Marek Mintal: Habe ich, zwei Spiele, drei Tore.
Über die komplette Saison betrachtet reicht das nicht.
Mintal: In zwei Spielen schaffst du nicht so viele Tore. Zeitlich konnte ich einfach nicht häufiger dabei sein.
Waren Ihre Teamkollegen deshalb enttäuscht?
Mintal: Nein. Das war von Beginn an so geklärt, weil ich noch die Aufgabe als U19-Trainer beim 1. FCN habe. Da ist es mir nicht möglich, immer selbst zu spielen.
Für die wohl wichtigsten Partien am letzten Spieltag beim TSV Frauenaurach und in der Aufstiegsrelegation gegen den TSV Röttenbach II hat es ja gereicht.
Mintal: Die Saison bei uns in der U19 war zu Ende. Da hatte ich ein bisschen Zeit. Das war dann auch eine Vertrauenssache, bei Victoria dabei zu sein.
Inwiefern?
Mintal: John Fröhlich (der Vereinsvorsitzende der Victoria Erlangen, Anm. d. Red.) hat mir in meiner Profikarriere enorm geholfen. Wir haben in diesen Jahren engeren Kontakt gehabt, auch und in schwierigen Phasen, wenn ich verletzt war. Dann ist die Idee entstanden, nach der aktiven Karriere bei ihm zu spielen.
Das hatten Sie ihm versprochen?
Mintal: Ja, das war vor Jahren. Ich bin froh, dass alles so geklappt hat, auch mit dem Aufstieg am Ende.
Dank Ihnen. Sie haben Victoria Erlangen in die Kreisklasse geschossen. Ist man da eigentlich stolz drauf, als Bundesliga-Torschützenkönig und DFB-Pokalsieger?
Mintal: Für mich war sofort klar in meinem Kopf wenn ich dort hinkomme, dann helfe ich. Helfen heißt für mich, mach’ bitte die Tore und gewinn’ die Spiele - egal ob es zwei, vier oder zehn sind. Das war für mich der erste und der wichtigste Punkt. Aber wenn dann das letzte Spiel kommt, die Relegation gegen Röttenbach, dann sage ich mir: Ich will auch diesen Aufstieg schaffen, für die Mitspieler, für diese Mannschaft.
Am Abend des Aufstiegs konnten Sie nicht mitfeiern. Die Kinder mussten ins Bett. Haben Sie das mittlerweile nachgeholt?
Mintal: Ich hatte den Sohnemann dabei und musste am nächsten Tag als Trainer auf dem Platz stehen. Feiern ist nicht mein Ding. Ich lasse mich auch nicht feiern, ich war nur zwei Spiele dabei. Die Feier ist für das Team.
War das erste Spiel in der A-Klasse für Sie ein Kulturschock?
Mintal: Ich habe das erlebt, wenn wir mit dem 1. FCN in der Sommervorbereitung die Freundschaftsspiele hatten. Spiele auf so einem Rasen, in einem kleinen Stadion oder auf Dörfern sind für mich keine Wunder. Egal wie der Rasen ist, Spaß muss da sein. Und den hatte ich.
Geht man mit Amateurfußballern anders um als mit Profis?
Mintal: Der erste Kontakt ist immer wichtig, das erste Gefühl. Das erste Mal mit Victoria Erlangen in der Kabine hatte ich ein ganz normales Gefühl. Eines ist klar: Ich muss mich einfach anpassen an diese Idee, dieses Spiel, diese Philosophie, diese Qualität. Ich hatte keine hohen Erwartungen.
Sie meinen, Ihren Teamkollegen gegenüber?
Mintal: Dass es nicht die gleichen Mitspieler wie in der Bundesliga sind, das wusste ich von der ersten Sekunde an. Darum musst du auch den ein oder anderen Fehler akzeptieren.
Das schaffen Sie?
Mintal: Ich muss auch aufpassen, wie ich spiele. Wie scharf ich die Bälle spiele zum Beispiel. Aber wenn man etwas will, dann schafft man das auch.
Anpassen heißt: Nicht zu schnelle Pässe, nicht zu kompliziertes Spiel?
Mintal: Genau. Warum sollte ich meinen Mitspielern Schwierigkeiten machen? Am Anfang habe ich zwei, drei Fehlpässe gespielt und dann dachte ich, okay, jetzt mach’ das ein bisschen lockerer, mit weniger Kraft.
