2024-05-08T11:10:30.900Z

Interview
David Reimer trägt seit der Jugend das Trikot des VfB Hermsdorf.
David Reimer trägt seit der Jugend das Trikot des VfB Hermsdorf. – Foto: Sebastian Schmelzer

"Zum Glück habe ich nie aufgegeben. Fußball macht wieder Bock"

David Reimer plagte sich viele Jahre mit wiederkehrenden Verletzungen rum, musste daher viele Spiele aussetzen. Seit anderthalb Jahren läuft es für ihn und die 1.Herren wieder besser. Nach dem direkten Wiederaufstieg überraschte die Mannschaft zuletzt auch im Pokal - wo Reimer als Siegtorschütze seine Leistung krönte.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: David Reimer

David, knapp eine Woche ist nun seit dem Pokalsieg über Hilalspor vergangen. Hat man das Passierte schon verarbeitet/realisiert?

Das, was sich am Sonntag vor heimischer Kulisse zugetragen hat, ist kaum in Worte zu fassen. Das war, glaube ich, das emotions- und adrenalingeladenste Spiel meiner „Karriere“. Die Schlussphase ist nicht in Worte zu fassen. Ich habe das Geschehene realisiert und verarbeitet, trotzdem laufe ich seit fünf Tage mit einem Dauergrinsen durch die Gegend. Ich denke jede freie Minute an das Spiel zurück. Genau wegen solchen Momenten liebe ich diesen Sport!

Es war wirklich unglaublich. Doch fangen wir von vorne an. Hilalspor spielt in der Berlin-Liga. War der Respekt im Vorfeld schon groß oder rechnete man sich Chancen aus?

Respekt haben wir vor jedem Gegner und wussten das uns mit Hilalspor eine spielerisch starke Mannschaft erwartet. Es ist kein Geheimnis, dass wir nicht der Favorit waren, aber man sollte sich immer Chancen ausrechnen... mit welchem Elan gehst du sonst auf den Platz? Ich hasse verlieren! Wir kennen den Gegner, wir kennen die Liga und wir spielen auf unserem Platz vor unseren Zuschauern, somit beste Voraussetzungen. Außerdem hat der Pokal seine eigenen Gesetzte, vor allem in Hermsdorf. Wie unser Kapitän Niklas Schumann vor dem Spiel meinte: „Berlin Liga können wir“.

Ehrgeiz ist immer wichtig und dann geht man auch noch in der ersten Halbzeit 2:0 in Führung. Eben jener Torhüter Niklas Schumann erwischte einen Sahnetag. Fühlt man sich dann schon sicher?

Wenn man den Spielverlauf miterlebt hat, kann man sich mit dem, zu diesem Zeitpunkt, schmeichelhaften Ergebnis keineswegs sicher fühlen. Unsere Tore gehörten beide zur Kategorie Tor des Monats und unser Torhüter war am Sonntag scheinbar unüberwindbar... mal wieder! Wir waren aber im Spiel drin und konnten erfolgreich Nadelstiche setzen. Zur Pause wussten wir trotz der Führung, dass wir noch ein Schippe drauflegen müssen ansonsten wird es hinten klingeln, da Hilalspor stetig Druck ausübte.

Nach dem Pausentee schien dann die Luft auszugehen, Hilalspor konnte zudem sehr früh den Anschluss erzielen. Wie versucht man sich dann wieder hochzuziehen?

Das Spiel flachte meines Erachtens allgemein ein wenig ab. Viele Unterbrechungen, Standarts und Diskussionen mit dem Schiedsrichter. Leider kam es dann noch wie vermutet und wir haben durch zwei Standards innerhalb weniger Minuten den Ausgleich kassiert. Nachdem wir die hart erkämpfte Führung so leicht hergeschenkt haben, war es an der Zeit einen Gang hochzuschalten. Der frische Wind durch die Einwechselungen und der Ehrgeiz der Mannschaft brachten uns wieder zurück ins Spiel. Ich denke wir mussten uns nicht unbedingt hochziehen, jedoch hat uns der Ausgleich wieder „wach geküsst“.

