2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
– Foto: Marwin Wolf

Bezirksligisten für Saison-Abbruch, restliche Teams gespalten

Die Stimmen zur BFV-Abstimmung aus dem Landkreis Ebersberg

Am Montag hat der BFV das Ergebnis seiner Befragung über den weiteren Saisonverlauf vorgestellt. Die Meinungen im Fußball-Landkreis Ebersberg sind gespalten.

Bezirksliga Ost

2. VfB Forstinning 34
6. SC Baldham-Vaterstetten 29
14. TSV Ebersberg 15

(Aktueller Stand der Kreis-Vereine/Punkte)

Stellvertretend für den SC Baldham-Vaterstetten hatte Fußball-Abteilungsleiter Helmut Lämmermeier bereits gestern in einem Interview mit der EZ seinen Unmut über die Vorstellung und Konsequenzen des Verbandsvorschlags deutlich gemacht. Und rennt bei der Ligakonkurrenz aus dem Landkreis damit offene Türen ein.

Ausgerechnet der TSV Ebersberg, der mit seinen Teams sowohl in der Bezirksliga Ost als auch in der Kreisklasse 6 akut abstiegsbedroht ist, springt Lämmermeier bei. „Jeder mit gesundem Menschenverstand im Amateurbereich sieht doch, dass die Situation gerade größer ist als unser Fußball“, empfindet TSV-Abteilungsleiter Zeljko Prelcec die Präsentation des BFV-Vorschlags als „nicht nachvollziehbar“ und „arrogant gegenüber allen anderen Sportarten, die es längst geschafft haben, abzubrechen.“

Er habe vor der Abstimmung natürlich auch die eigenen Spieler konsultiert. „Die hätten notfalls alle auch eine Liga drunter weitergemacht, weil das Thema Gesundheit jetzt über dem Fußball steht! Diese Einstellung zeigt, dass es im Amateurfußball um mehr als die Punktejagd geht“, so Prelcec weiter: „In unserem Bereich hätte längst abgebrochen werden müssen. Stattdessen wurde uns jetzt die Pistole auf die Brust gesetzt, während uns das Leben eh schon erdrückt.“


Vereine helfen in der Krise

Ins gleiche Horn bläst Forstinnings Abteilungsleiter Thomas Herndl: „Ich bin gerade busy mit anderen Arbeiten als Fußball.“ Zeit, sich intensiv mit einzelnen Zukunftsszenarien auseinanderzusetzen, hatte er vor der Abstimmung nicht. „Nur aus der ideellen Idee heraus, die Saison doch noch zu Ende zu bringen und sich zu belohnen, haben wir dem Vorschlag zugestimmt. Wenn ich das heute aber sachlich bedenke, sehe ich das wie viele andere Verantwortliche, die sich intensiver damit beschäftigt haben: Trotz der rechtlichen Bedenken von Herrn Koch und Kollegen müsste man die Saison beenden und den Ersten nach mathematischer Berechnung aufsteigen lassen.“ Ein Patentrezept habe natürlich auch er nicht. „Die Stimmauswertung zeigt aber klar, dass es dem Verband gerade in Oberbayern leider gelungen ist, die Kollegen auf seine Seite zu ziehen.“ Herndls eigenen Verein eingeschlossen.

Kreisliga 1

3. TSV Emmering 29

„Beide Herrenmannschaften sind bei uns vorne dabei. Freilich stimmen wir da für eine Fortsetzung der Spielzeit.“ Schriftführer Werner Brandl musste mit seinen Vorstandskollegen und Spielern des TSV Emmering nicht lange überlegen, als es an die virtuelle Wahlurne des BFV ging. „Das ist sportlich am fairsten. Für Teams wie Westerndorf, die in unserer Gruppe total überlegen sind, wäre eine Annullierung absolut unfair.“

Kreisliga 3

3. TSV Oberpframmern 31
4. SV Hohenlinden 26
6. SV Anzing 24
11. ATSV Kirchseeon 19
13. TSV Grafing 13

Breit gefächert war das Meinungsbild in der Kreisliga 3. Beim Drittplatzierten TSV Oberpframmern hätten sie pro BFV-Vorschlag stimmen wollen. „Ich habe aber vergessen, abzustimmen“, sagt Pressesprecher Benedikt Fürst frei heraus, „weil ich gerade aufs zweite Kind warte, und es Wichtigeres im Moment gibt.“ Letztlich „liegt es doch eh nicht in unserer Hand, wer weiß denn schon, ob es am 1. September wirklich weitergeht“. Wirklich einig seien sich alle Klubs doch nur darin, „dass die Pause gerade alle nervt“.

