2024-05-08T11:10:30.900Z

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Besuch in der alten Heimat: VfB-Präsident Wolfgang Dietrich kickte beim SV Steinbach.
Besuch in der alten Heimat: VfB-Präsident Wolfgang Dietrich kickte beim SV Steinbach.

Wolfgang Dietrich auf Stippvisite beim SV Steinbach

Präsident des VfB Stuttgart besuchte seine alte Heimat

Für Wolfgang Dietrich ist es nicht irgendein Termin. Das ist sofort spürbar. Schon als sich der 69-Jährige raschen Schrittes nähert, schaut er aufmerksam links und rechts, um dann festzustellen: „Hier hat sich einiges verändert.“ Hier, das ist die Sportanlage an der Steinbacher Dorfhalle. Dort, wo der heutige Präsident des VfB Stuttgart seine Jugend verbracht und als Steppke mit dem Fußball begonnen hat.

„Da kommen richtig heimische Gefühle auf“, ist einer der ersten Sätze Dietrichs, als die auf dem Kunstrasenplatz trainierenden SVS-Jugendkicker erblickt. Keine leeren Worte. Wolfgang Dietrich fühlt sich dem Murrtal immer noch besonders verbunden und räumt mit dem Vorurteil auf, ein Remstäler zu sein: „In Stetten bin ich nur geboren, weil es in Backnang keinen Platz gab. Schon als Säugling bin ich nach Steinbach gekommen, in die Volksschule gegangen und aufgewachsen. Hier habe ich meine Verwandtschaft. In Backnang befindet sich das Grab meiner Eltern.“ Früh hat der heutige VfB-Präsident und ehemalige S-21-Sprecher Vater und Mutter verloren. Damals, als er nach der kaufmännischen Ausbildung bei der Firma Adolff und dem Erwerb der Fachhochschulreife anschließend bei der Bundeswehr seinen Grundwehrdienst ableistete. „Wegen des Todes meiner Eltern durfte ich dort deshalb früher aufhören.“ Für Wolfgang Dietrich war es ein einschneidendes Erlebnis. „Mit 19 habe ich aufgehört Fußball zu spielen. Es ging zeitlich gar nicht anders“, blickt er zurück auf die Jahre, in denen er beruflich durchstartete. Denn kurz nachdem er vor fast einem halben Jahrhundert das Murrtal verlassen hatte, um im nahen Stuttgart BWL zu studieren, betrieb er nebenher „ein kleines Programmierbüro“. Damit hatte er einen solchen Erfolg, dass die Sache mit der Betriebswirtschaftslehre schnell Geschichte war. Zum Vermögen des wohl bekanntesten Studienabbrechers der Welt Bill Gates hat es Dietrich zwar nicht gereicht, doch Millionen soll er trotzdem verdient haben. Erst als Software-Unternehmer, danach im Bereich Finanzierung und Marketing.

Dietrichs Eltern betrieben in Steinbach ein Café

Dem Schwabenland ist er stets treu geblieben. Von Stuttgart aus zog er vor 40 Jahren nach Leonberg. Das ist heute noch sein Zuhause. Und Steinbach? Das ist die Heimat. „Ich habe nie vergessen, wo ich herkomme, wo meine Wurzeln sind“, erzählt der 69-Jährige: „Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin und Zeit habe, fahre ich oft von der Autobahn ab und über die B 14 heim. Dann mach ich einen Schlenker durch Steinbach.“ Dort wuchs er im einstigen Café Wiesengrund auf, das seine Mutter Margarethe und sein Vater Wilhelm, ein als Kriegsversehrter heimgekehrter Bäcker, betrieben. „Morgens habe ich in der Jugend gekickt und mittags, wenn die Erste gespielt hat, bin ich von daheim mit dem Leiterwägele rüber zur Dorfhalle gelaufen und habe dort selbst geschmierte Brötchen sowie Getränke verkauft“, berichtet der VfB-Präsident. 15, 16 Jahre alt und schon geschäftstüchtig war er, als er sein erstes eigenes Geld verdiente. Die Erinnerungen bewegen den 69-Jährigen. Nicht nur weil er bei diesen Sätzen zur Dorfhalle rübergeht und erklärt: „Hier habe ich gestanden und mein Zeug verkauft. Da ging’s in die Kabinen.“ Es ist nicht das letzte Mal, dass es Wolfgang Dietrich während des Gesprächs im SVS-Vereinsheim nicht auf dem Stuhl hält. Kurz darauf schnellt er erneut hoch und zeigt auf ein Regal. „Wahnsinn. Den Krug dort oben kenne ich. Den gab’s schon zu meiner Zeit.“ Wieder ein paar Minuten später begibt er sich zu den Fotos an der Wand: „Da hinten, das bin ich als Jugendspieler.“ Dann geht’s zur anderen Seite und dem nächsten Bild. „Otto Ulmer, Norbert Strietzel, Martin Lutz“, liest er Namen alter Kumpels laut vor und entdeckt noch jemand: „Günther Paetzke, das war unser Jugendbetreuer.“ Dietrich taucht in seine Jugendjahre im Murrtal ein: „Ich kann hundert Geschichten aus der Zeit erzählen.“ Zum Beispiel, warum er Fan des Klubs vom Cannstatter Wasen ist. „Wegen Robert Schlienz. Er war damals Trainer bei der TSG und hat mich dort als A-Jugendlichen ab und zu trainiert. Vorher war ich VfB-affin. Echter Fan wurde ich wegen Schlienz.“

