2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait
Fußballtrainer Joachim "Jockel" Weinz tüftelt an der neuen Aufstellung seiner Mannschaft. Foto: Carsten Selak
Fußballtrainer Joachim "Jockel" Weinz tüftelt an der neuen Aufstellung seiner Mannschaft. Foto: Carsten Selak

Nach 25 Jahren als Trainer ist Schluss

Der Wörrstädter Joachim Weinz ist aktuell Trainer des VfB Bodenheim. Nach langjähriger Karriere soll im Sommer Schluss sein

WÖRRSTADT - Sonntags um 10 Uhr geht es runter in den Keller. Joachim Weinz stellt sich vor sein Flipchart, den Edding in der Hand, und sinniert über Aufstellung und Strategie. Im dritten Jahr trainiert der Wörrstädter den Fußball-Landesligisten VfB Bodenheim. Im Sommer soll Schluss sein – das vorläufige Ende einer Trainerkarriere, die vor 24 Jahren in Partenheim begann. „Seitdem war ich pausenlos Trainer“, erzählt der 52-Jährige, „wer in Rheinhessen kann das noch von sich behaupten?“

Bevor Weinz, der Tüftler, sich an seinen Schreibtisch setzt oder an der Papiertafel Kreise und Zickzacklinien um Spielernamen malt, geht er joggen, mal sechs, mal acht Kilometer. „Ich werde nie mit Plauze vor den Jungs stehen“, kündigt er an. Bei dem Elan, die der A-Lizenz-Inhaber ausstrahlt, ist das auch kaum vorstellbar. „Ich habe dem Sport sehr viel zu verdanken. Ich hätte vor lauter Energie sonst sehr viel Scheiße gebaut“, blickt Weinz, der in Fußballerkreisen stets nur Jockel genannt wird, zurück. Auf dem Feld war der Techniker kein Kind von Traurigkeit. „Ich habe damals für zwei Punkte relativ viel gemacht“, erzählt er heute mit verschmitztem Grinsen. Und heute? „Der Druck ist weg, ich bin sehr viel lockerer geworden.“

Als Neunjähriger begann Weinz in seiner Heimatgemeinde Partenheim mit dem Fußballspielen, gewann prompt Meisterschaften, unter anderem mit dem späteren Kaiserslauterer Bundesligaprofi Axel Brummer. Mit 16 („viel zu spät“) zog es Weinz zu Hassia Bingen, wo die Karriere jedoch stockte, nachdem er mit dem Ex-Mainz-05-Coach Horst Hülß aneinanderrasselte. In einer Kneipe überzeugten ihn seine Partenheimer zur Rückkehr – einen Renault 4 als Prämie inklusive. „Ein riesiger Fehler“, sagt Weinz heute, „bei meinem Talent hätten eigentlich 200 Zweitligaspiele herauskommen müssen.“ Zwar gab es für den „Feierkönig“, wie er sich selbst im Rückblick nennt, später doch noch allerlei Oberligaspiele für die Hassia, doch der ganz große Wurf blieb aus.

Spielertrainer in Partenheim

Mit 28 lockte dann erneut die Heimat, Weinz wurde – wieder in Partenheim – Spielertrainer. „Damals hat Pfeddersheim allein 500 Mark Auflaufprämie pro Spiel geboten. Ich hätte zwei Jahre nicht arbeiten müssen“, lacht er heute. Doch Weinz, der Bauchmensch ohne Plauze, folgte schon immer seinen Impulsen. Nach einer Lehre in einer Druckerei verdiente er mal als Lkw-Fahrer sein Geld, mal als Aushilfe beim ZDF – und ist dort inzwischen für das Reisemanagement zuständig. „Wenn man nicht gerade einen Baumschulabschluss hatte, konnte man da noch einige Türen aufstoßen“, blickt Weinz zurück.

Über die eigenen Fehler, über Momente des Scheiterns spricht er in aller Offenheit. In Flonheim kam er mit dem Vereinsumfeld nicht klar, in Sprendlingen wurde ihm sogar verboten, das Klubgelände zu betreten. Bequem war er nie. Wörrstadt, Bingerbrück und Jugenheim sind nur einige der weiteren Stationen des Mannes, der eigentlich schon lange aufgehört haben wollte. Eine Krebserkrankung wurde 2009 diagnostiziert. „Da kamen sich der Mensch und der Trainer näher“, blickt er zurück. Ein Erlebnis, das diesen so lebensfrohen Menschen veränderte.

Kribbeln ist wieder da

Doch als vor drei Jahren der VfB Bodenheim anfragte, war das Kribbeln wieder da. Ein Verein, der nach dem Verbandsligaabstieg wirkte, als könnte er sekündlich auseinander fliegen. Weinz hat alles gekittet – als Motivator, Fachmann und Psychologe gegenüber der Mannschaft, als Integrationsfigur auch in der dritten Halbzeit. In seiner freien Zeit will der ausgebildete Mentalcoach, der vor fünf Jahren mit seiner Freundin Stephanie Friesinger nach Wörrstadt gezogen ist, sich der Musik widmen und sich als Athletiktrainer zertifizieren lassen. Auf den Sportplätzen Rheinhessens wird man ihn weiter antreffen, so viel scheint sicher. Nur sonntagmorgens runter in den Keller, das will er sich nicht mehr antun.

Aufrufe: 05.3.2015, 10:30 Uhr
Torben SchröderAutor