Man benötigte kein Stimmungsbarometer, um auf dem Sportplatz an der Salzbrunner Straße zu erahnen, dass selbiger schon vor dem Anpfiff am absoluten Tiefpunkt war. Die dunklen Wolken und der fiese Platzregen passten da nur zu gut ins Gesamtbild beim Vf L, der gerade sehr graue Zeiten durchlebt.
Sechs Punkte Abzug plus Geldstrafe, so lautete das Urteil des Sportgerichts vergangene Woche in der leidigen Passbetrugs-Affäre. Der VfL war einem Spieler aufgesessen, der sich mit falschem Namen beim VfL angemeldet hatte und der noch kurz zuvor bei einem anderen Verein aktiv gewesen war. Die Siege gegen Eyüp Sultan und den TSV Ammerndorf hat es somit aus VfL-Sicht nie gegeben und die ohnehin schon schwierige Situation wandelte sich innerhalb von ein paar Tagen von „kritisch‘“ in „nahezu aussichtslos“.
Aber es gibt sie ja immer wieder, diese sprichwörtlichen Strohhalme, an die man sich klammern kann, diese klitzekleinen Hoffnungsschimmer. Im Falle des VfL war dieser Strohhalm eben jenes Spiel am Sonntag gegen die ebenfalls abstiegsgefährdete Spielvereinigung. Aber der Strohhalm war letztendlich zu kurz, weshalb nach diesem Spiel beim VfL zunächst auch niemand mehr darüber reden mochte. Weder der Trainer Semen Osinovskyy noch der Abteilungsleiter Willi Windirsch wollten sich äußern, aber was hätten sie auch sagen sollen nach so einem Spiel, bei dem ihre Mannschaft mit dem Schlusspfiff wohl endgültig aus der Kreisliga geschossen wurde, nach einer 4:5-Niederlage in der Nachspielzeit.
Es müsste nun bei elf Zählern Rückstand und fünf ausstehenden Partien jedenfalls schon ein größeres Fußballwunder her, damit der VfL die Klasse noch halten kann. „Dieses Spiel war unsere letzte Hoffnung. Wenn wir gewonnen hätten, dann hätte man noch einmal angreifen können“, sagte mit Alexander Hornstein, dem Co-Trainer des VfL, der einzige, der sich äußern wollte.
Dabei hatte der Nachmittag ja eigentlich gut begonnen für den VfL. Schon in der ersten Minute schoss Christian Odörfer den VfL mit 1:0 in Führung. Die Euphorie währte allerdings nicht lange, Ballatore (4.) glich kurz darauf aus, und die SpVgg ging durch einen direkt verwandelten Freistoß von Michael Bottner (13.) sogar in Führung. Kurz vor der Pause war es allerdings wiederum ein Kopfball von Odörfer (39.), der den VfL zurück ins Spiel brachte.
Sogar der Regen hatte jetzt ein Einsehen und die 39 Zuschauer wagten sich erstmals unter ihren drei großen Schirmen hervor. Sollte da vielleicht doch noch was drin sein? Nach erneutem Rückstand, abermaligem Ausgleich und einem direkt verwandelten Freistoß in der 75. Minute zum 4:3 keimte tatsächlich noch einmal Hoffnung auf. Doch dieses verrückte Fußballspiel war noch nicht zu Ende. In der 77. Minute schenkte VfL-Torhüter Josip Dures den Ball beim Abstoß her, Ballatore bedankte sich mit dem 4:4. Dann kam die Nachspielzeit und Sven Denninger an den Ball, der Rest der Geschichte ist bekannt.
Eine Geschichte, deren Fortgang aus VfL-Sicht nun wohl in der Kreisklasse erzählt wird. Vor vier Jahren war Osinovskyy mit dem VfL aufgestiegen, ob er auch nach einem Abstieg noch der Trainer sein wird, ist unklar. Er hatte den Cheftrainerposten während der Rückrunde wieder von Roman Drescher übernommen. Die abgezogenen Punkte wollten sie beim VfL jedenfalls nicht mehr thematisieren: „Wenn, dann steigen wir verdient ab“, sagt Hornstein.
In der Gästekabine an der Salzbrunner Straße hingegen bebt es. „Schalallalalala Spiiielvereiniguuung“ schallt es aus den Gemäuern nach dieser turbulenten Begegnung. Drei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt für die SpVgg. „Aufgrund der Anzahl an Torchancen war das absolut verdient“, freut sich Spielleiter Hans Baumeister über den Dreier.
Zum ersten Mal überhaupt tritt der Aufsteiger aus dem Nürnberger Westen im „Konzert der Großen“ an, wie Baumeister die Kreisliga bezeichnet, und schlägt sich bisher achtbar. „Wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte, dass wir zu diesem Zeitpunkt bei 39 Punkten stehen, hätte ich das so unterschrieben“, sagt Trainer Wolfgang Diehm, der sich trotz der Freude über den Sieg aber über den Modus mit vier direkten Absteigern und einem Releganten ärgert.
„Eigentlich haben wir vier Teams hinter uns gelassen. Aber unsere Kreisliga ist ja so eine komische Kasperlesliga“, sagt Diehm. So beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz nach wie vor nur drei Punkte.
Dennoch sind sie bei der Spielvereinigung insgesamt zufrieden, wie man sich im Kreisoberhaus präsentiert: „Bisher schlagen wir uns ganz gut, auch wenn wir ab und zu natürlich noch Lehrgeld bezahlen mussten“, sagt Diehm. Der Trainer hat an der Weihnachtsfeier jedenfalls schon einmal für eine weitere Spielzeit unterschrieben – ligenunabhängig: „Aber“, prognostiziert Diehm den Saisonausgang „ich denke das haut schon hin.“ Dann hätte es die Spvgg nicht nur den Gegnern, sondern auch dem Modus in der Kasperles-Kreisliga gezeigt.