2024-04-19T07:32:36.736Z

Spiel der Woche
Da konnte sich der FC Kalchreuth gegen einen Punktverlust stemmen wie er woll­te ? am Ende entführte Kellerkind VfL Nürnberg einen Zähler. F: Michael Matejka
Da konnte sich der FC Kalchreuth gegen einen Punktverlust stemmen wie er woll­te ? am Ende entführte Kellerkind VfL Nürnberg einen Zähler. F: Michael Matejka

Es gelten die Gesetze der Bundesliga

Die branchenüblichen Mechanismen greifen auch beim VfL Nürnberg in der Kreisliga

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Nach elf Gegentreffern in den letzten beiden Spielen kann der VfL Nürnberg den freien Fall in der Kreisliga vorerst stoppen. Durch das 1:1 gegen den Tabellendritten Kalchreuth scheint jetzt immerhin wieder ein kleiner Son­nenstrahl in den Tabellenkeller.

Fußball ist heutzutage ein hartes Geschäft. Das ist nicht erst seit vergan­genem Samstag bekannt, als 53000 HSV-Fans Hakan Calhanoglu auspfif­fen, weil dieser dem Club erst ewige Treue geschworen hatte, nur wenige Wochen später aber diese Ewigkeit relativierte und mit viel Drama nach Leverkusen wechselte. Doch auch bei den Amateuren wird munter hin- und hergewechselt, weil die Currywurst nach dem Spiel umsonst ist oder der Vorsitzende des Nachbarclubs mit einer kleinen Punkteprämie lockt.

Der VfL Nürnberg ist allerdings einer jener Vereine, der dieses Spiel nicht mitmachen kann und will. Umso entschiedener gehen die Herren im Kassenhäuschen des VfL das Eintritts­geld eintreiben, diesmal von 75 Zu­schauern, die das Kreisliga-Spiel gegen den 1. FC Kalchreuth sehen wol­len. Selbst die verdutzten Spieler im Trainingsanzug des Gegners kommen da nicht ungeschoren davon und auch eine vorbeilaufende Dame, die norma­lerweise freien Eintritt hat, wird spa­ßeshalber gefragt, ob sie sich auswei­sen kann, um ihr Geschlecht nachzu­weisen. Auf einen Sonderpreis hofft ein Mann, der fünf Minuten vor Ende der ersten Halbzeit kommt, vergebens, mit Verhandlungsgeschick kann er den Preis dann aber doch um einen Euro drücken.

Beziehungen und Jugendarbeit

„Andere Mannschaften können Spieler mit etwas Geld anlocken, wir versuchen das über Beziehungen und die Jugendarbeit aufzufangen“, sagt Spielertrainer Roman Drescher und ergänzt: „Es ist aber schon ein Unter­schied zwischen der A-Klasse, wo unsere zweite Mannschaft spielt, und der Kreisliga. Und der Sprung aus der A-Jugendkreisgruppe zu den Herren ist auch nochmals deutlich höher“.

Als Entschuldigung für die zuletzt schwachen Auftritte seiner Elf möch­te Drescher diese Problematik aber nicht verstanden wissen. Trotzdem: Dass es diese Saison so schlecht lau­fen würde, hätte der Trainer nach sei­nem ersten Jahr, das auf einem gesi­cherten zehnten Tabellenplatz abge­schlossen wurde, nicht gedacht. „Der Kader ist eigentlich sogar bes­ser als letztes Jahr, wir schlagen uns aber immer wieder selbst“, sagt der ehemalige Club-Jugendspieler, für den der Verein an der Salzbrunner Straße die erste Trainerstation ist. Aktuell steckt der 29-Jährige mit dem VfL nämlich mitten im Abstiegs­kampf.

Im Spiel am Sonntag gegen den Tabellendritten Kalchreuth er­kämpfte sich die Mannschaft immer­hin ein 1:1-Unentschieden, nachdem es zuletzt ein doch sehr bedrohliches 0:5 gegen Raitersaich und eine 6:0-Klatsche beim Post SV gesetzt hatte. „Nach den zwei Niederlagen war das auf jeden Fall ein Schritt nach vor­ne“, sagt Drescher. Den Kalchreuther Führungstreffer durch Timo Heck glich der VfL durch einen sehenswer­ten Distanzschuss von Johannes Win­terhalter in der 68.Minute aus. Mit etwas mehr Glück wäre am Ende, nach einer Roten Karte gegen Kal­chreuths Branko Mircetic, sogar noch der Sieg drin gewesen. Aber Agostino Luongo scheiterte kurz vor Schluss ebenfalls per Distanzschuss am gut aufgelegten Kal­chreuther Keeper Arthur Ockert. Ein Punkt immerhin — aber kein Befrei­ungsschlag.

Die branchenüblichen Mechanis­men des Profigeschäfts wenn die Ergebnisse nicht stimmen, sind übri­gens auch längst in die Kreisligen geschwappt. Drescher weiß das. Und der Abstieg in die Kreisklasse wäre nach vier Jahren Kreisliga „für den Verein schon schlimm“, wie es Abtei­lungsleiter Willi Windirsch formu­liert. Uneingeschränkte Treueschwüre vermeidet er daher kurz nach Spiel­ende: „Ein paar Partien haben wir ja noch. Wir müssen schauen wie es bis zur Winterpause aussieht. Das Heim­spiel nächste Woche müssen wir unbe­dingt gewinnen“, sagt er. Drei Punkte — egal wie, lautet die Devise, egal, ob in der Bundes- oder in der Kreisliga. Auch die geforderten Tugenden sind die gleichen: „Schön spielen ist da nicht gefragt“, weiß Dre­scher, „Hauptsache du gewinnst am Ende.“

Aufrufe: 04.11.2014, 14:27 Uhr
Micha SchneiderAutor