2024-04-16T09:15:35.043Z

Allgemeines
– Foto: Marcel Eichholz

"Pyramiden-System" soll Jugendausbildung voranbringen

Landesliga, Gruppe 3: VfB Speldorf setzt mit neuem Konzept Maßstäbe in der Jugendförderung.

Seit seiner Gründung am 19. Januar 1919 verfolgt der VfB Speldorf das Ziel, die Nummer eins in Mülheim an der Ruhr zu sein. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, verfolgt der kleine Stadtteilverein nun ein neues Konzept zur Förderung der eigenen Jugend. Verantwortlich dafür ist der neue sportlich-technische Leiter Dennis Gerritzen, der über die Stadtgrenze hinaus bekannt und respektiert ist.

Anders als die großen Vereine in der Nachbarschaft verfügt der VfB nicht über ein hochmodernes Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) und kann so nicht auf entsprechende DFB-Unterstützung hoffen. Beim MSV Duisburg beispielsweise wurde das NLZ unlängst mit drei Sternen, der höchsten Kategorie für DFB-Nachwuchseinrichtungen, ausgezeichnet. So sind die Verantwortlichen in Speldorf gezwungen, konzeptionell andere, neue Wege zu gehen, um bereits in der Jugend den Grundstein für spätere Einsätze in der ersten Mannschaft zu legen. Zu diesem Zweck verpflichtete Speldorf im Sommer den erst 34-jährigen Dennis Gerritzen als neuen sportlich-technischen Leiter an der Saarner Straße.

Dennis Gerritzen kommt mit viel Erfahrung

Gerritzen ist zwar erst 34 Jahre alt, kann aber bereits auf eine langjährige Berufserfahrung im Fußball zurückblicken. Der ausgebildete Sport- und Fitnesskaufmann arbeitete über viele Jahre in der Marketingabteilung des MSV Duisburg, war dort auch als Abteilungsleiter der Frauen tätig. Es folgten weitere Fortbildungen, unter anderem zum DFB-Vereinsmanager. Inzwischen verdient er als Spieleragent und Scout in den höchsten Ligen seine Brötchen, tritt selbst noch in der zweithöchsten Futsal-Spielklasse vor den Ball, aus „Gründen der eigenen Fitness“, wie er mit einem Lächeln bemerkt.

Sein aktueller Auftrag: Die Ausbildung und Durchlässigkeit zu schaffen, die ein Verein wie der VfB Speldorf benötigt.

Dazu entwickelte er ein eigenes Konzept, welches auf den Grundfesten Leidenschaft, Herzblut und Identifikation zum Verein beruht. Das Ganze basiert auf einem „Pyramiden-System“ im Unterbau, welches durch qualifiziertes Personal gestützt und entwickelt wird. Dies beinhaltet natürlich auch interne Weiterbildungen, die der 34-Jährige, als Inhaber der DSSV-Fitnesstrainerlizenz, selbst anbieten darf. „Wir brauchen nicht auf Lehrgänge des Verbandes warten, sondern können intern qualifizierte Fortbildungen durchführen. Ob Trainer, Torwarttrainer oder Betreuer, wir können das gesamte Spektrum der Aus- und Weiterbildung eigenständig stemmen“, berichtet er. Und sollte Gerritzen einmal an seine Grenzen stoßen, so kann er auf ein breit gefächertes Netzwerk zurückgreifen, welches er über viele Jahre aufgebaut hat.

„Wettbewerb darf nicht nur am Ergebnis gemessen werden“

Das geschulte Personal kommt dann in der Jugendabteilung des Vereins zum Einsatz. Die Ausbildung des Nachwuchses steht dabei immer an erster Stelle, auch wenn das Ergebnis auf dem Feld mal nicht positiv ist. „Natürlich dürfen und sollen auch weiterhin gute Ergebnisse erzielt werden, aber für mich ist es besonders wichtig, dass hier kein Kind nicht nur für ein Resultat auf dem Rasen steht“, erläutert der das Konzept. „So kann ein linker Mittelfeldspieler in einem Spiel auch schon mal als linker Verteidiger spielen, damit er sehen und lernen kann, was auf seiner angestammten Position vor ihm passiert“, führt er weiter aus. Dieses beschränke sich nicht nur auf Trainingsspiele, sondern soll auch im normalen Ligaalltag Anwendung finden. „Dies seien entscheidende Lernprozesse“, betont der sportlich-technische Leiter.

Eine erste Würdigung der Neuausrichtung in der VfB-Jugend gab es bereits: Der Bund Deutscher Fußball Lehrer lud die E-Jugend des VfB Speldorf zu einem besonderen Exkurs in die Sportschule Wedau ein, eine Trainingseinheit mit Markus Hirte (Leiter DFB-Talentförderung und Fußball-Lehrer) gab es obendrauf. Eine Ehre die sonst eher größeren Namen im Vereinsfußball zu Teil wird.

Um die Identifikation mit dem eigenen Verein zu stärken, brachte Gerritzen gleich bei seinem Antrittsbesuch in Speldorf eine Idee aus seiner Marketingzeit auf den Weg: Die Trikotnummer 19 soll, angelehnt an das Gründungsjahr des VfB, im Jugendbereich eine ganz besondere Wertschätzung erfahren.

Familiäres Umfeld stärkt die Entwicklung des Einzelnen

Die Freude und Leidenschaft am Fußball will der Verein ab dem ersten Tag an seine Nachwuchs-Kicker weitergeben. Der gesamte Verein besteht laut Gerritzen nur aus Menschen, die mit Herzblut dabei sind und unter den Gleichgesinnten finden sich schnell Freunde fürs Leben. Unzulässige Umgangstöne werden nicht akzeptiert. Hier gibt die Struktur des Jugendvorstandes, unter der Leitung von Maik Haferkamp, keinen Spielraum. Die Jugend wird nicht nur in der fußballerischen Entwicklung beobachtet, auch die Charakterbildung und das demokratische Miteinander ist ein wesentlicher Faktor in der Ausbildung von Gerritzen und dem VfB.

Enge Zusammenarbeit mit dem Sportlichen Leiter der ersten Mannschaft

Mit dem Leiter der ersten Mannschaft, Kevin aus der Wieschen, arbeitet der sportlich technische Leiter ganz eng zusammen. Denn der Fußball, sei es Landes-, Ober- oder gar Bundesliga, befindet sich in einem stetigen Wandel. Um hier auch die Ausbildung im Unterbau entsprechend anzupassen ist es unabdingbar, im stetigen Austausch zu sein. Kevin aus der Wieschen führt seit vielen Jahren die Geschicke des Kaders der ersten Mannschaft an und durch seine Erfahrung erfuhr so mancher Diamant aus der Jugend den letzten Schliff bei den Senioren. Seine Überzeugung ist es, dass es jedes Talent mit dem nötigen Willen und der Identifikation mit dem Verein in den Kader der ersten Elf schaffen kann.

An der Saarner Straße in Mülheim tut sich etwas. Die Neuverpflichtung und das Eingeständnis neben dem Platz bringen neuen Schwung in zuletzt stockende Strukturen, so viel steht bereits fest. Das sich auf dem Platz nun etwas ändert, benötigt Geduld und Zeit. Und ein gemeinsames Konzept. Es ist also spannend abzuwarten, was die Zukunft für die Mülheimer bereithält.

Auf alle Fälle ist es eine professionelle Ausbildung. Mit Prinzip. Und Identifikation.

Aufrufe: 016.10.2020, 14:15 Uhr
Marcel EichholzAutor