2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Gotha-Präsident Thomas Fiedler äußert sich ausführlich bei FuPa.
Gotha-Präsident Thomas Fiedler äußert sich ausführlich bei FuPa.

"Die Aufgaben werden im kommenden Jahr nicht leichter"

Der "FuPa-Sommercheck" heute mit Thomas Fiedler - Präsident vom FSV Wacker 03 Gotha.

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Sommerpause - welche Sommerpause? Bei den meisten Vereinen laufen die Vorbereitungen auf die neue Saison auf vollen Touren. Im "FuPa-Sommercheck" haben wir Vertreter der Thüringer Klubs zur abgelaufenen Saison und zu ihren Zielen in der neuen Spielzeit befragt. Sehr ausführlich äußert sich der Präsident vom FSV Wacker 03 Gotha.
FuPa Thüringen: Wie ist eure Bilanz für die abgelaufene Saison?
Thomas Fiedler: Diese Frage muss zweigeteilt beantwortet werden, in die Bilanz in Bezug auf unseren eigenen Verein und in die in Bezug auf den Fußball allgemein.

Zum Ersten: Sportlich haben wir mit dem Klassenerhalt unser Ziel erreicht, wenn ich auch nicht verhehlen kann, dass ich dessen Zeitpunkt lieber früher gehabt hätte. Hinter uns liegt eine schwere Saison, weil die Aufgaben im Traineramt aber auch die der Vereinsführung immer komplexer werden und häufig kaum noch im Ehrenamt zu stemmen sind. Doch auch die weiterhin wachsende Erwartungshaltung in den verschiedensten Lebensbereichen von Schule über Ausbildung bis hin zum Beruf oder auch innerhalb der Familien führt in Verbindung mit den immer größeren Angeboten an Freizeitmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche aber auch Erwachsene dazu, das die Begeisterung für den Vereinssport schwerer geworden ist. Gerade in Gotha erleben wir derzeit eine vermehrte Zuwendung zu sogenannten Erlebnis- oder Eventsportarten wie z.B. Basketball. Nicht nur der Sport steht hier im Mittelpunkt, sondern Partymusik während der Spielunterbrechungen und „Ballermann“-Atmosphäre wie auf Mallorca. Wenn auch der klassische Fußballfan wie beim Meisterschaftsabschluss des FC Bayern München oder beim DFB-Pokalendspiel erlebt, nicht unbedingt Partyatmosphäre, sondern den Fußball im Mittelpunkt sehen möchte, so sehnt er sich dennoch nach abwechslungsreichen Fußballveranstaltungen mit guter Versorgung und Angebote auch für weniger am Spiel interessierte Familienangehörige. Hier sind wir auf einem guten Weg, können mit unseren Events auch immer mehr punkten, ein Zuschauerschnitt von 148 Besuchern stellt uns jedoch keineswegs zufrieden. Die Frage, wie wir die 90 Minuten einer Verbandsligapartie plus die Zeit vor und nach dem Spiel attraktiver gestalten können, um wieder mehr Menschen in die Stadien zu holen, ist damit jedoch immer noch nicht beantwortet, Ideen dazu sind weiterhin gefragt.
Auch die Zusammenarbeit mit unseren Spielereltern im Nachwuchsbereich hat sich verändert. Eltern, die noch vor wenigen Jahren in großer Zahl zur Verfügung standen, um sich an der Vereinsarbeit zu beteiligen, werden immer weniger. Ein Trend, der sich bei vielen anderen Vereinen auch ausgebreitet hat. Bei einigen Eltern haben die Trainer kaum die Möglichkeit, wichtige Dinge zur sportlichen und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu besprechen, weil die Kids nur am Stadiontor abgegeben und auch dort wieder aufgesammelt werden.