Und dann fällt noch das dritte Tor für Hilalspor, in der 90. Spielminute. Etwas typisch für Hermsdorf, oder? Eine gute Leistung quasi zunichte gemacht.

Typisch würde ich nicht sagen, aber wir haben uns schon häufiger für eine starke Leistung schlussendlich doch nicht belohnt. Was uns aber seit letzter Saison auszeichnet ist das wir uns niemals aufgeben und bis zur letzten Minute kämpfen. Ein wenig mehr Konstanz in unserem Spiel würde ich mir jedoch auch wünschen. So machen wir halt jedes Spiel spannend.

Auch für Außenstehende war es sehr spannend. Andreas Habedank dann mit dem dritten Treffer Marke „Tor des Monats“. War man dann auf Verlängerung aus, oder so voll mit Adrenalin, dass man wirklich noch an die Sensation während der regulären Spielzeit glaubte?

Um ehrlich zu sein war mein Kopf komplett leer nach dem Tor. Außerdem war es eine riesen Genugtuung, nachdem uns ein Elfmeter verwehrt blieb und im Gegenzug der Gegner nach einer ähnlichen Situation einen zugesprochen bekommt. Die Freude nach dem Anschlusstreffer war immens. Man hat natürlich die Euphorie und das Adrenalin vom Treffer in die letzten 2-3 Spielminuten mitgenommen.

Und dann erzielt ihr, mit dem letzten Angriff, das 4:3. Der glückliche Torschütze warst du. Hast du damit auch deine persönlich starke Leistung würdigen können?

Ich denke, ich habe meine Aufgabe als klassischer Mittelstürmer in diesem Spiel gut erfüllt. Für mich persönlich muss ich nicht unbedingt ein Tor erzielen, um meine Leistung im Spiel zu würdigen. Aktuell stehe ich aber häufig richtig, sowie in der besagten Szene. Die Freude war dann natürlich unermesslich als ich in der 94. Spielminute den Ball über die Linie drücken konnte, aufgrund eines starkes Pressingspiels unsererseits. Eigentlich das unspektakulärste Tor von uns in diesem Spieltag, trotzdem sorge es vermutlich für die meisten Emotionen. Alles in allem ein geiles Ende! Hut ab vor unserem Team und ein großes Dankeschön nach so einem Rückschlag noch so eine Leistung zu zeigen.

Heute ist Auslosung. Wen wünscht ihr euch als nächste Aufgabe?

Ich habe nicht verfolgt welche Teams noch im Pokal sind. Ich denke jeder aus der Mannschaft weiß die Chancen auf einen Pokalsieg realistisch einzuschätzen. Deshalb ist so ein richtiger Kracher wie TeBe oder Viktoria für jeden ein schönes Erlebnis. Ich persönlich hätte aber auch nichts dagegen einen ähnlich starken oder unterklassigen Gegner zu ziehen, um eventuell sogar noch eine Runde weiter zu kommen. Danach darf dann auch gerne ein Regionalligist die Seebadstraße besuchen kommen.


Jetzt ist es ja unverkennbar, dass es nicht nur für den Verein, sondern auch für dich seit der vergangenen Saison leistungstechnisch deutlich bergauf geht. Womit hängt das zusammen?

Das äußere Erscheinungsbild eines Vereins steht und fällt häufig mit dem sportlichen Erfolg der 1. Herren. Mittlerweile haben wir uns als Team wieder gefestigt und einen passenden Trainer, der auf die individuellen Stärken eingeht. Wir haben unser System gefunden und jeder kennt seine Rolle. Ich glaube ich spreche im Namen der ganzen Mannschaft, dass wir uns wieder in Hermsdorf alle „Zuhause“ fühlen.

