillig von den Spielen ihrer Klubs. Dieser Erfolg schien dem BFV ein Dorn im Auge. Der BFV setzt nun auch hier auf Zwang - und gibt in den Zulassungsunterlagen detaillierte Vorgaben. ,,Frühzeitig (spätestens ca. 15 Minuten vor Spielbeginn)" habe sich der Live-Ticker-Betreuer ,,im DFB-net anzumelden und (...) mindestens folgende Ereignisse gewissenhaft in den Ticker einzugeben: Anpfiff, Tore, persönliche Strafen, Auswechslungen, Halbzeitpfiff, Schlusspfiff".

,,Ewige Drohgebärden"

Für manchen Vereinsfunktionär ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Hans Kuchler, Vorstand des Bayernligisten 1. FC Bad Kötzting, betont im MZ/FuPa-Gespräch, dass Verband und Medien ihren Videostreit selbst ausfechten sollten. Er habe genug von den ,,ewigen Drohgebärden" des BFV. ,,Der Verband instrumentalisiert die Vereine als Werkzeug. Du als Verein bist da der Volldepp. Wir haben nämlich ganz andere Probleme", wettert er: ,,Wenn mir fürs Spiel ein Würstlbrater ausfällt brauch' ich erst mal sechs Anrufe, bis ich Ersatz hab. Das ist die Realität." Nun müsste er aber auch noch einen Medien- und einen Liveticker-Verantwortlichen für eine ganze Saison finden. Ab sofort nicht akkreditierten Reportern die Tür zu weisen, kann er sich selbst ohnehin nicht vorstellen: ,,Wer sich bei uns g'scheit aufführt, darf hinein. Das ist meine Meinung und steht auch bei uns so in der Vereinssatzung."

Sebastian Bösl, zweiter Vorsitzender des Landesligisten ASV Burglengenfeld, will nach eigener Aussage ebenfalls nicht, dass ein Streit zwischen Medienhäusern und Verband auf dem Rücken der Vereine ausgetragen wird. Ganz allgemein sei für ihn Pressefreiheit ein hohes Gut. ,,Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, dass ich einem Reporter den Zutritt zu unserem Platz verwehre." Für eine endgültige Entscheidung zur Linie des Klubs müsse er sich aber noch mit seinen Vorstandskollegen abstimmen.

Bad Kötzting und Burglengenfeld waren zwei der sieben Vereine, die der BFV vergangene Woche zu einem Treffen zum Thema ,,Regionale Videoberichterstattung", zu der auch Verbandspräsident Dr. Rainer Koch kam, bestellt hatte. ,,Sehr eindringlich" habe Koch seinen Standpunkt beim Videostreit deutlich gemacht, schildert es ein Teilnehmer der Versammlung. Abermals habe Koch die Klubs aufgeordert, sich klar dazu zu bekennen, auf wessen Seite sie stehen. Was es heißt, gegen den BFV zu sein, bringt Geschäftsführer Igelspacher auf den Punkt. Auf die Frage, was passiert, wenn ein Klub die Zulassungsunterlagen nicht unterschreiben will, sagt er: ,,Dann könnte es sein, dass er nicht zu der Liga zugelassen wird. Zuvor würden wir aber versuchen, in Gesprächen eine Lösung zu finden."

Aufrufe: 09.4.2015, 18:53 Uhr
Jürgen Scharf, MZAutor