2024-04-23T13:35:06.289Z

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"Gelnhausen hat mich nie losgelassen"

NACHGETRETEN: +++ Stürmer Kai Lotz kehrt von Hainchen in Heimatkreis zurück +++ Vorfreude auf neue Station Kassel +++ Lieber Carew als Gomez +++

Die Personalie Kai Lotz hat auf FuPa zuletzt viele Leser angezogen, als der Wechsel der Stürmerlegende vom VfR Hainchen zum TSV Kassel bekanntwurde. Dort wird Lotz, der sich eine besser bestückte Pokalvitrine für seine Karriere gewünscht hätte, erstmals als Spielertrainer sein Glück versuchen. Im Gespräch kam er außerdem auf Erfahrungswerte, Ernährung, Vorbilder und den Kontrast zum Berufsleben zu sprechen.

Hallo Kai,

wir haben im Gelnhäuser Tageblatt Anfang des Jahres über dich gelesen, dass du mit deinen 34 Jahren endlich wahnsinnig gerne mal einen Titel gewinnen würdest. Nun ist Hettersroth/Burgbracht in deiner KLA Büdingen aber schon durch. Mit Platz zwei und Aufstiegsrelegation könntest du also auch leben, oder?

Definitiv. Als Spieler will man immer das Maximum erreichen. Wenn das in diesem Fall also Aufstiegsrelegation bedeutet, wäre ich hoch zufrieden.

Selbst wenn es zum zweiten Mal in Folge der undankbare 3. Platz werden würde, wie fällt deine Bewertung deiner zwei Jahre beim VfR Hainchen aus?

Es war eine interessante Erfahrung, ich habe ja einen ganz neuen Fußballkreis kennengelernt, mit neuen Sportgeländen und zahlreichen mir unbekannten Vereinsstrukturen. Sehr spannend, da es im Vergleich zum Kreis Hanau oder Gelnhausen da schon diverse Unterschiede gibt, etwa was Härte im Spiel angeht oder den Zustand der Plätze. Spielausschuss Benjamin Weber und Trainer Marc Sauermann – beide gute Kumpels von mir - haben mich damals mit einem schönen Konzept überzeugt, es beim VfR zu probieren. Ein Wechsel innerhalb vom Kreis Gelnhausen kam für mich aufgrund der sieben Jahre in Meerholz nicht in Frage. Der Kreisoberliga-Aufstieg war glaube ich eher mein großes persönliches Ziel als das des Vereins (lacht). Aber vielleicht klappt es ja noch…Klar hatte ich darauf spekuliert, dass da was in die Vitrine kommt, aber man muss auch sagen, dass wir personell selten aus dem Vollen schöpfen konnten, Wille und gute Führung waren ja stets gegeben. Hettersroth konnte dagegen etwa meist mit den gleichen 16 Mann zum Spiel antreten – und hat das natürlich auch gut gemacht!

24 Tore hast du in 23 Spielen erzielt – eine überragende Quote. Trotzdem bist du nur auf Rang drei in der Torschützenliste. Hast du noch Hoffnung, Paul Wismer vom Tabellenführer abfangen zu können?

Nee, da verschwende ich quasi keine Gedanken dran. Torschützenkönig war ich ja immerhin schonmal (lacht). Und primär geht es um den Verein, ganz einfach. Qualitativ tolle und gut besuchte Spiele erhoffe ich mir für diese Saison noch, der Rest wäre Zubrot. Außerdem hat Paul sich das ja auch verdient. Ich schätze ihn sehr, ein toller Kicker!

Du kommst ja ursprünglich vom Handball, warst Hessenauswahl-Keeper. Ist es weiterhin die starke Physis, die die Vorteile vor dem Tor verschafft. Oder geht es nur noch um Erfahrung?

Das ist ganz schwer, aufzuwiegen. Natürlich ändert sich die Spielweise eines Spielers im Laufe einer Karriere, so auch bei mir. Ich war zu Beginn meiner Fußball-Zeit beweglicher als viele Altersgenossen – und kannte keine Angst vor Ball und Zweikampf. Zu oft hatte ich schon ein Geschoss aus kurzer Distanz voll auf die Zwölf bekommen, wieso dann nicht auch einen Flugkopfball im Gewusel auf Spannhöhe wagen? (lacht) Mit Anfang 20 in Bad Orb in der Verbandsliga kamen dann der unbedingte Wille und die Laufbereitschaft mit dazu. Spielstrategisch hatte ich dafür leichte Defizite, da ich ja erst am Ende der Jugend zum Fußball kam, so habe ich viel durch Rennen wiedergutgemacht. In Bruchköbel war ich dann gereift, es war meine Blütephase. Und das Verhältnis aller Stärken war am besten. In Meerholz habe ich dann erstmal richtig realisiert, was „Erfahrung“, von der so oft geredet wird, im Sport wirklich bedeutet, was man jungen Mitspielern also alles weitergeben kann. Mit der Zeit ist das Tempo etwas verloren gegangen. Zum Glück ist die Robustheit bis heute ganz gut geblieben, gerade im Kopfballspiel ist das wahnsinnig hilfreich. Vorbeimarschieren geht allerdings nicht mehr so gut (lacht). Da muss ich dann die Aktionen vorausschauender und technisch sauberer angehen. Dank meines Trainers Marc Sauermann habe ich auch angefangen, immer mehr auf Ernährung und Fitness zu achten. Ich würde sagen, ich bin aktuell so stabil wie noch nie, Muskelverletzungen sind eine absolute Seltenheit geworden. Ich bereue wirklich, nicht schon früher in meinen Körper investiert zu haben.

