2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait
Einen Schritt zu spät: Nils Fischer kann dem Schuss von Bayern Münchens Miroslav Klose (l.) im November 2008 nur hinterherschauen. Es war das 1:0, die Bayern siegten 3:1.
Einen Schritt zu spät: Nils Fischer kann dem Schuss von Bayern Münchens Miroslav Klose (l.) im November 2008 nur hinterherschauen. Es war das 1:0, die Bayern siegten 3:1. – Foto: imago images

Nils Fischer: Aus der Bundesliga zurück in die Kreisliga

Der mittlerweile 33-jährige Ex-Armine ist zu seinem Jugendverein VfL Schildesche zurückgekehrt und arbeitet dort als Co-Trainer.

1990, Sommer in Bielefeld: Beim TuS Eintracht formiert sich eine neue Mannschaft. Minikicker. Ein Haufen kleiner Menschen, die sich überwiegend aus dem Kindergarten kennen, alle möchten künftig gemeinsam Fußball spielen. Einer von ihnen: Nils Fischer. Der heute 33-Jährige hat sportlich die steilste Karriere der alten Eintrachtler hingelegt. Als Fußballprofi von Arminia Bielefeld war sein Highlight ein Spiel in der Allianz Arena gegen den FC Bayern München. In der Bundesliga. Damals, als der Sportplatz Königsbrügge noch ein Asche-Rasen-Geläuf war, die Schienbeinschoner größer waren als die Schienbeine der Sportler und die Eltern – vornehmlich die Mütter – laut schreiend am Rand standen, begann die Fußballerkarriere von Nils Fischer. Im Tor. Dabei war er doch immer der Kleinste im Team. „Ich wollte damals von mir aus ins Tor, weiles mir sehr viel Spaß gemacht hat. Immer schön in die Matsche schmeißen“, erinnert sich „Fischi“ zurück.

Assistent von Jan Barkowski

Es waren herrliche Zeiten, zumindest rückblickend. Als Jungjahrgang legte die Mannschaft vom TuS Eintracht seine Prioritäten zumeist darauf, während des Spiels Türmchen aus der Schlacke zu bauen. Doch im zweiten Jahr war sie stets unschlagbar und wurden regelmäßig Meister ihrer Spielklasse. Bis zur D-Jugend spielte Fischer damals beim TuS Eintracht, wechselte danach zum VfL Schildesche, ehe es 1998 zum DSC Arminia ging. Seine Ära im Tor war mit dem Wechsel an den Viadukt Geschichte. Fischer wurde Verteidiger. Innenverteidiger um genau zu sein. Und heute? Ist er zurück an alter Wirkungsstätte. Als Co-Trainer von Jan Barkowski in der Kreisliga B. „Der VfL Schildesche ist für mich eine Herzensangelegenheit, dem ich mit meinem jetzigen Arrangement auch etwas zurückgeben möchte“, erklärt Fischer.

Seine Profilaufbahn war steil und endete jäh – in der Sportinvalidität. 2017 war das. Damals trug Nils Fischer das Trikot des FC 08 Homburg. Er hatte oft mit Verletzungen zu kämpfen. Das Knie machte stets Probleme. Und dann kam die Nachricht, dass es nicht weitergeht. „Das war eine Entwicklung über rund drei Jahre. Es ging immer etwas weiter bergab. Vom Kopf her gab es keine Probleme, und ich hätte mir weiterhin ein höheres Niveau zugetraut. Körperlich war ich aber nach all den Rückschlägen und Verletzungen nicht mehr in der Lage, Profi-Fußball zu betreiben“, erklärt Fischer. Ein bitterer Moment in der Karriere eines Fußballprofis: „Diese Erkenntnis hat gedauert. Es war natürlich nicht angenehm zu akzeptieren, dass ich will, aber nicht mehr kann. Der letzte Schritt mit der Bekanntgabe meiner Sportinvalidität war natürlich nicht angenehm, aber nicht mehr ganz so schlimm, da ich mich etwas vorbereiten konnte.“

