2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Hat im Verein den Durchblick: der Vereinsvorsitzende Armin Schaefer.
Hat im Verein den Durchblick: der Vereinsvorsitzende Armin Schaefer.

Witzhelden - Höhendorf im Zeichen der Jugend

Es gibt Namen, die gibt es gar nicht.

Dass der Name VfL Witzhelden nicht dem sprichwörtlichen Witz entsprang, darüber klärt der erste Vereinsvorsitzende Armin Schaefer auf: "Bis 1975 war Witzhelden eigenständig, ehe es 1975 in die rheinländische Stadt Leichlingen eingemeindet wurde. Das erste Mal erwähnt wurde Witzhelden 1184 in einer Bulle von Papst Lucius III – als "Withseleden“. "With“ lässt sich mit "Holz“ oder "Wald“ übersetzen und "Seleden“ bedeutet soviel wie "Siedlung“, zusammen also eine Waldsiedlung.“
Auch wenn Witzhelden heute ein Stadtteil von Leichlingen ist, haben sich seine etwa 7.500 Bewohner einen Teil ihrer Eigenständigkeit bewahrt. „Zu Leichlingen sagen wir immer ,unten’, weil zwischen Leichlingen und Witzhelden ein Höhenunterschied von 150 Metern besteht. Wir nennen uns daher auch ,Höhendorf Witzhelden’“, erklärt Schaefer schmunzelnd. Einen rein sportlichen Höhenflug strebt der VfL in diesem Jahr in der Kreisliga A Solingen an. Und es sieht gut aus mit dem angepeilten Aufstieg: Mit dreizehn Siegen aus ebenso vielen Spielen stand Witzhelden Anfang Dezember unangefochten an der Tabellenspitze.

Name veranlasst zu Wortspiel

Eine Rückkehr in die Bezirksliga, der Witzhelden von 2007 bis 2011 angehörte, hätte den Vorteil, „sich wieder verstärkt mit Mannschaften aus dem näheren Umfeld messen zu können“, nennt Schaefer einen wesentlichen Anreiz. Nach dem im Vorjahr verpassten direkten Wiederaufstieg ist der Ehrgeiz nun umso größer. In der Spielzeit 2011/12 zog der VfL aufgrund einer lediglich um drei Treffer schlechteren Tordifferenz gegenüber Aufstiegskonkurrent SC Germania Reusrath den Kürzeren.


Der ließ es sich dann nicht nehmen, T-Shirts mit dem Schriftzug „Kein WITZ, wir sind HELDEN!“ drucken zu lassen. „Wir haben dann etwas sparsam geguckt, aber zugegeben, sie haben sich etwas einfallen lassen“, räumt Schaefer mit süßsauerer Miene ein (zur ungewöhnlichen T-Shirt-Aktion). Die Witzheldener selbst haben sich bisher nicht mit derlei Wortspielen vermarktet. Über das WDR3-Fernsehen hingegen hat das Höhendorf 2011 überregionale Bekanntheit erlangt, als Witzhelden den Wettbewerb kurioser Ortsnamen gewann und dafür den goldenen Lachsack verliehen bekam.

Prunkstück des Vereins sind seine dreizehn Jugendmannschaften: Von den Bambini bis zur A-Jugend sind durchgängig alle Jahrgänge besetzt. In Anbetracht der Einwohnerzahl des Stadtteils eine beachtliche Leistung. Stolz verweist der Vorsitzende auf die insgesamt 350 Klubmitglieder mit ungefähr 280 aktiven Mitgliedern, davon etwa 200 Jugendliche. Wie hat es der Verein geschafft, so viele Junioren für sich zu begeistern? Für Schaefer sind zwei Faktoren entscheidend: „Wir verfügen über sehr qualifizierte Trainer und eine kluge Führungsriege. Alle unsere Trainer besitzen die Niederrhein-Lizenz und auch auf ihre Weiterbildung legen wir sehr großen Wert.“ Allerdings schränkt der Vorsitzende ein: „Es kann durchaus sein, dass ein Coach ohne Lizenz geeigneter ist, als der ausgebildete. Denn man muss mit den Jugendlichen auch menschlich umgehen können, pädagogisches Geschick haben – und das hat ein Fußballfachmann nicht automatisch.“

Zu schnell zufrieden?