Für meine Leistungssteigerung gibt es mehrere Gründe. Zunächst bin ich seit langer Zeit verletzungsfrei (Klopfe auf Holz). Ich bin außerdem kein Spieler der vielseitig einsetzbar ist. Seit letzter Saison spielen wir endlich mit einem System, welches sehr auf mich zugeschnitten ist. Kontinuität und Vertrauen des Trainers in mich führten zur stetigen Leistungssteigerung. Außerdem kennt es glaube ich jeder Fußballer und vor allem Stürmer, wenn es dann einmal läuft dann läufts.

Hast du damit gerechnet, dass du , nach den vielen Rückschlägen, mit 28 nochmal so in der Ersten durchstartest, ein Aufstieg feierst und wichtige Tore schießt?

Um ehrlich zu sein war ich kurz vor dem Punkt, an dem ich meine Fußballschuhe an den Nagel gehangen hätte. Die Verletzungsserie zog sich bestimmt über fünf, sechs Saisons. Nach jeder Verletzung habe ich mich dann wieder zurück gekämpft und kaum bei vergangener Stärke angekommen kam die nächste Verletzung. Zum Glück habe ich aber nie aufgegeben. Trotz alle dem habe ich mich immer als fester Bestandteil der 1. Herren gesehen. Ich bin unglaublich glücklich und dankbar wie es seit letzter Saison für den Verein, das Team und für mich läuft. Ich denke wir passen auch sportlich gesehen um einiges besser in die Landesliga. Der Fußball macht wieder richtig Bock!

War es Pflicht, den Unfall mit dem Abstieg in die Bezirksliga umgehend zu bereinigen, oder hättest du erwartet, dass es deutlich länger dauert?

Und inwiefern hat euch der Corona-Abbruch dabei unter die Arme gegriffen?

Der Großteil des Teams ist trotz des Abstieges zusammengeblieben. Sowas ist heutzutage nicht der Regelfall. Das hat uns natürlich eine sehr solide Grundlage für kommende Saison geboten. Wir waren alle davon überzeugt, dass wir in die Landesliga gehören und wir etwas gut zu machen hatten, für den Verein und vor allem für uns als Mannschaft. Dass der Wiederaufstieg dann direkt im ersten Jahr klappt, ist natürlich ein Traum. Der Abbruch der letzten Saison genau zu diesem Zeitpunkt hat uns natürlich sehr in die Karten gespielt. Wenn man unsere Ergebnisse und den Verlauf der Saison anschaut, steht auf jeden Fall fest, dass wir zu den Top 3 Teams gehört haben. Schlussendlich hatten wir das kleine Quäntchen mehr Glück. Ich bin trotzdem fest der Meinung, dass wir uns das redlich verdient haben.

Nun ist auch die laufende Saison unter besonderen Umständen gestartet. Eine halbierte Spielzeit. Wie nimmt man das als Spieler auf und wie kann es die sportlichen Ziele beeinflussen?

Ich bin eigentlich schon sehr glücklich, dass überhaupt die Möglichkeit besteht aktuell Spiele auszutragen. Wir probieren die spielfreien Wochenenden mit Freundschaftsspielen zu füllen, um möglichst in Wettbewerbsstimmung zu bleiben. Deshalb ist für uns auch das Weiterkommen im Pokal so wichtig, da wir nun ein weiteres Spiel im Kalender haben. Für unser Saisonziel macht die Halbierung der Spiele keinen großen Unterschied. Außer das nun jedes Spiel doppelt wichtig ist und auch so angegangen werden sollte.

Was ist in der Liga in diesem Jahr drin. Geht es erstmal darum, die Liga zu halten, oder kann man sogar oben mitmischen?

Es geht ganz klar darum sich in der Landesliga zu etablieren. Das Ziel in dieser Saison ist ein einstelliger Tabellenplatz. Ich spiele dann natürlich lieber oben mit, als erneut in den Abstiegskampf verwickelt zu sein. Langfristige Ziele bestehen zunächst nicht, außer ein fester Bestandteil der Landesliga zu werden. Ab nächster Saison wird man dann sehen wo uns die aktuelle Welle hinbringt und wie man für die kommenden Jahre plant.

Aufrufe: 015.10.2020, 23:13 Uhr
Marcel PetersAutor