In Grafing ärgert man sich indes darüber, die Planungen mit einer Spielgemeinschaft im Nachwuchsbereich der Damen nun wieder verwerfen zu müssen. „Wenn die Erwachsenen im September weiterspielen, wird die Jugend wohl keine neue Runde anfangen“, mutmaßt Jürgen Daser, Technischer Leiter des TSV. „Wir haben uns in der Vorstandschaft für ein Nein ausgesprochen, weil wir keinen richtigen Sinn in der Fortsetzung sehen, die Entscheidung dafür ist für uns jetzt aber kein Problem.“ Höchstens auf der Trainerbank, nachdem im Sommer Andi Schmidt aus persönlichen Gründen aufhören wird. „Unsere neue Lösung steht jetzt natürlich noch bei einem anderen Verein unter Vertrag. Da müssen wir schauen, wie wir’s lösen.“

Für eine Abwägung von Lösungsvorschlägen zur gesamten Problematik, sagt Kirchseeons Fußballchef Werner Weber, habe er aktuell als Rentner viel Zeit. „Beim „Für“ habe ich viel gesehen, was unseren Verein betrifft und den Vorschlag dann für die vernünftigste Lösung gehalten.“ Seine Zustimmung sei dabei keinesfalls von der Präsentationsart in der Videokonferenz geleitet worden, wie jetzt von einigen Kollegen gemutmaßt wird. „Also ich traue mir schon zu, Argumenten zu folgen, ohne mich von einer euphorischen Vortragsweise beeinflussen zu lassen!“ Webers große Befürchtung, die er mit einem Abbruchszenario, „von denen es ungefähr 98 gibt“, verknüpft lautet: „Bei dieser Abstimmung wäre sich dann jeder selbst der nächste und würde je nach Tabellenplatz so abstimmen, wie es für seinen Verein, aber nicht unbedingt die Gesundheit am besten ist.“

Sportlich kann sich der SV Anzing mit jeder Entscheidung abfinden. „Wir stehen ziemlich im Mittelfeld. Gut, jetzt müssen wir im September halt um die goldene Ananas weiterspielen“, hätte SVA-Pressesprecher Benno Stadler persönlich „längst mit einem Abbruch einen klaren Strich unter die Diskussion gezogen“. In einer Online-Sitzung sei der SVA-Vorstand zu einer ähnlichen Ansicht gelangt und stimmte daher dagegen. „Aber der Verband wollte die Fortsetzung schon so. Das akzeptieren wir – und werden auch nicht klagen“, fügt Stadler augenzwinkernd an. „Wir sind da ganz entspannt.“ Selbst für die Trainer-Thematik werde man eine Lösung finden. Vom BFV erhofft man sich nicht nur in Anzing schnellstmöglich Klarheit in Bezug auf Wechselmodalitäten von Spielern und bereits verpflichteten Trainern. Da muss auch die Frage erlaubt sein: „Was ist eigentlich mit Spielertrainern?“ Für Stadler steht fest: „Die jetzige Konstellation macht‘s nicht einfacher.“

Ein klares „Nein“ hat Theo Falterer, Vorsitzender des SV Hohenlinden abgegeben. „Ich wäre für einen Saisonabbruch gewesen.“ Beim jetzigen Ergebnis sei die Frage, wie es der BFV auslege. Vor allem die personelle Situation treibt ihn um. „Der Verband müsste die Wechselfrist über den 31. August hinaus einfrieren, so dass die Spieler erst Ende November wechseln dürfen.“ Ansonsten befürchtet Falterer ein Schrumpfen des dünnen SVH-Kaders: „Wenn mir in der Rückrunde vier Spieler fehlen, wie sollen wir diese vernünftig zu Ende spielen?“

Kreisklasse 6

1. VfB Forstinning II 32
2. TSV Zorneding 26
3. FC Parsdorf 25
8. TSV Steinhöring 18
11. TSV Egmating 15
12. FC Falke Markt Schwaben 9
13. TSV Ebersberg II 8
14. SC Baldham-Vat. II 7

Zunächst habe Zornedings Abteilungsleiter Walter Hommelsen ja noch zu einem Abbruchszenario tendiert. „Nach dem BFV-Webinar haben wir uns länger unterhalten und waren bezüglich der juristischen Dinge, die auf den BFV zukommen könnten sowie die Verschleppung mit Gerichtsverfahren, dann alle der Meinung, die Saison zu Ende zu spielen.“ In einer „unheimlich unklaren Angelegenheit“ gibt Hommelsen zu, „dass der BFV bei uns schon Überzeugungsarbeit geleistet hat“.

