2024-04-24T13:20:38.835Z

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Treten den Gang zum Amtsgericht vermutlich an: VfR-Rechtsanwalt Axel Goldmann (links) und der zweite Vorsitzende Gerd Grümmer. Foto: Lühn
Treten den Gang zum Amtsgericht vermutlich an: VfR-Rechtsanwalt Axel Goldmann (links) und der zweite Vorsitzende Gerd Grümmer. Foto: Lühn

VfR Neumünster ist zahlungsunfähig

Rasensport kann Zahungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen / Zukunft des Traditionsvereins unsicher

Die Lage beim VfR Neumünster mutiert zu einem Trauerspiel. Alle Versuche, Rasensport nach den Rücktritten des Vorsitzenden Bernd Hagen und des Schatzmeisters Thorsten Wandelt in abgespeckter Form mit Leben zu füllen, schlugen fehl. Die „Veilchen“ sind gezwungen, nach 2005 und 2007 ein drittes Mal in der Vereinsgeschichte zum Amtsgericht Neumünster zu gehen und dort einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Traditionsvereins zu stellen. Dies wird nach Informationen wahrscheinlich passieren. „Es ist nicht mehr zu vermeiden“, sagte Gerd Grümmer gestern dem Courier. Der zweite Vorsitzende des VfR wollte den Termin aber nicht bestätigen und kündigte für heute eine Presseerklärung an.

Wegen mangelnder Liquidität kann der Club von der Geerdtsstraße seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen. Die verbliebenen Teile des geschäftsführenden Vorstandes – neben Grümmer vertritt Gerda Hirsch den VfR als dritte Vorsitzende satzungskonform nach außen – dürften beim Anblick des Kontos ziemlich kalte Füße bekommen haben. Grümmer hat bereits juristischen Beistand in Form von Rechtsanwalt Axel Goldmann in Anspruch genommen. Goldmann sagte zum Courier: „Ich darf mich zum Sachverhalt nicht äußern.“

Der Grund kann nur darin liegen, dass sich Grümmer keiner Insolvenzverschleppung schuldig machen möchte. Auf dem Konto des Vereins herrscht nicht erst seit Anfang des Jahres, sondern bereits seit dem vergangenen Sommer gähnende Leere. Das weiße Papier enthält nur noch rote Zahlen, wie verlustreiche Geschäfte gemeinhin genannt werden.

Möglicher Auslöser war, dass die im vergangenen Geschäftsjahr anvisierten 175000 Euro an Spenden verfehlt wurden. Dabei soll es Rasensport außerdem mehrfach versäumt haben, zahlungswilligen Unternehmen (zum Beispiel für Bandenwerbung und Anzeigen in der Stadionzeitung) die notwendigen Rechnungen zu schreiben. Diese ausgebliebenen Unterstützungen ließen die Liquiditätslücke Schätzungen zufolge auf rund 60000 Euro anwachsen.

Weil außerdem über Kredite längerfristige Verbindlichkeiten (etwa 30000 Euro) bei privaten Gläubigern bedient werden müssen und die Mannschaft seit dem 31. Oktober vergangenen Jahres kein Heimspiel mehr hatte, fehlte es an weiteren Einnahmequellen.

Der einzige Ausweg ist jetzt eine vorläufige Insolvenz, um einer persönlichen Haftung nach dem Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 26 BGB) zu entgehen. Dort heißt es: Der Beauftragte – also das gewählte Vorstandsmitglied – haftet dem Verein aus dem bestehenden Auftragsverhältnis bei der „Nichterfüllung“ oder „Schlechterfüllung“ des Auftrages und bei der Verletzung anderer Pflichten (z. B. Untreue § 266 StGB) im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB nach § 276 BGB für Vorsatz und grob fahrlässiges Verhalten. Abhilfe könnte nur eine zuvor abgeschlossene Ehrenamtsversicherung schaffen.

Zudem ist seit dem späten Dienstagabend klar: Keiner der 22 Spieler wird je wieder die Fußballstiefel für Rasensport in der Fußball-Oberliga schnüren. Das weiß jetzt auch Grümmer. So sollen die freigestellten Spieler Erklärungen zu den gemeinschaftlich unterzeichneten Auflösungsverträgen unterschreiben. Den Akteuren wurde glaubhaft gemacht, dass die unterzeichneten Verträge nicht aufzufinden seien. Das wurde von den Kickern als Druckmittel verstanden, weil dazu die Kosten der Vertragsauflösung beim Schleswig-Holsteinischen Fußball-Verband in Höhe von 450 Euro selbst zu tragen wären.

Das beweist, dass der Geldhahn an der Geerdtsstraße nicht nur aktuell verschlossen ist, er war schon seit Monaten eingerostet. Der auf der Jahreshauptversammlung im Januar 2017 präsentierte Etatvoranschlag für die Spielzeit 2017/18 von rund 360000 Euro des Gesamtvereins – beim VfR wird das Geschäftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni bilanziert – wurde deutlich verfehlt.

Aufrufe: 026.1.2018, 07:33 Uhr
SHZ / Jörg LühnAutor