Oldenburger im Kreis der ganz Großen

2007 an einem Schreibtisch in seinem Kinderzimmer, als ihn NWZ-Redakteur Thomas Husmann aus der Stadtredaktion Oldenburg besucht. Auf dem Tisch steht ein Pokal, auf dem ein Werder-Luftballon liegt, dahinter hängt ein Poster von Nationalspieler Philipp Lahm an der Tür. Der damals 11-Jährige, der gerade vom VfL Oldenburg zu Werder Bremen gewechselt war, erzählt von seinem Traum, einmal Fußballprofi zu werden. Und von seinem Lieblingsverein: Bayern München.

Zehn Jahre später, am 6. Mai, also vergangenen Samstag, ist Leo Weinkauf wieder gemeinsam auf einem Bild mit Philipp Lahm zu sehen. Die Sommersprossen sind geblieben, die Haare sitzen nun perfekt. Der große Unterschied: Neben Weinkauf, aus dem inzwischen ein Torhüter mit 1,95-Meter-Gardemaß geworden ist, hängt nicht etwa ein Poster von Lahm. Da sitzt der "echte" Fußball-Weltmeister.

Entstanden ist das Foto auf der Spielerbank des FC Bayern während des Heimspiels gegen Darmstadt 98 (1:0), das 75000 Fans in der ausverkauften Allianz Arena verfolgten. Seit diesem Nachmittag ist ein Kindheitstraum für den früheren Oldenburger in Erfüllung gegangen. Weinkauf, eigentlich als Torwart der Zweiten Mannschaft des Rekordmeisters in der Regionalliga Bayern aktiv, saß an diesem 32. Bundesliga-Spieltag auf einmal neben seinem Kindheits-Idol Lahm, aber auch zwischen Stars wie Mats Hummels, Arjen Robben, Arturo Vidal, Xabi Alonso, Thiago Alcantara und Trainer Carlo Ancelotti an der Seitenlinie.

Wie es dazu gekommen ist? Weil in Welttorhüter Manuel Neuer und Sven Ulreich derzeit die ersten beiden Keeper der Münchner verletzt sind (und noch bis zum Saisonende ausfallen), rückte Weinkauf als Nummer zwei hinter Tom Starke in das Erstliga-Aufgebot nach und darf sich dank seiner allerersten Kader-Nominierung nun offiziell Deutscher Meister 2017 nennen.

Begonnen hat seine spannende Laufbahn in der Jugend des VfL Oldenburg. Dort startete Weinkauf schon als Vierjähriger mit dem Fußballspielen. Als er gerade 10 Jahre alt war, entdeckte ihn ein Nachwuchstrainer von Werder Bremen bei einem Jugendturnier in Delmenhorst-Heidkrug. Das Torwarttalent wechselte an die Weser, durchlief dort ab der U12 alle Leistungsmannschaften bis hin zur U19.

Im September 2014 durfte er dann bei den Bremern erstmals bei den Profis mittrainieren, ein weiteres Bild zeigt ihn neben Spielern wie Davie Selke (jetzt RB Leipzig) oder Fin Bartels. "Im nächsten Jahr wechsele ich in den Männerbereich, mal sehen was dann passiert", sagte der damals 18-Jährige im NWZ-Gespräch, die ihn auf seinem Weg weiter begleiten wollte.

Trotz des hohen Aufwands bei seiner sportlichen Ausbildung vernachlässigte Weinkauf auch die Schule nicht. 2014 machte er in Oldenburg am Neuen Gymnasium sein Abitur, am Gymnasium Eversten absolvierte er seinen Sport-Leistungskurs. Weinkaufs Eltern Dorit und Arno wohnen nach wie vor in Oldenburg, der Bezug vom Süden in den hohen Norden ist also weiterhin da.

Sportlich zog es Weinkauf dann aber im Sommer 2015 zu seinem Lieblingsverein: dem FC Bayern. Nach einer Eingewöhnungszeit ist der 20-Jährige bei der Reserve der Münchner in dieser Saison Stammkeeper, kommt auf 20 Einsätze von Beginn an in der Regionalliga Bayern. Dank seiner konstanten Leistungen und der Ausfälle von Neuer (Fußbruch) und Ulreich (Bänderverletzung im rechten Ellenbogen) war nun gegen Darmstadt der große Tag gekommen und es könnten weitere folgen. Aufgrund der Personalnot der Bayern dürfte Weinkauf auch in den letzten beiden Saisonspielen an diesem Samstag (15.30 Uhr) bei RB Leipzig und dem darauffolgenden Samstag gegen den SC Freiburg dem Münchner Kader angehören. Vielleicht auch, um den jungen Torwart während diesen aufregenden Tagen zu schützen, lehnte die Presseabteilung des Rekordmeisters in diesen Tagen eine NWZ-Interviewanfrage ab.

Sollte Weinkauf bis zum Saisonende die Nummer zwei bleiben, ist er am 20. Mai dabei, wenn die Münchner nach der Partie gegen Freiburg die Meisterschale überreicht bekommen. Dann könnte ein Oldenburger die wichtigste Trophäe im deutschen Fußball in die Luft stemmen manchmal gehen Kindheitsträume eben in Erfüllung.