2024-04-25T10:27:22.981Z

Kommentar
In den meisten Sportclubs wurde sich an die sanitären Auflagen gehalten - trotzdem wurde der Spielbetrieb untersagt -
In den meisten Sportclubs wurde sich an die sanitären Auflagen gehalten - trotzdem wurde der Spielbetrieb untersagt - – Foto: www.paulmedia.lu (Archiv)

BGL Ligue: von wegen Elitesport!

Neben der BGL Ligue pausieren nur drei andere europäische Ligen wegen der Corona-Pandemie +++ Entscheidung der Politik gründet nicht immer auf konkreten Zahlen +++ ein Kommentar zum kompletten Lockdown im Sport

Dieser Tage kursierte ein Meme auf Facebook, das sicherlich nicht ganz ernst gemeint war, aber dennoch einen Funken Wahrheit enthielt: dort hieß es nämlich – im Anschluss an die Ankündigung der Regierung vom 26.Dezember bis zum 10.Januar einen kompletten Lockdown zu beschließen – dass Alkohol und Tabak de Facto offiziell als lebensnotwendig erklärt wurden und Sport nicht. Ein Witz, der eigentlich keiner ist!

Oft fragte man sich in den vergangenen Wochen und Monaten, wer denn in Luxemburg den Status „Elitesportler“ oder „Elitesport“ erfüllt. Das Sportministerium sorgte in Zusammenhang mit der Futsal Champions League für mediales Aufsehen, als dem FC Differdingen 03 keine Ausnahmegenehmigung für sein Heimspiel gegen London Helvecia ausgestellt wurde und der Verein ins französische Grenzgebiet ausweichen musste. Ähnlich erging es der Frauenmannschaft des hauptstädtischen Racing FC, die Anfang November durch die Saisonunterbrechung nur wenig bis kaum Spielpraxis für ihre Champions-League-Begegnung bei Ferencvaros Budapest hatte. Das Differdinger Futsal-Team reist vor der nächsten Runde des höchsten europäischen Futsal-Wettbewerbs zu einem zweiwöchigen Trainingslager nach Portugal, um für das Gastspiel bei Chrudim (CZ) gerüstet zu sein. Die BGL Ligue – von der 1.Liga der Frauen und des Futsals gar nicht zu sprechen – ruht seit Ende November, jetzt werden einem von staatlicher Seite auch noch die letzten Trainingsmöglichkeiten geraubt.

Wer fällt unter den Statut Elitesportler?

Einzig Elitesportler dürfen noch in geregelten Bahnen trainieren. Und zu diesem Kreis zählen keine Mannschaftssportler. Von Fördermaßnahmen profitieren laut Website des COSL nur Basketballer Ben Kovac und ein spezielles Förderprojekt im Handball. In der Elitesportsektion der Armee findet man immerhin mit Sadine Correia und Gabriela de Lemos zwei Fußballerinnen und mit Ricardo Aleixo einen Fußballer. Dass der Staat sich bei seinen Maßnahmen an Kriterien, an einen Rahmen, halten muss, ist logisch. Dieser Rahmen wird vom olympischen Komitee, dem COSL, gesteckt. Und Mannschaftssportarten sind in diesem nicht zu finden. „Le terme sportif d'élite vise les athlètes dont la qualification sportive est reconnue en tant que telle par le C.O.S.L.“ heißt es im Artikel 13 des 5.Kapitels des Gesetzes über den Sport vom 17.August 2005. Eine BGL Ligue bzw. die dort aktiven Sportler fallen nicht unter diese Definition bzw. erfüllen diese Kriterien nicht. Genauso übrigens wie die Topligen der anderen Mannschaftssportarten.

Ist die Liga eines Europa-League-Teilnehmers kein Elitesport?


