2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview der Woche
Oliver Barth kehrt an diesem Sonntag mit dem VfR Aalen an seine alte Wirkungsstätte zu den Stuttgarter Kickers zurück. Foto: Baumann
Oliver Barth kehrt an diesem Sonntag mit dem VfR Aalen an seine alte Wirkungsstätte zu den Stuttgarter Kickers zurück. Foto: Baumann

Oliver Barth: Spiel ein richtiger Prüfstein für uns

Oliver Barth trifft mit dem VfR Aalen auf die Stuttgarter Kickers

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Oliver Barths Profikarriere war eigentlich schon beendet, bevor sie begann. Doch dann kam er zu den Stuttgarter Kickers und ging später von dort in die Bundesliga. Ein Gespräch über Förderer, Favoritenrollen und Derbyatmosphäre.

Herr Barth, als Jugendspieler waren Sie beim TSV Schmiden und dem VfB Stuttgart aktiv, der Sprung zum VfB II gelang dann aber nicht. Mit 21 Jahren spielten Sie beim SV Fellbach, hatten die Profikarriere laut eigener Aussage „ad acta“ gelegt. Dann kamen die Stuttgarter Kickers…
Oliver Barth: Richtig. Ich kam von Fellbach aus der Verbandsliga zu der U23 der Kickers, die damals wie heute in der Oberliga spielten. Die Profis waren gerade aus der zweiten Bundesliga abgestiegen in die damalige Regionalliga Süd, Trainer war Rainer Zobel. Es kam dann recht früh in der Saison zur Trennung mit Zobel und Marcus Sorg wurde von der U23 zum Cheftrainer befördert. Er nahm mich mit und so wurde ich bei den Blauen zum Profi.

Würden Sie Marcus Sorg (heute DFB U19 Nationaltrainer, Anm. d. Red.) als Ihren Entdecker bezeichnen?
Barth: Nein, nicht unbedingt als Entdecker, aber als einen der ersten Förderer, der es mir ermöglicht hat, in den Profisport hineinzukommen.

Mittlerweile blicken Sie auf eine äußerst respektable Karriere zurück. Empfindet man da eine gewisse Dankbarkeit, den Förderern gegenüber – oder sehen Sie es eher so, dass Sie sich die Karriere selbst erarbeitet haben?
Barth: Sowohl als auch. Ich gehörte nicht zu den Super-Talenten, wie man sie heute im Juniorenbereich oft vorfindet. Ich musste mir vieles hart erarbeiten, habe nichts geschenkt bekommen. Aber natürlich ist man auch dankbar, dass es einen Trainer gab, der einem das Vertrauen geschenkt und so einem die Perspektive Profisport ermöglicht hat.

Hätten Sie gedacht, dass dieser Weg Sie noch bis in die Bundesliga führen würde?
Barth: Nein, mit Sicherheit nicht. Das konnte man damals nicht erahnen.

Bis auf die Station Fortuna Düsseldorf haben Sie Baden-Württemberg nie verlassen. Das impliziert eine gewisse Heimatverbundenheit…
Barth: (lacht) Das kann man so stehen lassen! Ich bin sehr heimatverbunden, ohne Frage. Ich bin hier in der Region groß geworden, meine Frau kommt von hier, wir fühlen uns hier einfach wohl. Das war damals auch mitentscheidend für meine Wechsel von Freiburg nach Aalen. Wir wollten einfach wieder näher am Zuhause sein.

Im Juli 2012 sagten Sie, damals 33, dass Sie „keine fünf Jahre mehr Fußball spielen“ werden. Jetzt sind Sie 36…
Barth: Na, dann hab ich es ja bald geschafft! (lacht)

Sie haben sich bestimmt schon intensiv auf die Zeit nach der aktiven Karriere vorbereitet?
Barth: Selbstverständlich. Eigentlich habe ich das schon während der letzten 15 Jahre getan, denn wie bereits erwähnt musste ich mir vieles selbst erarbeiten. So habe ich eine klassische Berufsausbildung absolviert und war schon immer jemand, der ein Bewusstsein dafür hatte, dass eine Profikarriere endlich ist. Da hilft ein Blick über den Tellerrand. Im Oktober werde ich meinen ersten Trainerschein beginnen und möchte mich in diesem Bereich weiterentwickeln und wenn möglich später auch arbeiten. Erste Gespräche diesbezüglich werden bald stattfinden.

Kommen wir zur Lage in der Liga. Der VfR startete mit zwei Remis, hat mittlerweile einen Sieg auf dem Konto – geht das so in Ordnung oder wäre mehr drin gewesen?
Barth: Gefühlt wäre mehr drin gewesen. Das Heimspiel gegen Chemnitz war ein typisches Remis, wenig Chancen auf beiden Seiten. In Köln kommen wir gut zurück und lassen dann eine ganze Reihe Chancen liegen. Wir wollten vier Punkte aus den zwei Spielen, zwei sind es geworden. Die nächsten Spiele werden nun richtungsweisend.

Wie ärgerlich ist das Ausscheiden aus den Pokalwettbewerben?
Barth: Das ist schon sehr ärgerlich. Gegen Ravensburg war es schwierig zu spielen, die Atmosphäre war hitzig. Wir konnten an diesem Tag unserer Favoritenrolle leider nicht gerecht werden. Gegen Nürnberg war es genau umgekehrt. Da waren wir der Underdog, konnten das Spiel lange offen halten und unterlagen dann im Elfmeterschießen.

Wie schätzen Sie die Liga insgesamt ein?
Barth: Ich muss ganz ehrlich sagen bis jetzt ist es schwierig für mich, die Liga einzuschätzen. Ich kenne noch nicht alle Teams im Detail, auch wir haben eine runderneuerte Mannschaft. Ich denke nach zehn Spielen wird man erste Tendenzen sehen.

Am Wochenende geht es gegen ihren ehemaligen Club…
Barth: Richtig, ich freue mich sehr auf das Spiel. Auch wenn ich außer Enzo Marchese und Zeugwart Dieter Kerschbaum keinen mehr kenne.

Wie sehen Sie die Mannschaft von Horst Steffen?
Barth: Seit Steffen und Manager Michael Zeyer das Zepter schwingen, ist eine klare Linie erkennbar. Die Kickers arbeiten mit Hochdruck daran, wieder in die zweite Liga zurückzukehren. Es hat sich in den letzten Jahren sehr viel bewegt in Degerloch. Für mich gehören die Kickers mit Dynamo Dresden und noch zwei oder drei Kandidaten zum Kreis der absoluten Titelanwärter und werden am Saisonende weit vorne liegen.

Abschließend, auf was für ein Spiel können sich die Fans freuen?
Barth: Für uns wird das Spiel ein richtiger Prüfstein. Danach werden wir sehen, wo wir stehen. Die Kickers sind eine seit Jahren gewachsene Mannschaft, die einen guten Ball spielt und zuhause sehr offensiv auftritt. Es wird bestimmt ein munteres Derby mit toller Stimmung auf den Rängen und guten Szenen auf dem Platz.

Dieses Interview erscheint in gekürzter Fassung an diesem Sonntag im Stadionmagazin der Stuttgarter Kickers

Aufrufe: 021.8.2015, 08:00 Uhr
Philipp MaiselAutor