A propos erfahrene Goalgetter. Auf Facebook ist dein Name klar an Nationalstürmer Mario Gomez angelegt. Ist er eine Art Vorbild für dich?

Eigentlich gar nicht…der Name kommt von Kumpels, die da mal eine optische Ähnlichkeit festgestellt haben, wohl frisurbedingt. Ich bin zwar Bayernfan, aber er war sicher nicht mein Idol damals. Da ich Facebook auch nicht so toll finde, dachte ich, nehme ich halt mal diesen Namen. Besser fand ich früher immer Diego Maradona – völlig ohne Ähnlichkeiten – oder John Carew, wenn den noch jemand kennt. Zlatan Ibrahimovic finde ich fußballerisch auch super. Er hat auch von der Athletik auf Physis umgestellt und schießt nun sogar mehr Tore als früher. Als Mensch ist er natürlich schwieriger. Aber eigentlich finde ich es gut, wenn Fußballer nicht so enorm aalglatt daherkommen. Das tut dem Sport gut.

Zurück von den Stadien der Welt nach Steinheim, wo du stellvertretender Bankfilialleiter bist. Tut es manchmal gut, nach einem stressigen Tag im Büro den Anzug in die Ecke zu legen und abends Gras zu fressen?

Eindeutig ja, das ist ein super Ausgleich. Es sind zwei verschiedene Welten. Und ein bisschen auch zwei verschiedene Typen (lacht). Aber ich bin, Stichwort Erfahrung, auch längst nicht mehr so impulsiv wie früher, gehe nicht mehr mit 180 Puls in die Spiele. Fußball bringt mir da aber unabhängig von all dem auf jeden Fall mehr Erfüllung als das Fitness-Studio.

Ab der neuen Saison bist du Spielertrainer beim TSV Kassel. Wieso ausgerechnet dort?

Das hat unter anderem einen privaten Hintergrund. Ich habe meine große Liebe kennengelernt und wir wollen wieder mehr Zeit in unserer eigentlichen Heimat verbringen. Daher war auch klar, dass ich Angebote aus dem Raum Büdingen oder Hanau nicht machen wollte. Der Kreis Gelnhausen hat mich nie losgelassen. In Kassel waren es immer heiße Spiele mit tollem Publikum, dazu habe ich immer nur Gutes über die Vereinsführung gehört. Wie geschlossen der Club aufgetreten ist, hat mich immer fasziniert. Dazu ist das Sportgelände klasse. Man kann es also wohl „stimmiges Gesamtpaket“ nennen.

Nun steckt der TSV aber aufgrund eines Formtiefs plötzlich im Abstiegskampf. Wechselst du, egal welche Liga am Ende dabei rauskommt?

Definitiv. Bei mir gilt schon immer: Ein Mann, ein Wort. Natürlich wünsche ich mir, dass der Verein es packt. Auch im nächsten Jahr wird es dann um den Ligaverbleib gehen, da altersbedingt ein Umbruch ansteht, einige wollen sich anders orientieren. Dieser gut geführte Club gehört definitiv aber in die KOL.

Wie lange willst du denn selbst noch mitkicken? Hast du dir eine Frist gesetzt?

Da gibt es keine konkreten Überlegungen. Ich will solange spielen, wie ich dem Team helfen kann. Wenn ich merke, das klappt nicht mehr, ziehe ich mich zurück. Allerdings werde ich die Kickschuhe niemals ganz an den Nagel hängen, das weiß jeder, der mich ein bisschen kennt. Dafür ist die Passion für den Fußball einfach viel zu groß.

Du hast ja von Ernährungsumstellung berichtet, auf Facebook hast du aber Likes an Donut-Läden und Kinderschokolade verteilt. Erklär das mal deinen Spielern!

Da muss man mehr dazu wissen: Bei dem erwähnten Laden arbeitet ein Teamkollege und serh guter Freund von mir, mehr als einen Donut habe ich aber nicht gegessen (lacht). Und zur Schokolade: Damit bin ich groß geworden, die esse ich auch tatsächlich sehr gerne. Aber ich versuche, mich zu zügeln, und das klappt auch ganz gut.

Zum Schluss darfst du traditionell noch jemanden grüßen!

Ich grüße alle, die es immer ehrlich und gut mit mir gemeint haben.

Aufrufe: 015.5.2017, 10:00 Uhr
Dennis BellofAutor