2024-04-19T07:32:36.736Z

Querpass
Es darf wieder losgehen, meinen unsere FuPa-Mitarbeiter. F: Thomas Rinke
Es darf wieder losgehen, meinen unsere FuPa-Mitarbeiter. F: Thomas Rinke

Waiting for Rückrundenstart

Der Blick in die FuPa-Seele: Wenn Mitarbeiter zu Dartfans werden

Es reicht. Seit fast zwei Monaten wird auf den Plätzen der Region kein Fußball mehr gespielt. Die vermutlich härtesten FuPa-Mitarbeiter, die aus lauter Not sogar mit ihren eigenen Kindern spielen oder bei der Uni-Dozentin sogar eine Woche vor(!) Abgabeschluss die Hausarbeiten einreichen, weinen seit Wochen bitterlich. Ein Blick ins Seeleninnere, der betroffen macht.

Schiedsrichter des Kreises, bitte pfeift wieder an! Seit dem Wochenende prangt ein Countdown auf dem Bildschirm und zeigt gerade 44 Tage und 8 Minuten an, bis der Kreisklassen-Fußball wieder offiziell startet! Das sind umgerechnet 1056 Stunden oder auch 63368 Minuten. Genaugenommen 3802098 Sekunden. Warum der Schreiber dieses Textes das weiß? Weil ihm kein Schiedsrichter den Gefallen tun wird und frühzeitig zum Rückrundenstart bittet – und er sich somit im wahrsten Sinne die Zeit vertreiben muss.

Anfang Dezember hatten die letzten Spiele des Jahres stattgefunden. Und irgendwie war er auch ganz glücklich. Das ständige Hereintelefonieren von Ergebnissen; Fotografieren der Kreisklassenkicker, die sich selbst aufgrund der gestrigen Zeltfete ihr härtester Gegenspieler sind; Betreuer, die auch ein 1:6 noch schönreden wollen („20 Minuten toll mitgespielt und dann laden wir die Eintracht ein.“); und die Beschwerden dieser Betreuer, wenn das Zitat übernommen wird… Zugegeben, nach der Hinrunde ist wohl jeder Schreiberling glücklich, wenn einfach mal Pause ist.

Und gerade dann beginnt ja zielgenau die Adventszeit. Spekulatius, Rinderbraten und Mandarinenduft. Herrlich! Da bleibt man gerne mal auf dem Sofa liegen, während der Fußballacker draußen mal kräftig zugeschneit wird oder - wie in diesen Breitengraden üblicher – absäuft. Wer nicht weiß was gemeint ist: Im Februar startet die Vorbereitungsphase. Wenn dann der vom Cheftrainer persönlich eingeflogene „Athletik-Bodo“ (war immerhin dreizehn Jahre Leiter der heimischen Gymnastiktruppe) zum Hügellauf ruft, werden Sie es wissen.

Der Schreiberling wird also während dieser Zeit den adipositen Pubbesuchern, die rund um Weihnachten eine eigene Bühne bei einem bekannten Sportsender zugewiesen bekommen, um drei Pfeile auf eine Dartscheibe zu verteilen, immer ähnlicher. Zumindest der Hintergrund, wo sich 2.000 Personen dermaßen die Kante geben, bis nicht mal mehr die eigene Ehefrau erkannt wird, ähnelt den Seitenrändern an den Plätzen zwischen Rütenbrock und Dohren.

Und während er nun im Hinterkopf noch „Vincent van der Voort, van der Voort“ im Rhythmus von „Give it Up“ aus den Achtzigern mitsummt, schaltet der gleiche Sportsender langsam aber zielstrebig auf die ersten Oldie-Altherrenturniere. Dort lassen sich dann ausgerufene „Legenden“ wie Erhan Albayrak (2 Bundesligaspiele für Bremen), Marcus Feinbier (in zwanzig Jahren bei zehn Vereinen – oder andersrum) oder Ronnie Maul (dank Confed-Cup sogar Ex-Nationalspieler) vor einer ausverkauften Halle komplett abfeiern.

Das ist geil, das macht Spaß. Das muss sich der Schreiberling angucken. Nicht am Bildschirm, sondern Live und sogar auf den sogenannten Presseplätzen. Das sind circa 15 Stühle direkt an der Bande – allererste Sahne! Und auch wenn jeder weiß, dass diese Turniere nur stattfinden, weil die Spieler der Bundesligateams lieber in Belek oder Dubai unter dem Deckmantel von Trainingslagern braun werden, als in stickigen Hallen rumzuturnen und sich den dritten Kreuzbandriss einzufangen, wird trotzdem ein ziemlich ansehnlicher Ball gespielt. Deutlich mehr Körperfülle und weniger Kreuzband. Da kann auch mal ganz anders in die Zweikämpfe gegangen werden – heißen ja nicht umsonst Hans-Peter-Briegel-Festtage.

Das Kreisklassen-Äquivalent findet dann wenige Tage später statt, wenn um Gemeindepokale und Stadtmeisterschaften gespielt wird. Über einen Monat hatten die Spieler Zeit wirklich gar nichts für ihren Körper zu tun – und die meisten haben das auch hochmotiviert durchgezogen. Sinnig also, dass der erfahrene Trainer bereits nach zwei Minuten die komplette Startvier – die bereits aus drei A-Jugendlichen besteht - auswechselt („Männers, jeder will mal“). Das wird aber ohne Protest hingenommen, auch weil dafür die Luft fehlt. Die ist aber zurück, wenn der Schiedsrichter eine Grätsche als gefährliches Spiel abpfeift. Lächerlich, draußen geht das doch auch! Und außerdem hat der uns doch schon im September gegen Clusorth-Bramhar verpfiffen.

Da zuckt das Herz des Schreiberlings vor Freude auf, das ist sein Territorium. Hier neben 400 weiteren Zuschauern, die konsequent für Kaffee plus Kuchen und nicht wegen des Sports gekommen sind, fühlt er sich wohl. Dann entlockt er auch mal einem Betreuer, dass die Rückrunde noch gar nicht gelaufen ist, nur weil man derzeit aussichtlos auf Platz zehn rumkrebst. Oder es kommt ihm zu Ohren, dass der Coach im Sommer nicht weitermacht („Marianne war dagegen, aber so nicht schreiben!“).

Damit lässt sich arbeiten, schließlich müssen die kommenden 44 Tage mit Inhalten gefüllt werden. Da wird jeder Bruch des kleinen Zehs eines vierzehnten Mannes des Abstiegskandidaten mit Kusshand genommen. Und wenn gar nichts mehr geht, läuft im Notfall nachts ja noch US-Football. Das erinnert auch an Kreisklasse – zumindest beim Tackle.

Aufrufe: 025.1.2015, 23:23 Uhr
Tobias AhrensAutor