Der FC Parsdorf hat den BFV-Vorschlag „abgelehnt“, teilte Peter Rauch, Kapitän der ersten Mannschaft mit. „Wir finden es besser, die Saison nicht fertig zu spielen, wenngleich der Zeitplan der Saison 2020/21 dadurch gefährdet ist.“ Das Ergebnis in seiner Deutlichkeit habe ihn überrascht. „Für uns ist es von der Tabellensituation beider Mannschaften besser, die aktuelle Saison fertig zu spielen. Da aber nicht absehbar ist, ob im September wieder gespielt werden kann, waren wir für einen Abbruch.“

Der Nachbar von Egmatings 2. Abteilungsleiter Stefan Kleinheisterkamp kommt aus dem Handball. „Er kann nur den Kopf über uns Fußballer schütteln. Bei denen gab es keine Diskussion beim schnellen Abbruch. Auch nicht bei Mannschaften, die die Saison ihres Lebens spielen.“ Nichtsdestotrotz stimmten Kleinheisterkamp und Kollegen für den BFV-Vorschlag. „Richtig Bock haben wir eigentlich nicht, denn aufgewärmt schmeckt eigentlich nur Chili. Aber bevor du zwei Spielzeiten in die Grütze haust, blähst du lieber eine auf und opferst eine andere.“ Kleinheisterkamp räumt auch eine „gewisse Obrigkeitshörigkeit“ ein, da man sich in der vergleichsweise komfortablen Egmatinger Situation „nicht bis ins Letzte mit jedem Detail auseinandergesetzt“ habe.

Ebenso hatten auch die Steinhöringer „im Niemandsland“ vor der Abstimmung sportlich wenige Befürchtungen. Abteilungsleiter Bertram Sprenger klickte jedoch Nein. „Wir sind für einen Abbruch ohne Absteiger, bei dem die ersten beiden aufsteigen und wir in den nächsten zwei Jahren eben mit einer größeren Ligagröße und verstärktem Abstieg arbeiten.“ TSV-Spielertrainer Murat Saglar ergänzt aus der Praxisarbeit heraus: „Ich kenne keinen, der für eine Fortsetzung ist. Unseren Spielern fehlen doch jetzt schon längst der Bezug und die Motivation bei dieser Saison.“

Auch der FC Falke hat Nein gestimmt. „Aus unserer Sicht macht man sich mit einer Aufschiebung nur noch mehr Baustellen auf“, erklärte der 3. FC-Vorsitzende Frederic Speicher. „Die im Vorschlag erwähnte Planungssicherheit durch die Fortführung der Saison 19/20 ist absurd. Geklärt ist damit nur, dass bis 31. August definitiv nicht gespielt wird – alles andere ist komplett offen. Vielleicht müssen wir kurzfristig im September ohne richtige Vorbereitung starten, vielleicht spielen wir auch erst wieder im Frühling 2021.“ Nun müsse der FC mehr mit den Spielern kommunizieren. „Hier kann es zu privaten Veränderungen kommen, die wir berücksichtigen müssen. Was uns als Vorstand gestört hat, ist, dass der BFV ausschließlich für die Fortsetzung der Saison plädiert hat. Und zwar aus Gründen, die für uns nicht nachvollziehbar sind.“

A-Klasse 1

4. TSV Aßling 31

Mit „Ja“ haben die Kicker vom Büchsenberg gestimmt. „Dieser Meinung sind aber nicht alle im Verein“, betont TSV-Vorstandsmitglied Felix Zeibe. „Es gab auch Trainer, die sagen, ein Abbruch ist am sinnvollsten. Das Thema wird heiß diskutiert und ich als Pressesprecher tue mir hier auch schwer um ein Meinungsbild des Vereins wiederzugeben.“ Letztlich wollen doch alle wieder spielen. „Ob ein Mitglied dann aber selbst noch Fußball spielen möchte, ist doch dabei viel entscheidender, da das Ansteckungsrisiko auch weiterhin gegeben ist.“ Es gäbe einfach noch zu viele Fragen, so Zeibe weiter, „die man nicht beantworten kann. Deswegen würde ich mich für ein Aussetzen des Spielbetriebs bis Juni 2021 aussprechen. Nur so hat man wirklich Planungssicherheit.“

A-Klasse 6

1. FC Ebersberg 32
2. ASV Glonn 31
4. TSV Moosach 21
6. TSV Poing 19
8. SV Bruck 15
9. TSV Grafing II 13
11. VfB Forstinning III 10

„Klar haben wir geschlossen im Verein mit Ja gestimmt“, argumentiert Marko Kocijan vor dem Hintergrund der Spitzenposition des FC Ebersberg. „Wenn die Saison abgesagt wird, wäre die ganze Mühe umsonst gewesen.“ Der Abteilungsleiter erwartet „eigentlich keine negativen Folgen“ für den FCE, Trainer Borislav Vujanovic habe bereits seine Zusage bis Saisonende gegeben.

