2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait

Corona-Opfer: A-Jugend-Bundesliga! Und danach?

Seit sechs Jahren spielt Jonas Knuth (18) Fußball beim VfL Osnabrück. Nachdem er es mit dem Club bis in die U 19-Bundesliga gebracht hat, steht die Karriere des Peckelohers jetzt am Scheideweg.

2002 wurde die deutsche Nationalmannschaft in Japan und Südkorea Vizeweltmeister. Es war die Geburtsstunde von „Titan“ Oliver Kahn. Ein gutes Jahr für den deutschen Fußball also – sollte man meinen. Doch während der ehemalige Spitzentorhüter nach seiner Lehrzeit im Management des FC Bayern als kommender Vorstandschef fest im Sattel sitzt, stehen viele der zeitgleich zur Welt gekommenen Nachwuchskicker vor einer ungewissen sportlichen Zukunft.

Jonas Knuth ist einer von ihnen. Mit dem Kreismeistertitel in der D-Jugend verabschiedete er sich 2015 von seinem Heimatclub SC Peckeloh. Beim Probetraining hatte er sich für den Nachwuchs des VfL Osnabrück empfohlen. An der Bremer Brücke ging sein Weg steil bergauf: Bezirksliga, Landesliga, Regionalliga hießen die Stationen, ehe im vergangenen Jahr die Krönung folgte: der Aufstieg in die U 19-Bundesliga. Dass die Mannschaft nach dem Saisonabbruch nicht feiern durfte, tat der Freude keinen Abbruch. „Wir haben uns diesen Erfolg erarbeitet und wollten zeigen, dass wir in der höchsten Spielklasse mithalten können“, sagt Jonas Knuth.

Doch der Plan ging bisher nicht auf. Eine Niederlage und drei Unentschieden stehen für den Stammspieler im defensiven Mittelfeld und seine Teamkollegen in der Nord/Nordost-Staffel aktuell zu Buche. Das 1:1 bei Union Berlin am 25. Oktober war das letzte von nur vier Spielen vor dem Lockdown. „In den ersten zwei, drei Wochen tat es gut, mal vom Fußball abzuschalten. Aber je länger die Pause dauert, umso mehr fehlt mir die Bewegung“, berichtet Jonas Knuth.

Seit dem Wechsel hinter die Landesgrenze hat der Peckeloher viel in seinen Sport investiert. Bis zu sechs Mal in der Woche reist er zum Training oder Spiel nach Osnabrück. Anfangs brachten ihn seine Eltern, später machte er sich selbst mit dem Roller auf den Weg nach Bad Laer, wo ihn der Fahrdienst des Clubs einsammelte. Dass seine Karriere ausgerechnet jetzt ausgebremst wird, ist vor diesem Hintergrund doppelt bitter.



Zum einen, weil er sich durch die fehlenden Einsatzminuten nicht den fußballerischen Feinschliff holen kann, den es braucht, um auch als Seniorenspieler ganz oben anzugreifen. „Mentalität, Dynamik und Zweikampf“ bezeichnet Jonas Knuth als seine Stärken. „Aber natürlich gibt es auch noch ein paar Dinge, die ich verbessern kann“, sagt er. „Dabei würden mir die intensiven Spiele auf Bundesliganiveau sehr helfen.“

Zum anderen bricht jetzt normalerweise die Zeit an, in der ambitionierte Clubs Ausschau nach Talenten halten und sich die Spieler aus dem älteren U 19-Jahrgang in die Notizbücher der Scouts spielen. „Das ist aber schwer, wenn keine Ligaspiele stattfinden oder man nicht zum Probetraining eingeladen wird, weil die Vereine ab Regionalliga aufwärts wegen Corona keine fremden Spieler mitmachen lassen“, sagt Vater Michael Knuth, der seinen Sohn bei der Zukunftsplanung unterstützt.

Denn nur die wenigsten U 19-Bundesligakicker schaffen auf Anhieb den Sprung ins Profilager oder – wie der Dortmunder Überflieger des Jahrgangs 2002, Giovanni Reyna – sogar in die Champions League. Auch Jonas Knuth bekam vom VfL Osnabrück bereits den Hinweis, „dass es mit einem Platz im Zweitligakader sehr schwer wird“. Für die 3. Liga, da ist der 1,76 Meter große und 77 Kilo schwere Rechtsfuß realistisch, werde es auch (noch) nicht reichen.

Regionalligakicker Pudel und Mai dienen als Vorbild


„Da drunter traue ich mir aber alles zu“, sagt Jonas Knuth. Als Vorbilder dienen ihm Bjarne Pudel (19 Jahre) vom SC Wiedenbrück und Sebastian Mai (20, RW Ahlen). Beide kommen ebenfalls aus Versmold und haben es immerhin zu Stammspielern in der Regionalliga gebracht.


Der Ehrgeiz weiterhin „so hoch wie möglich“ Fußball zu spielen, hält Jonas Knuth bislang noch von einer Rückkehr zum SC Peckeloh ab. Der Westfalenligist hat längst sein Interesse angemeldet. Es gab erste Gespräche. „Aber ich möchte mich nicht zu früh festlegen und warten, was sich sonst noch ergibt“, sagt er.

So hofft Jonas Knuth, dass die U 19-Bundesliga möglichst bald den Spielbetrieb wieder aufnehmen darf und er doch noch Gelegenheit bekommt, sein Können zu zeigen. Eine neue Aufgabe hat er für den Sommer auf jeden Fall in Aussicht: Am 1. August möchte er eine Ausbildung zum Gebäudereiniger beginnen, um in zwei Jahren in den Betrieb seines Großvaters einzusteigen. Einen ähnlichen Weg hat auch Oliver Kahn in seinem neuen Job beim FC Bayern beschritten.
Aufrufe: 023.2.2021, 08:00 Uhr
Christian HelmigAutor