2024-04-24T13:20:38.835Z

Vereinsnachrichten
Steve Henrich: "Es hat sich eine Bindung aufgebaut, die ich nicht zerstören möchte" Foto (Archiv): Holom
Steve Henrich: "Es hat sich eine Bindung aufgebaut, die ich nicht zerstören möchte" Foto (Archiv): Holom

Das "Frauen-Wunder" von Herrenberg

Steve Henrich hat mit akribischer Jugendarbeit eine Trendwende eingeleitet

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Als im Juni 2012 nicht weniger als 17 Frauenfußballer die Aktivenmannschaft des VfL Herrenberg verließen, gab es nicht wenige Unkenrufer, die der Frauensparte im größten Herrenberger Sportverein keine lange Überlebensdauer mehr bescheinigten. Doch drei Jahre später sieht es ganz anders aus.

Steve Henrich ist auf dem Sprung. Kaum von der Arbeit nach Hause gekommen, absolvierte er gestern Abend um 19 Uhr eine Übungseinheit mit dem Verbandsstaffel-Team der B-Mädchen. Keine Zeit für ein Interview, denn danach „habe ich noch ein Trainergespräch“. Der eifrige Coach, bei dem seit Jahren alle Fäden im Mädchen- und Frauenfußball zusammenlaufen, ähnlich wie es zuvor bei dem aus Gültstein stammenden Wolfgang Prokopp der Fall war, ist derzeit auf der Suche nach einem Nachfolger. Henrich wird im nächsten Jahr nicht mehr das höherklassige B-Juniorinnen-Team betreuen, sondern übernimmt die Bezirksstaffel-Frauen.

Kein Aushängeschild mehr

Seine Begründung: „Um erfolgreich im Frauenfußball zu arbeiten, benötigt man als Verein ein Aushängeschild. Und das ist nun einmal die erste Damen-Mannschaft.“ Nach dem Zusammenbruch vor drei Jahren, als mit Galionsfigur Michaela „Ela“ Marquardt nicht weniger als weitere 16 Spielerinnen dem Verein den Rücken kehrten, war dies, so Henrich, „nicht mehr gegeben“. Im Gespann mit den Trainerkräften Giuseppe Costanza und später noch Antonio Fiorenza habe man etliche ehemalige Spielerinnen gewonnen, die den Spielbetrieb am Laufen hielten. Es bildete sich erneut eine verschworene Gemeinschaft, die heuer vielleicht sogar um den Aufstieg in die Regionenliga mitgespielt hätte, wenn man nicht zu Saisonbeginn mit zwei Niederlagen und einem Remis einen klassischen Fehlstart hingelegt hätte.

Begehrtes Talent: Celine Philipp

Nach der Zusage von Henrich, mit seinen acht, neun Talenten um die Torjägerin Celine Philipp, alle Jahrgang 1998, den Aktivenkader der Frauen zu verstärken, haben sich die Perspektiven für den Herrenberger Frauenfußball schlagartig verbessert. „Es hat sich eine Beziehung, eine Bindung zu den Spielerinnen aufgebaut, die ich nicht zerstören möchte.“ Gerade Celine Philipp, die von höherklassigen Clubs schon längst umworben ist und auch vor einem Jahr die Offerte hatte, ins Freiburger Fußballinternat einzuziehen, steht für den möglichen „neuen Herrenberger Weg“. Denn solange junge Spielerinnen wie sie, Leonie Kopp, Julia Gandetzky oder Jessica Schweizer noch in der Schule oder in der Ausbildung sind, läuft der Fußball einfach noch nebenher. Dann tut es auch eine gut spielende Nachwuchsmannschaft direkt vor der eigenen Haustür. Und nicht Internate in Hoffenheim, in Freiburg oder sonst wo. Dieses Pfund hat Steve Henrich vor gut anderthalb Jahren mit seinen Talenten so richtig entwickelt. Ursprünglich hatte er viele Spielerinnen aus einer Verein-Schule-Kooperation rekrutiert. Als diese Elf dann 2013 als „bestes Mädchenteam im Gäu“ (so die „Gäubote“-Schlagzeile) in die überregionale Spielklasse der Verbandsstaffel aufstieg, sprach sich das hohe Niveau herum. Talente aus Rottenburg oder Dagersheim scheuten die weite Anfahrt nicht. Sie bestätigten Henrichs These: „Ein gutes Frauenteam kann man nur mit guter Jugendarbeit von unten herauf, also ab den D-Mädchen, aufbauen.“

Zweite Mannschaft in Planung

Dass die Verbandsstaffel-Mädchen nächstes Jahr in einer Bezirksliga, der untersten Spielklasse bei den Frauen, unterfordert sein könnten – diese Gefahr sieht Henrich nicht. „Ich bin aber so frech, mal zu behaupten, dass mit diesen Talenten, wenn sie zusammenbleiben, auch einmal zwei Aufstiege hintereinander möglich sein könnten.“ Allerdings will der VfL die Spielerinnen, die vor drei Jahren die Kastanien aus dem Feuer holten, nicht verlieren. Henrich hat einen Plan: „Momentan haben wir 25 Spielerinnen auf dem Blatt. Wenn es 32 wären bis Mai, könnten wir für die neue Runde zwei Mannschaften melden.“ Allerdings hat er sich sagen lassen, dass dann eine Mannschaft in einer Bezirksliga eines benachbarten Bezirks antreten müsste, im Tübinger oder im Horber Raum. Denn zwei Mannschaften eines Vereins in ein und derselben Staffel lassen die Statuten des Verbandes nicht zu.

Aufrufe: 019.3.2015, 07:22 Uhr
Andreas Gauß, GäuboteAutor