„Eigentlich ist es egal, wie man abstimmt“, meint Ludwig Auer, Spartenleiter TSV Poing. „Die Situation ist katastrophal. Ich glaube, dass es heuer keinen Fußball mehr geben wird. Unser Trainer (Stefan Bürgermeier, d.Red.) verlässt uns zum 30. Juni. Jetzt muss ich viel Arbeit investieren und viele Gespräche führen. Da aber keiner weiß, wie es weitergeht, sagen unsere Wunschkandidaten möglicherweise nicht zu. Wir haben keine Planungssicherheit weil niemand weiß, wie es weitergeht. Du kannst planen wie du willst, in ein paar Wochen kannst du es wieder umwerfen.“

„Wir hoffen, die eventuellen Folgen für den Verein in Grenzen zu halten“, sagte Moosachs Fußballchef Jürgen Werner. Der TSV stimmte mit Ja. Das Ergebnis sei „eindeutig und für mich die einzig richtige Entscheidung“, so Werner. „Wichtig ist, dass die Saison irgendwie zu Ende gespielt wird. Das wäre die gerechteste Sache für alle Vereine, auch in Sachen Auf-/Abstieg.“

Beim SV Bruck gab es ein negatives Urteil: „Wir waren für einen Abbruch“, sagte der Vorsitzende Tobias Dengl. „Ich weiß nicht, wie es funktionieren soll, im September die Rückrunde fertig zu spielen, in der eigentlich die Vorrunde anfängt.“ Dengl erwartet als Folge ab dem Start „wahrscheinlich einen sehr engen Zeitplan mit vielen Englischen Wochen“.

B-Klasse 6

1. TSV Oberpframmern II 28
2. SV Anzing 24
3. FC Parsdorf II 20
5. TSV Zorneding II 17
7. ATSV Kirchseeon II 15
10. SV Hohenlinden II 7

11. ASV Glonn II 7

12. BSG Markt Schwaben 7

Bei der BSG in Markt Schaben hatte man diesen Ausgang der Befragung so erwartet – und auch zugestimmt. „Natürlich hätten wir auch sagen können, aufgrund unserer Tabellensituation plädieren wir für einen Annullierung der Saison, aber das will keiner von uns“, betont BSG-Sprecher Stephan Kraus. „Wir wollen den Klassenerhalt auf dem Rasen holen. Angesichts der Situation, in der keiner weiß, ob wir dieses Jahr überhaupt noch einmal den Ligabetrieb wieder starten können, ist die gewählte Variante die sportlich fairste.“ Sollte es erst im Frühjahr 2021 wieder losgehen können, „gibt’s halt die Saison 2020/21 nicht“.

C-Klasse 6

2. TSV Poing II 26
3. TSV Pliening/Landsham 20
4. TSV Steinhöring II 19
5. TSV Ebersberg III 17
6. TSV Egmating II 17
8. FC Falke Markt Schwaben II 13

11. SV Bruck II 9
12. TSV Oberpframmern III 2

Der TSV Pliening hat für die Fortführung gestimmt. „Es wäre uns aber auch egal gewesen, wenn für einen Abbruch abgestimmt worden wäre“, so Abteilungsleiter Christian König. „Wir haben sechs Punkte Abstand zum Aufstiegsplatz und sehen noch eine gewisse Möglichkeit. Die Abstimmung empfinde ich aber als Farce: Es gab von Seiten des BFV nie eine wirkliche Alternative.“ Zudem: Beim Webinar am Freitag um 15 Uhr müssten trotz Corona viele Leute ganz normal arbeiten. „Es wurde immer von Planungssicherheit gesprochen. Es könnte ja im September weitergehen, oder vielleicht im Dezember? Keiner weiß das! Wie soll man da tatsächlich planen? Uns betrifft das generell weniger, aber in der Bayernliga oder höher wird es große Kader-Probleme geben.“

Text: Julian Betzl, Johannes Piller, Olaf Heid

Aufrufe: 022.4.2020, 10:05 Uhr
Ebersberger Zeitung / Julian Johannes Olaf Betzl PAutor