"Ich weiß, welche gesellschaftliche Verantwortung ein Verein hat"

Geprägt hat ihn aber vor allem die Jugend in Steinbach. Dort wo der Vater Kirchengemeinderat war und den Ortsteil im Backnanger Gemeinderat vertrat. Helfen ihm diese Jahre und Erlebnisse für seine Arbeit beim VfB? „Unbedingt. Ich weiß, welche gesellschaftliche Verantwortung ein Verein hat. An der Dorfhalle ist man in Steinbach zusammengekommen. Egal ob im Sportverein, Liederkranz oder Akkordeonring. Hier wurden Werte vermittelt. Der Vereinsvorsitzende war eine Respektsperson, die gleich nach dem Bürgermeister kam.“ Für den Mann, der seit 44 Jahren VfB-Mitglied ist, steht deshalb fest: „Bei einem sogenannten Kommerzverein hätte ich das Amt nicht übernommen. Ich mache das, weil der VfB Tradition hat. Wenn man von einem kleinen Verein kommt, weiß man, was Tradition bedeutet.“ Und: „Ich mache es ehrenamtlich, ich verdiene damit nichts.“ Auch weil er unabhängig gegenüber den vielen Einflüsterern im Hintergrund bleiben will. „Ich bin überzeugt, dass in dem Zustand, in dem der VfB bei meinem Amtsantritt war, nur jemand glaubwürdig sein kann, der ehrenamtlich schafft und niemand verpflichtet ist.“ Was für den Vater des Schauspielers und Inhabers einer Filmfirma Matthias Dietrich sowie des Unternehmers und Kickers-Aufsichtsratsmitglieds Christoph Dietrich ebenfalls wichtig ist: „Bodenständigkeit.“ Die sei unabdingbar, um als Mensch langfristig weiterzukommen. „Es gibt ja noch jemand aus Backnang, der das vorlebt“, sagt Dietrich und fügt an: „Ralf Rangnick ist auch deshalb einer der erfolgreichsten Sportmanager, weil er bodenständig geblieben ist. Das ist Grundlage seiner Werte.“ Für ihn selbst bedeutet das, dass er am Sonntag (15 Uhr) im Testspiel seines VfB beim Drittligisten SG Sonnenhof in Großaspach vor Ort ist, obwohl „ich eigentlich Pause machen wollte“. Da sein Klub aber in der alten Heimat auftritt, ist der Termin Pflicht. Dabei räumt er ein, dass er zur SG logischerweise nicht die Bindung wie zu Steinbach oder der TSG Backnang hat. Anerkennung findet er dennoch für den Verein aus dem Fautenhau: „Es ist toll, welche Arbeit dort geleistet wird. Gegen Großaspach haben wir damals ja noch mit Steinbach gekickt.“ Zwischen diesen beiden Klubs liegen mittlerweile sechs Klassen. In den vergangenen 50 Jahren hat sich halt nicht nur an der Dorfhalle viel verändert.

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Aufrufe: 03.9.2017, 09:00 Uhr
Backnanger Kreiszeitung / Uwe FlegelAutor