Er selbst, so berichtet Schaefer, habe sich zu Beginn seiner Tätigkeit als Vereinsvorsitzender erstmal an die Denkweise der Jugend herantasten müssen. „Ich bin Jahrgang 1954 und noch mit anderen Idealen als den heutigen aufgewachsen. Für mich war es als Spieler immer das Wichtigste, am Wochenende auf dem Platz zu stehen und dem Ball hinterher zu jagen. Heute wird aufgrund anderer Interessen schon mal gerne auf das Training verzichtet, obwohl jeder Spieler genau weiß, dass er dann am Sonntag erstmal nicht auflaufen wird. Einige sehen das heute schon mal ein bisschen lockerer und sind offenbar bereits zufrieden, wenn sie nur als Nummer 15 oder 16 auf der Bank hocken. Aber für uns gab es früher auch fast nur Fußball. Heute existiert eine ganz andere Bandbreite an Freizeitmöglichkeiten.“


Doch Schaefer will nicht nur kritisieren, sondern lobt zugleich das Engagement der Jugendabteilung – so beim alljährlichen Weihnachtsbaumverkauf, der bereits seit etwa dreißig Jahren stattfindet: „Diese Aktion ist hier im bergischen Land sehr bekannt. Leute aus Solingen und aus dem gesamten Kreis kommen vorbei, um bei unserer Jugend ihren Weihnachtsbaum zu kaufen, den Weihnachtsbasar zu besuchen und sich an wärmenden Getränken und Bratwürstchen zu erfreuen.“ Freuen darf sich auch die Jugendarbeit des Klubs, die in den Genuss des vollständigen Verkaufserlöses kommt.

Angesichts der Bandbreite an Jugendteams setzen sich drei Viertel der heutigen Seniorenteams aus eigenen früheren Nachwuchsspielern zusammen. „Aktive Nachwuchsförderung war schon immer die Philosophie unseres Vereins“, sagt Schaefer. „In unserer ersten Mannschaft spielen derzeit vier Junioren, die auch noch in der A-Jugend auflaufen könnten. Zu Bezirksliga-Zeiten haben wir zwar auch einige Spieler von außen hinzugeholt, doch die Forderungen nach Aufwandsentschädigungen wurden dann so hoch, dass wir sie nicht mehr zahlen konnten und wollten – und somit dann voll auf die eigene Jugend gesetzt haben.“ 100 bis 200 Euro wurden pro Spiel und Mann fällig. „Wenn man dann einen 20er Kader zur Verfügung hat, macht sich das in der Vereinskasse schon deutlich bemerkbar“, so Schaefer.

Ascheplatz-freie Zone

Richtig froh sind sie in Witzhelden, dass ihr Verein vor gut eineinhalb Jahren von der Stadt Leichlingen einen Kunstrasenplatz finanziert bekam. „Dafür sind wir sehr dankbar. Gerade der Bürgermeister hat sich sehr für unser Anliegen eingesetzt“, hebt Schaefer die öffentliche Unterstützung hervor und erklärt, weshalb sie besonders wichtig war: „Hier im Umfeld sind in den letzten Jahren fünf Kunstrasenplätze entstanden. In Solingen wurden sogar dreizehn Kunstrasenplätze errichtet, sodass dort kaum noch Ascheplätze existieren. Es wäre schon ein großer Nachteil für unseren Verein gewesen, hätten wir keinen bekommen. Unser Geschäftsführer meinte, dass wir andernfalls den Verein wohl in zwei Jahren hätten schließen müssen.“ Denn die Masse der Spieler wäre vermutlich zu anderen Klubs in der Umgebung abgewandert, die auch im Winter wetterfeste Platzbedingungen bieten können. Doch es kam anders und so verfolgen die im Schnitt rund einhundert Zuschauer die Heimspiele ihrer Helden auf stets gepflegtem Grün – und hoffen, dass in diesem Frühjahr nicht wieder ein Konkurrent Witze auf Kosten Witzheldens macht.

Der Text wurde uns "WIR HELDEN" zur Verfügung gestellt.

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Aufrufe: 026.3.2013, 06:00 Uhr
Marcel KlingAutor