In Bezug auf den Fußball im Allgemeinen war es für mich erneut erschreckend zu erleben, dass Vereinen die Spieler zu Hauf wegrennen (das haben wir ja selbst 2013 schon erlebt) und kurzfristig wiederum durch neue Fremde ersetzt werden, weil in den eigenen Nachwuchsmannschaften absolut keine Basis für Verbandsligafußball vorhanden ist. Meiner Meinung nach dreht sich in vielen Vereinen zu viel um "die Erste" und ich stelle die Frage: Woher soll eigentlich der sportliche Nachschub an Spielern kommen, den solche Sportgemeinschaften für ihre Geschäftsmodelle benötigen? Es ist ein Unding, dass Vereine ihre Jugendabteilungen vernachlässigen, nur noch die Wertigkeit auf ein oder zwei Männermannschaften legen, dann woanders ausgebildete Spieler manchmal schon im A-Juniorenalter und häufig auf unfaire Art abwerben und vom Verband dafür noch belohnt werden, in dem weil weniger Mannschaften auch weniger Schiedsrichter zu stellen sind. Reine Männersportvereine oder solche, die ihre Jugendmannschaften nicht mit der gleichen Wertigkeit entwickeln wie ihre Erste, dürfen vielleicht in der Kreisklasse noch möglich sein, in der Landesklasse oder höher ist solch eine Verfahrensweise im Interesse des Fußballs nicht akzeptabel. Hier muss sich der Verband einmischen. Demgegenüber bei fehlenden Schiedsrichtern Strafen und sogar Punktabzüge zu praktizieren, die letztlich wie geschehen sogar auf die Vergabe von Meistertiteln Einfluss haben, ist nicht mehr zeitgemäß. Die Gewinnung, Ausbildung und Qualifizierung von Schiedsrichtern muss Verbandsaufgabe werden und die Vereine dann über Gebühren oder Beiträge beteiligt. Wir brauchen keinen Verband, der uns verwaltet und bestraft, sondern einen, der unterstützt und führt.



FuPa Thüringen: Welche Ziele habt ihr erreicht und welche nicht?
Thomas: Die Aufgaben werden im kommenden Jahr nicht leichter, denn es gilt zur Sicherstellung der berechtigterweise von uns erwarteten Qualitätsausbildung immer wieder neue und gute Trainerpersönlichkeiten für unsere Nachwuchsabteilung zu gewinnen und zu entwickeln.
Im Jugendbereich werden die B- und A-Spieler weiterhin so ausgebildet, dass sie in einigen Jahren die Chance bekommen, in unserer Ersten aufzulaufen. Die Möglichkeit dazu haben viele, spielen sie doch einerseits ab der C-Jugend bereits in Thüringens höchsten Ligen und können sie andererseits eben auf einen Vorstand vertrauen, der die Spieler der Männermannschaften nicht nur in der Fremde rekrutiert.

Von unseren Ersten erwarte ich in der Thüringenliga, dass sie von Anfang an genügend Luft nach unten aufbaut und gewachsene Ligaqualität nachweisen kann. Unseren Neuzugängen Patryk Lukasz Rajkowski, Dominik Werner, Kevin Helm und Norman Bonsack, und da habe ich unsere Neuzugänge auch schon mit erwähnt (die Abgänge sind fupa ebenfalls bekannt), wünsche ich eine schnelle Integration. Alle vier waren auch vom Namen her unsere Wunschkandidaten.
Es wird immer das Ziel eines Wackerfußballers und somit auch des Präsidiums unseres Vereins sein, möglichst hochklassig und dort oben mitzuspielen. Aber es wird auch immer unser Ziel sein, lieber mit im eigenen Verein ausgebildeten Spielern einen guten Tabellenplatz anzustreben und somit natürlich auch Arbeitskräfte in der Gothaer Region zu halten, als mit ausschließlich Fremden und Zugekauften Meistertitel zu feiern.

Auch die Ausbildung neuer junger Schiedsrichter steht im kommenden Jahr mit an erster Stelle.

Last but not least hoffe ich auf ein kleines aber feines Geburtstagsevent anlässlich der Gründung unseres Vereins vor 110 Jahren am ersten Augustwochenende im Volkspark-Stadion. Die ersten Werbeaktionen im Internet und auf Facebook laufen bereits und unser Partner „Eventmaker“ legt sich da mächtig mit uns ins Zeug. Danke schon jetzt aber auch an das Team „Orga110“ unseres Vereins für das hohe und professionelle Engagement zur Vorbereitung.

Nicht nur Sport, Tanz und Spaß wird es vom 4. bis 6. August im Volkspark geben, zusätzlich hat unser Verein dafür eine 53seitige Festschrift über 110 Jahre Fußball beim FSV Wacker aufgelegt und wir freuen uns bereits heute auf unsere Gäste.



FuPa Thüringen: Welcher Moment in der abgelaufenen Saison ist euch besonders in Erinnerung geblieben?
Thomas: Es sind die Endspielteilnahmen unserer A-Junioren im Thüringenpokal und der B2-Junioren im Bereich Westthüringens aber auch das Spiel um den 3.Platz der Thüringer Landesmeisterschaft unserer Verbandsliga B-Jugend, ebenso das Auf-den-Weg-bringen der Gründung eines Fördervereins und die Anschaffung zweier Mercedes-Kleinbusse zum Transport unserer Nachwuchsfußballer.



FuPa Thüringen: Thomas, vielen Dank für Deine Infos und viel Erfolg in der neuen Saison!

Aufrufe: 013.7.2017, 21:30 Uhr
FuPa ThüringenAutor