2024-03-18T14:48:53.228Z

Querpass

Uh-uh-uh-aaaa, du bist so heiß wie ein Vulkan

Oder: Trainer auf (emotionalen) Abwegen

Als Pep Guardiola nach dem letzten verwandelten Elfmeter von Costa im DFB-Pokal-Krimi gegen Erzkonkurrent Borussia Dortmund vor Freude sein Gesicht in den Händen vergrub, war seine Erleichterung über diesen knappen und glücklichen Sieg und damit (halbwegs) gelungenen Abschied von der Bundesliga-Bühne kaum zu übersehen. Auch wenn er sich alle Mühe gegeben hatte, die Wange herunterkullernden Tränen zu verbergen.

Kritiker mögen diesen hochemotionalen Moment kalt gelassen haben- hatte der Meistertrainer doch zuvor in der Pressekonferenz angekündigt, dass mit Tränen nicht zu rechnen sei. Erst recht, wenn man bedenkt, dass das Werk des (bestbezahltesten?) Erfolgs-Trainers trotz aller sportlichen Rekorde, die er mit dem bayerischen millionenschweren Kader auf-und eingestellt hat, unvollendet geblieben ist. Der Gewinn des CL-Pokals ist ihm auch dieses Jahr nicht vergönnt! So kann man nur spekulieren, ob Pep wirklich von seinen supersupersuperstarken Gefühlen überMANNT wurde oder ob doch nicht umsichtig platziertes Pfefferspray in seinen Händen für spontane liquide Eruptionen verantwortlich war. Wie dem auch sei- die Message ist wunderbar. Guardiola hatte (wie so viele andere Trainer auch) keine Scheu, seine Gefühle zur Schau zu stellen. Und das ist schon beachtlich. Weist doch ansonsten "der Klischee-Mann" im Alltag das Zeigen von Gefühlen von sich und tut es als nicht erstrebenswerte Schwäche (die für "gewöhnlich" der Frau zu eigen sei) ab. Ganz zum Unverständnis der Uneingeweihten (Frauen), die dem Volkssport Fußball nichts abgewinnen können und in verständnisloses Kopfschütteln verfallen, wenn sie schreiende und weinende Fans sehen, die gerade bei einem Tor, einem Foul oder gar einem Abstieg/Aufstieg intensiv mitfiebern und ihren Emotionen freien Lauf lassen. Fußball kann man als letzte Bastion/ Zufluchtsstätte bezeichnen, in der man(n) ungeniert und ohne falsche Scham ein Wechselbad der Gefühle über Freude, Zuversicht, Enttäuschung, Hass (etc) durchwaten kann. Das ist zauberhaft, birgt aber auch eine große Gefahr, wenn das Maß nicht (ein-)gehalten wird. Am besten erkennt man das, wenn man auf die Trainer guckt. Denn neben all den finanziellen Vorteilen bzw. Anreizen sind natürlich andere Werte wesentlich wichtiger: der Moment des Sieges und das Bedürfnis, Geschichte in irgendeiner Weise zu schreiben und das damit verbundene vorzuleben. Außer den taktischen, konditionellen und motivatorischen Vorbereitungen bleibt dem Trainer am entscheidenden Spieltag die einzige Möglichkeit, auf das Spiel Einfluss zu nehmen, an der Seitenlinie mit entsprechenden Instruktionen und (non-) verbalen Gesten zu dirigieren und zu kommentieren. Dass so manch einer im Eifer des Gefechts bei diesem Vorhaben übers Ziel hinausschießt und seiner Vorbild-Rolle nicht gerecht wird, hat jüngst einer der (selbsternannten?) Bad-Boys unter den Trainern eindrucksvoll unter Beweis gestellt (dessen Beschreibung bitte nicht zur Nachahmung anregen soll.:D) Atlético-Trainer Diego Simeone! Ein vitales und virales Kraftpaket und emotionales Pulverfass zugleich, der den elegant gekleideten Fußball-Asketen Pep Guardiola aus dem CL-Wettbewerb gekickt hat und selbst keine gute Figur dabei gemacht hat. Denn er fühlte sich so stark in das Spiel involviert und sah es demzufolge als adäquaten Support seiner Mannschaft an, Robert Lewandowski mit einem Ellbogen-Check zu traktieren, nur um Zeit zu schinden. Erst der Spieler Franck Ribéry konnte den wütenden Madrilenen und den überraschten Polen voneinander trennen und die Situation beruhigen. Darüberhinaus leistete er sich noch viele andere Un-Sportlichkeiten. Konsequenzen folgten für Simeone nicht, was schade ist und ein falsches Signal an alle Beteiligten sendet. Zu allem Überfluss zog Atlético ins CL-Finale ein, was doch den Bayern gehörte! Sicherlich gibt es genügend andere Ausraster, die entsprechend quittiert und (finanziell als auch disziplinarisch) sanktioniert wurden (man mag an die lange Liste meines Lieblings-Rüpels Jürgen Klopp denken, der aber im Gegensatz zu Diego Simeone immer große Einsicht und Reflexionsfähigkeit beweist/besitzt und dadurch in seinem Dasein als Sympathieträger nichts einbüßt, ganz im Gegenteil- das verleiht ihm die bewundernswerte Authentizität). Letztlich müssen sich aber die Trainer darüber im Klaren sein, dass sie an erster Stelle (sportliche) Werte vermitteln und vorallem ihre Mannschaft repräsentieren und sie eben jener am meisten schaden, wenn sie sich nicht im Griff haben. Man darf gespannt sein, wie das heutige Match, in dem ja der frisch gebackene Real-Trainer Zinédine Zidane und Atlético-Rüpel Diego Simeone aufeinander treffen, diesbezüglich laufen wird und wer das Duell in der Coachingzone gewinnt. "Zizou" dürfte trotz vergangener Zeugnisse, ein kleiner Hitzkopf zu sein, etwas entspannter dieser Partie entgegen blicken, könnte er gleich in seinem ersten Trainerjahr die begehrte Club-Trophäe aus Mailand zurück nach Madrid bringen. Auf der anderen Seite ist Real Madrid auch ein wenig in der Bringeschuld, um die Fans mit der verpatzten Meisterschaft wenigstens einen versöhnlichen Saisonausklang zu ermöglichen. Dieses will und wird der in der Rolle des kleinen Davids steckende Lokalmatador unter allen Umständen vermeiden und versuchen, dieses Mal dem großen Goliath die Suppe zu versalzen. 2014 scheiterte das Vorhaben knapp.
In jedem Fall wird es höchstdramatisch. Und es werden sicherlich und hoffentlich einige glaubwürdige Tränen fließen, derer sich niemand schämen oder nachträglich als Heulsuse beschimpfen lassen müsste. Möge trotzdem bis dahin der routinierteste und
räsionierteste (zumindestens an der Seitenlinie währenddessen) Trainer gewinnen!

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Aufrufe: 028.5.2016, 18:24 Uhr
Romina BurgheimAutor