Eine Erinnerung für die Ewigkeit

Eine besondere Erinnerung hat Nils Fischer an den 1. November 2008. Er spielte für den DSC Arminia. Bundesliga. Und der Spielplan hatte ein für jeden Bundesligaprofi besonderes Spiel parat: Auswärts in München, beim FC Bayern. Fischer stand damals in der Startelf. Sein größter und schönster Moment in der Karriere, wie er heute sagt. 69.000 Menschen waren in der damals ausverkauften Allianz Arena und sahen, wie Miroslav Klose den FC Bayern nach 25 Minuten in Führung schoss. Artur Wichniarek glich nach einer halben Stunde per Foulelfmeter für den DSC aus. Doch für Nils Fischer war die 40. Minute diejenige, die immer in seiner Erinnerung bleiben wird. Nach einem Trikotzupfer an Zé Roberto sah er damals die Gelbe Karte. Die erste und einzige seiner Karriere im Oberhaus des deutschen Fußballs. „Mein erster Gedanke war: noch ganz schön lange zu spielen. Und mein direkter Gegenspieler war Franck Ribéry, der ja bekanntlich gerne das Eins-gegen-Eins gesucht hat“, erzählt Fischer. Er hatte Ribéry im Griff, bis zur 73. Minute. Denn da wechselte ihn der damalige Arminen-Trainer Michael Frontzeck aus. Für Fischer kam Rüdiger Kauf in die Partie. Und Ribéry? Der machte in der 76. Minute das 2:1 für die Bayern. Am Ende hieß es 3:1 für den Rekordmeister.

Von 2011 bis 2013 spielte Fischer für den VfL Osnabrück, wechselte danach für ein Jahr zum FC Saarbrücken, ehe er von 2014 bis 2017 für den FC 08 Homburg in der Regionalliga Südwest aktiv war. Danach war erst einmal Schluss mit dem Fußball. „Ich brauchte Abstand, um die Situation zu verarbeiten und meine Karriere aufzuarbeiten. Das hat einige Zeit gedauert, wodurch ich erste Anfragen auch abgelehnt habe“, sagt Fischer. Aber als die Anfrage von Schildesches sportlichen Leiter Tim Sachwitz kam, musste Fischer nicht lange überlegen: „Ich hatte wieder richtig Lust auf Fußball – unabhängig von der Liga.“ Der VfL Schildesche, bei dem Fischers Bruder Tim in der ersten Mannschaft aktiv ist, war letztlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Zur Rückrunde der Saison 2019/2020 schloss er sich den „Schildskern“ an. Seine Ziele: „Die Spieler weiterzuentwickeln, eine einheitliche Spielphilosophie zu integrieren und wenn möglich aufzusteigen.“ Das sieht aktuell ganz gut aus, liegt der VfL doch momentan auf Platz drei der Kreisliga B Tabelle. Nur einen Punkt hinter Spitzenreiter BSV West. Beim VfL fühlt sich der zweifache Familienvater heimisch: „Der VfL Schildesche ist ein toll geführter und familiärer Verein mit toller Struktur.“


Der Torhüter liegt quer davor: So war das damals – Nils Fischer mit Ball mit Trainer Klaus Bentrup (TuS Eintracht Bielefeld).
Der Torhüter liegt quer davor: So war das damals – Nils Fischer mit Ball mit Trainer Klaus Bentrup (TuS Eintracht Bielefeld). – Foto: Privat

Vorfreunde auf die Rückkehr

Dazu könne er von Jan Barkowski lernen. „Wir haben in Sachen Fußball ähnliche Ideen und verfolgen die gleiche Philosophie. Wir ergänzen uns sehr gut und ich bin froh, dass ich so viele Freiheiten habe, so dass ich selbst Dinge entwickeln kann. Auf der anderen Seite kann ich sehr von seiner Erfahrung profitieren“, sagt Fischer über Barkowski. Gerne würde er gemeinsam mit Barkowski und dem VfL Schildesche wieder auf dem Platz stehen. Doch der Lockdown verhindert dies. Fischer: „Die Entwicklung finde ich schon sehr bedenklich. Menschen in Altenheimen dürfen selbst unter Einhaltung der Hygienevorschriften keinen Besuch der Familie empfangen, Kinder nicht mehr bedenkenlos raus und ihren Hobbies nachgehen. Die Gastronomie oder auch Fitnessstudios haben die geforderten Maßnahmen umgesetzt, viel Geld dafür bezahlt und müssen jetzt trotzdem wieder schließen. Ganz toll hingegen finde ich die gestiegene Hilfsbereitschaft und Unterstützung untereinander, wie beispielsweise die ins Leben gerufene Aktion ’Ostwestfalen Liebe’ meines guten Freundes Oliver Kirch“.

Bleibt also zu hoffen, dass es alsbald – wie 1990 – für die Amateurfußballer wieder auf den Platz geht. Zum Glück hat der VfL heute einen Kunstrasenplatz, die Zeit des Türmchenbauens ist vorbei.

Aufrufe: 027.11.2020, 09:00 Uhr
Nicole Bentrup / FuPaAutor