Rein sportlich ist es kaum vorstellbar, dass eine BGL Ligue, die sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt hat, keine Eliteliga darstellt. Immerhin stand mit F91 Düdelingen eine Mannschaft aus dem Großherzogtum gleich zweimal hintereinander (2018 & 2019) in der Gruppenphase der UEFA Europa League. Andere Mannschaften machten im vergangenen Jahrzehnt auch öfters auf sich aufmerksam, sei es der FC Differdingen 03, dessen Lokalrivale Progrès Niederkorn oder auch die Escher Fola, um nur drei davon zu erwähnen. Nur selten wurde in der Qualifikation zu den großen Wettbewerben eine Mannschaft abgeschlachtet. Nun pausiert die BGL Ligue seit Wochen und das mit nur drei weiteren höchsten Fußballligen in Europa: denen aus der Republik Moldau, Island und San Marino. In Andorra wird z.B. gespielt, genauso in Ligen die durchaus mit der BGL Ligue vergleichbar sind, wie z.B. die in Nordirland, Wales oder Zypern.

Konkurrenz im Ausland läuft weiter

Weiter muss die BGL Ligue, wie unser gesamter luxemburgischer Fußball, die mediale Präsenz der großen europäischen Ligen noch mehr erdulden als sonst. Die Bemühungen einer LFL, die Liga professioneller aufzustellen, geraten unfreiwillig ins Stocken. Sollte die Pandemie noch länger Einfluss auf den Sport haben, riskieren etliche Vereine genauso in eine Existenzkrise zu rutschen wie die ebenfalls nicht mehr zugängliche Gastronomie, Kulturbetriebe oder die Event-Branche. Und Sportvereine können nicht einmal „Take away“ anbieten oder sich anders finanzieren, da auch immer mehr Sponsoren in die Bredouille geraten. Die wirkliche Rechnung – eine Befürchtung, die auch der sportliche Leiter des COSL, Heinz Thews, in einem Interview mit dem Luxemburger Wort äußerte – wird erst am Ende präsentiert werden.

Wirtschaftlicher Impakt

Es ist verständlich, dass die Politik beim Sport einen einfachen Hebel zum Betätigen hat, um Kontakte schnell und relativ effizient einzuschränken. Wie schon an anderen Stellen mehrfach angedeutet, werden so rund 100.000 Sportler und gut 40.000 Fußballer untereinander keinen Kontakt mehr haben können. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, wenn die Politik ihre Entscheidungen zumindest mit belastbaren Zahlen untermauert hätte und das nicht nur im Sport! Und die wirtschaftlichen Auswirkungen sind auch nicht zu vernachlässigen. Konkrete Zahlen waren im 2014 vom COSL veröffentlichten „concept intégré pour le sport au grand-duché de luxembourg“ nicht verfügbar, unter Berufung auf ausländische Statistiken würde der Sport aber zwischen 1,5 und 3,7 Prozent eines Bruttoinlandproduktes ausmachen. Dass Luxemburg 2013 nur 5,85 Prozent aus seinen Einnahmen aus Glücksspielabgaben in den Sport steckte ist ein frappanter Beleg dafür, wie wenig der Sport im Großherzogtum zählt. Zum Vergleich waren dies 2009 in Portugal 10,3 Prozent, 2006 in Deutschland dreizehn Prozent, in den Niederlanden 23,9 Prozent.

Keine Planungssicherheit

Natürlich geht die Sicherheit und Gesundheit aller vor. Doch Maßnahmen mittlerweile im Zwei-Wochen-Takt zu ändern und zu verschärfen, ja einen wahren Zick-Zack-Kurs zu fahren, an dem sich niemand mehr richtig orientieren kann, sorgt nicht gerade für viel Verständnis gegenüber der Politik. Und dass seit Wochen nichts von Sportminister Dan Kersch zu hören ist, spricht für die Sportler ebenfalls Bände. Bis morgen bleibt den Luxemburgern nur noch Kommerz und Corona. Ab dem 26.Dezember dann für zwei Wochen nur noch Corona. Doch irgendwann möchten die Menschen wieder ins Kino, ins Theater oder auf den Fußballplatz und sei es nur, um auf andere Gedanken zu kommen. Und die meisten wären bestimmt gewillt, sich an sanitäre Regeln zu halten. Denn nach dem Stopp des Sports im November gingen die Infektionszahlen noch lange nicht zurück. Erst jetzt zeigt sich ein positiver Trend, der auf eine baldige Besserung der Lage hoffen lässt, gut einen Monat nach den letzten Spielen. Mit den bald startenden Impfungen ist zumindest wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen – auf dass wir bald wieder der wichtigsten Nebensache der Welt nachgehen können!



Aufrufe: 023.12.2020, 15:00 Uhr
Paul KrierAutor