2024-05-02T16:12:49.858Z

Halle
Ehrenamt ist Ehrensache: Müjdat Andic bezeichnet sich gerne als "Vereinsmensch"  Foto: Ignatzi
Ehrenamt ist Ehrensache: Müjdat Andic bezeichnet sich gerne als "Vereinsmensch" Foto: Ignatzi

Weitaus mehr Arbeitsstunden als ein Trainer

Müjdat Andic leitet seit drei Jahren die Geschäftsstelle der Fußballabteilung des VfL Herrenberg

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Wer Müjdat Andic finden will, muss wissen, wo er sich versteckt hat. Oder gut suchen. Es geht in die alte Vereinsgaststätte im Volksbankstadion an der Schießmauer. Dort brennt um 18 Uhr noch das einzige Licht in der Straße. Aber die Gaststätte scheint verlassen. Aus einer Ecke hinter der Bar ist ganz leise das Tippen einer Computertastatur zu hören. Da sitzt er also. Müjdat Andic hat sich den Raum hinter der heute von der Fußballabteilung des VfL Herrenberg selbstverwalteten Gaststätte zu einer Geschäftsstelle der VfL-Fußballer eingerichtet.

Dort steht seit 2011 sein Schreibtisch. Poster aus längst vergangenen Zeiten zieren die Wände. „Das sind schöne Erinnerung“, sagt Andic zu den Mannschaftsbildern von A-Jugend-Meisterteams aus den 80er Jahren. Auf der Vitrine hinter Andics Schreibtisch reihen sich Pokale aneinander. „Wir haben hier das Nötigste eingerichtet, als wir damit begonnen haben“, erzählt er und deutet auf die Schütten-Sammlung. Für jeden Jugend-Jahrgang einen. Sie ist nach wie vor eher spärlich eingerichtet, die VfL-Geschäftsstelle. Doch gemütlich ist sie. Und sie reicht allemal, um einen Amateurverein mit einigen Stunden hauptamtlicher Arbeit pro Woche funktionieren zu lassen.

Dann war es mit der Ruhe vorbei

Müjdat Andic, Ur-Schwabe und VfLer durch und durch heißt in seinem Verein nur „Müsli“. „Weil der Lehrer meinen Namen nicht aussprechen konnte, hat er mir einfach diesen Spitznamen gegeben“, erinnert er sich an die Schulzeit. Müjdat Andic wollte eigentlich kürzertreten, als sein heute vier Jahre alter Sohn auf die Welt kam. Er gab den Job als Trainer der zweiten Mannschaft auf und ließ sich darauf ein, die neue Geschäftsstelle zu übernehmen. Dahin war es mit der Ruhe. „Jetzt habe ich viel mehr Arbeitsstunden für den Verein als ein Trainer“, sagt er und lacht. „Allerdings kann ich sie mir frei einteilen und das ist das Gute.“
Für seinen Verein arbeitet er seither offiziell als Jugendleiter und Assistent der Abteilung Fußball zu den Öffnungszeiten der Geschäftsstelle, Dienstags und Freitags zwischen 18 und 20 Uhr. „Die Trainer wissen, dass sie bei Fragen immer zu mir kommen können, das ist eine Anlaufstelle“, erklärt Andic, der sich im Büro um alles kümmert, was mit dem Spielbetrieb zu tun hat. Kürzlich etwa buchte er einen Bus für das Auswärtsspiel einer Jugendmannschaft, die 120 Kilometer weit weg spielen musste. Er teilt die Plätze ein, den Kunstrasen, den alten Rasenplatz beim Freibad und den Stadionplatz. Er beantragt Trikotwerbung, meldet Vereinswechsel beim Verband und meldet Ergebnisse. „Das alles kann ich auch in der S-Bahn auf dem Weg ins Geschäft machen“, sagt er. Und auch nachts ist er erreichbar – wenn es sein muss. „Es kam auch schon vor, dass Trainer mich geweckt haben, um zu fragen, warum sie beim Hallenturnier rausgeflogen sind. Dann rufe ich tagsüber zurück, wenn ich geschaut habe, und sage ihm, dass seine Mannschaft nun mal nur Dritter geworden ist“, meint er lächelnd.

"Mit dem Turnier sind wir am Anschlag"

Die Organisation von Hallenturnieren verschlingt vor allem in diesen Tagen viel Zeit. „Wir haben in sieben Tagen 14 Jugendturniere, mit dem Frauenturnier und dem ’Gäubote’-Cup sind wir bei 16 Wettbewerbern angelangt.“ Für Andic ist es inzwischen der vierte „Gäubote“-Cup, den er mitorganisiert. „Das ist inzwischen eine Routineveranstaltung“, sagt er. Auch bei diesem Turnier plant er die Arbeitsteams ein. „Das läuft besonders reibungslos, weil die meisten Teams dieselben sind wie im vergangenen Jahr“, sagt er. „Wir sind mit diesem Turnier auch schon am Anschlag. Die Halle ist voll und das Programm ist top, da gibt es kaum mehr etwas zu verbessern“, sagt er. Eines fällt ihm dann aber doch ein. „Wir haben diesmal die Jugendturniere um den ’Gäubote’-Cup herum gelegt, damit wir nur einmal auf- und abbauen müssen.“ Eine kleine, aber erheblich erleichternde Veränderung.

Fließender Übergang zum Trainerdasein

Dem VfL Herrenberg ist „Müsli“ Andic seit Jahren verbunden. Nach der Jugend in Gültstein und den ersten Jahren als Aktiver spielte er noch in Mötzingen und Affstätt. Beim VfL Herrenberg begann es mit dem fließenden Übergang von der aktiven Karriere zum Trainerdasein, als Andic die vor einigen Jahren neu gegründete zweite Mannschaft übernahm und als Spielertrainer gleich im ersten Jahr mit dem Talentschuppen in die Kreisliga A aufstieg. „In meiner Laufbahn habe ich alle drei Funktionen in einem Verein gesehen – Spieler, Trainer und Funktionär“, sagt er. Interessant findet er sie alle. Warum er sich aber mit heute 41 Jahren noch solch ein umfangreiches Ehrenamt antut? „Weil ich ein absoluter Vereinsmensch bin, das gehört für mich dazu“; sagt er. „Und in einem Verein gibt es eben ein Geben und Nehmen.“
Aufrufe: 028.12.2014, 09:00 Uhr
Christian Ignatzi, GäuboteAutor