Wie haben die Gegenspieler Sie behandelt? Einmal Marek Mintal umgrätschen ist sicher der Traum aller Abwehrspieler.
Mintal: Ich hatte vorher keine Erfahrung mit dieser Liga, wie hart die Spieler sind. Klar ist auch, dass mal jemand foult. Das ist ganz normal in diesem Spiel. Aber auch für das muss ich vorbereitet sein, muss ich im Kopf einfach schneller denken und wissen, was eventuell kommen kann. Das heißt für mich: Am Ball bleiben und schnell reagieren. Alle haben sich aber auch sehr korrekt verhalten.
Können Sie etwas mit dem Profi-Geschäft vergleichen?
Mintal: Wenn man auf diesem Niveau spielt, schauen dich die Leute und die Mitspieler an. Fast alle Sachen musst du genau so machen wie als Profi. Für jedes Tor musst du konzentriert arbeiten.
Fallen Tore in der A-Klasse leichter?
Mintal: Es ist anders. Du bekommst nicht so viele Chancen. Die Qualität der Mitspieler ist geringer. Und trotzdem: Hast du ein, zwei Chancen, musst du Minimum ein Tor machen. In Frauenaurach habe ich einen Schuss 50 Meter neben das Tor gesetzt, zum Schluss aber zumindest noch das 3:1 gemacht.
Treffsicher: Marek Mintal (li.) hat in 180 Ligaspielen für den Club 66 Tore erzielt. 2004/05 war er Bundesliga-Torschützenkönig. F: Daut
In der Relegation gegen Röttenbach haben Sie ganz am Anfang eine große Chance vergeben...
Mintal: Richtig. Aber kurz vor der Halbzeit und in der Verlängerung habe ich zweimal verwandelt. Zwei aus drei Chancen.
Dem Club sind Sie immer treu geblieben, beim 1. FC Nürnberg trainieren sie die A-Junioren. Warum?
Mintal: Nach der Karriere habe ich die Möglichkeit bekommen, mich hier weiterzuentwickeln, ein Teil des Trainerteams zu sein. Ich wollte immer gerne weiter beim Fußball bleiben.
Wollen Sie mal ein Bundesliga-Team als Cheftrainer betreuen?
Mintal: Gute Frage. Irgendwann will ich das. Ob es gleich die erste Liga wird, kann ich nicht sagen. Aber einmal Cheftrainer zu sein, das möchte ich schon selbst probieren.
Die Nachwuchsleistungszentren (NLZ) nehmen Jugendliche immer früher in Ausbildung. Machen die Profiklubs mit NLZ die kleinen Vereine kaputt?
Mintal: Wir wissen, heute kommen nur die Besten weiter, egal in welcher Sportart. Das war, ist und bleibt auch in Zukunft so. Die kleineren Vereine müssen ihre besten Spieler verkaufen, das ist im Dorfverein so, in der achten Liga, in der zehnten und auch in der Bundesliga. Wenn ein Kind gut ist, und will und träumt und die Möglichkeit hat, muss man ihm die Chance einfach geben.
Die Chance hat das Kind nur, wenn es den Heimatverein verlässt und in ein NLZ geht?
Mintal: Es gibt viele Wege. Auch ein Spieler, der länger im Heimatverein bleibt, kann später entdeckt werden. Aber es ist leichter, wenn das Kind schon im NZL ist.
Wie meinen Sie das?
Mintal: Nicht das Training ist leichter. Aber der Weg ist nicht so schwierig wie von einem Dorfverein zu einem guten Zweit- oder Erstliga-Verein.
Viele junge Fußballer sind mittlerweile gleich gepolt. Man hat den Eindruck, dass sich ihre Persönlichkeit kaum individuell entwickeln kann. Achten Sie auf so etwas als Nachwuchstrainer?
Mintal: Das kommt auf den Trainer an. Jeder arbeitet mit den Jungs auf einem anderen Level. Mir geht es auch um den Charakter, die Entwicklung, was die Spieler wollen. Manche sind nur fokussiert auf Fußball.
Wie ist das bei Ihnen im Team?
