2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ein Bild aus alten Tagen: Nach seiner Zeit in der Club-Jugend geriet die Karriere von David Kammerbauer (links) ins Stocken. F: Matejka
Ein Bild aus alten Tagen: Nach seiner Zeit in der Club-Jugend geriet die Karriere von David Kammerbauer (links) ins Stocken. F: Matejka

Umweg Siegen: David Kammerbauer glaubt an seinen Traum

Zwillingsbruder des Club-Profis Patrick mit Karriereknick nach seinem Weggang aus Nürnberg

Die Kammerbauer-Zwillinge Patrick und David durchliefen knapp zehn Jah­re die Jugendteams des 1. FC Nürn­berg. Dann trennten sich die Wege. Patrick schaffte den Sprung zum Club­ Profi, bei David lief vieles schief. Mit den Sportfreunden Siegen kämpft er in der Regionalliga West nun gegen den Abstieg – und um seinen Traum.

Wer es auf einem Talenttag schafft, auf sich aufmerksam zu machen, der kann ziemlich gut Fußballspielen. Ta­lenttage, das sind diese Veranstaltun­gen der Profivereine, bei denen sich jährlich massenhaft Kinder und Ju­gendliche tummeln, mit großen Augen und noch größeren Erwartungen, auf­gereiht in Schlangen hinter "Jahr­gangsschildern" – den Traum vom Fußballprofi vor Augen. Auch die Kammerbauer-Zwillinge waren einst auf so einem Talenttag. 150 Kinder spielten am Valznerweiher vor. Vier kamen in die engere Auswahl, zwei wurden letztlich genommen. Die Zwil­lingsbrüder David und Patrick.

Jahr für Jahr spielten die beiden Brüder Seite an Seite in den Jugend­teams des 1. FC Nürnberg, als Stamm­spieler. Mitspieler wurden regelmäßig aussortiert, Patrick und David nicht. Auch für die Juniorennationalmann­schaften des DFB wurden sie regelmä­ßig berufen. Linksfuß David spielte meist auf der Außenverteidigerpositi­on, Rechtsfuß Patrick eher im zentral. In der U16 und U17 kommt David auf 12 Länderspiele, Patrick auf 14.

Heute, knapp zehn Jahre nach ihrer Sichtung auf dem Talenttag, stehen beide mit 20 Jahren auf dem Sprung in den Herrenfußball. Aber nur einer der beiden hat es in die Profimann­schaft des 1. FC Nürnberg geschafft. Patrick unterschrieb im Juli letzten Jahres einen Profivertrag und kam bereits zu zehn Einsätzen in der zwei­ten Bundesliga. David dagegen muss sich mit der vierten Liga begnügen. Regionalliga West, Sportfreunde Sie­gen, Tabellenplatz 16. "Ich gönne mei­nem Bruder alles", sagt David, der täg­lich mit Patrick telefoniert. "Er berichtet mir natürlich über seine Erlebnisse bei den Profis und dass es ihm gut gefällt, ist ja klar." Neid kommt bei ihm keiner auf.

Zwar wurde auch David beim Club eine Perspektive aufgezeigt – den Zweijahresvertrag für das Regionalli­gateam der Nürnberger lehnte er aller­dings ab. "Ich wollte etwas Neues aus­probieren", sagt er. Im Nachhinein wohl keine gute Entscheidung. Denn einiges ist danach schiefgelaufen, da­raus macht Kammerbauer selbst auch keinen Hehl. Von seinem Berater hat er sich mittlerweile getrennt. Kurzzei­tig war er vereinslos, hielt sich beim Bayern-Regionalligisten SV Seligen­porten fit. Er spielte in Lotte und bei Hansa Rostock vor. Dritte Liga, im­merhin. Zu einer Verpflichtung kam es dort allerdings nicht. "In Rostock habe ich schon gedacht, dass es irgend­wie klappen könnte", sagt Kammer­bauer. "In Lotte war es komisch, da war ich nur zwei Tage und es waren total viele Testspieler da", sagt er. Kein Zuckerschlecken, die "Casting­-Shows" der Drittligaklubs.

Erst einmal nicht absteigen

Ein Profivertrag in der Bundesliga, oder der zweiten Liga zu ergattern, wie es Zwillingsbruder Patrick geschafft hat, davon ist er bei den Sport­freunden Siegen dann doch schon ein Stück weit entfernt. Abgehakt hat er seinen Traum aber nicht, schließlich fängt die Karriere mit 20 Jahren ja auch gerade erst an. "Ich will jetzt erst einmal mit Siegen den Nichtab­stieg schaffen", sagt Kammerbauer. Und was dann noch kommt? Wer weiß das schon. Viele ehemalige Jugendna­tionalspieler stranden in unteren Ligen. Kammerbauer wäre da sicher­lich kein Einzelfall. Wer aber über so viele Jahre im Gleichschritt mit dem Bruder die Jugendteams durchlaufen hat, für den ist klar: "Ich will das glei­che erreichen. Und ich glaube daran."

Aufrufe: 09.3.2017, 10:29 Uhr
Micha Schneider (Nürnberger Nachrichten)Autor