Mintal: In der U19 gibt es manche, die sind so befreit, locker, ruhig. Andere sind enorm konzentriert und denken immer: Ich muss, ich muss, ich muss. Das kann auch vom Berater oder den Eltern kommen.
Wie gehen Sie mit einem Spieler um, der so extrem verbissen ist?
Mintal: Wenn ich merke, der Spieler will etwas in seiner Karriere erreichen, dann mache ich viel. Aber du hast auch welche, die denken, sie sind die Besten und wissen bereits alles. Da bin ich ein bisschen vorsichtig und halte mich zurück. Natürlich möchte ich auch ihnen weiterhelfen. Aber wenn ich merke, es ist immer das Gleiche und es kommt nichts zurück, dann sage ich: Gehe deinen Weg, wenn du das meinst oder deine Eltern das meinen. Du kannst nicht mit 24 Leuten im Team guter Freund sein.
Als Trainer ist man nie der gute Freund, oder?
Mintal: Wenn ein Spieler spielt, dann ist der Trainer gut. Wenn ein Spieler nicht spielt, dann ist der Trainer böse. Das ist so, bei den kleinen Spielern, bei den Junioren und bei den Profis.
"Ich hasse soziale Netzwerke"Geht es in der Ausbildung auch um den Umgang mit sozialen Netzwerken? Dort kann sich jeder Nachwuchs-Kicker selbst darstellen – oder blamieren. Gerade an der Schwelle zum Profi birgt das ein gewisses Risiko.
Mintal: Für diese Frage bin ich empfindlich. Ich hasse diese Netzwerke, Instagram, Facebook, in denen die Spieler und Kinder sich wichtiger machen. Das nervt mich. Die andere Seite ist aber, du musst das eventuell machen, weil es auch die anderen machen. Das ist eine Kettenreaktion. Aber es stört mich, wenn ein Spieler sich im Internet so selbst beurteilt und schreibt, wie super er war und wie hübsch seine Freundin ist. Da werde ich ein wenig aggressiv. Das ist alles nur für die Show.
Verbieten kann man das als Trainer nicht?
Mintal: Es gibt auch ein paar Spieler, die sich dafür nicht interessieren. Doch etwas zu verbieten, das funktioniert nicht. Höchstens für ein paar Stunden. Die Spieler machen sowieso das, was sie denken.
Talentierte Jugendfußballer werden von Beginn an extrem gefördert, trainieren auf Top-Plätzen und in super ausgestatteten NLZ. Würde ihnen nicht auch ein Besuch, sagen wir in der A-Klasse gegen Frauenaurach, guttun?
Mintal: Die Spieler sind schon so aufgewachsen, dass sie nicht bereit sind, so einen Rückschritt zu machen. Die fragen sich: Warum sollte ich das machen? Manche Spieler sind dann enttäuscht, beleidigt, sauer. Bei dem einen oder anderen wäre es tatsächlich nicht schlecht, wenn er so etwas erlebte. Es ist auch wichtig, mal hinzufallen und dann wieder aufzustehen.
Kann man das als Jugendtrainer herbeiführen?
Mintal: Ab und zu musst du durchgreifen, hart bleiben.
Wie greift Trainer Mintal durch?
Mintal: Manchmal muss ich auch lauter werden, schreien. Aber alles hat seine Grenzen. Ich darf auch nicht vergessen, in welchem Alter die Jungs sind. Manche sind sensibel. Die einen brauchen mehr Zucker, andere mehr Pfeffer.
Wissen Sie, wann Ihr Vorbild, Roberto Baggio, seine Karriere beendet hat?
Mintal: Puh, keine Ahnung.
Aufgehört hat er im Alter von 37 Jahren. Sie sind 38.
Mintal: Fast schon 39!
Hängen Sie noch ein Jahr bei der Victoria dran?
Mintal: Ich bleibe bei John. Ich habe keinen Bock, wie ein Indianer jedes Jahr immer woandershin zu wechseln. Das macht keinen Sinn. Wie oft ich nächstes Jahr wieder dabei bin? Diese Frage ist noch offen. Wo spielt die Victoria denn dann?
In der Kreisklasse.
Mintal: Ist das schon ein besseres Niveau?
Ein bisschen.
Mintal: Das heißt, das wird anstrengend sein. Ich habe jetzt schon Angst (lacht). Der Spielerpass aber bleibt in Erlangen.