2024-04-25T14:35:39.956Z

Halle
F: Zobe
F: Zobe

Wer wird Deutscher Meister? Die Ukraine oder Brasilien!

Futsal: Die ausgeschiedene Konkurrenz ist über die Ereignisse bei der DM-Endrunde immer noch sprachlos. Hamburgs Spielertrainer Ali Yasar sagt: "Irgendwann kapitulierst du dann"

Jetzt ist genau das geschehen, was die meisten Futsaler in Deutschland nicht haben wollten. Im Finale um die Deutsche Meisterschaft stehen am 30. April die Mannschaften des VfL 05 Hohenstein-Ernstthal und vom SSV Jahn 1889 Regensburg Futsal. Die Gastgeber aus Sachsen, die im Viertelfinale das MCH Sennestadt ausgeschaltet hatten, sind mittlerweile eine verwässerte ukrainische Nationalmannschaft. Der VfL tritt inzwischen mit zwei 4er-Blocks (plus Torwart) aus Osteuropa an. Die Gäste dagegen rekrutierten in der Mehrheit Brasilianer - sieben bis acht. Darunter mit Lucas Kruel der Freund und Fitnesstrainer des Bayern-Profis Douglas Costa. Überspitzt könnte man fragen: Wer wird Deutscher Meister? Die Ukraine oder Brasilien!

Die Paarung hinterlässt ein "Geschmäckle": Zum einem beim Umgang des Verbandes mit den wahrlich kniffeligen Statuten und ihrer Auslegung, zum anderen beim Umgang des Verbandes mit den Nachfragen und Beschwerden der sich benachteiligt fühlenden Vereine. "Da läuft ganz sicher etwas schief", sagt Ali Yasar, Spielertrainer von DM-Halbfinalist FC Fortis Hamburg. Die Hanseaten verloren im Semifinale mit 3:5 gegen Hohenstein. Sie verzichteten allerdings im Anschluss auf einen Einspruch, weil der DFB bereits im Vorfeld - trotz einer äußerst ausführlichen Recherche vom MCH Sennestadt (FuPa Ostwestfalen berichtete) - die Spielgenehmigung für die Ukrainer erteilt hatte.

"Das ist eigentlich ein No-Go. Es war klar, dass dies nicht hätte geschehen dürfen, aber es ist geschehen", spricht Yasar von "dubiosen Vorgängen". Danach habe es keinen Sinn mehr gemacht, Protest einzulegen. "Irgendwann kapitulierst du dann", sagt Yasar: "Ich weiß nicht, ob das alles so richtig ist. Vor unserem Spiel in Hohenstein sind die Ukrainer eine Stunde vorher dort angekommen. Von denen konnte niemand auch nur ein Wort Deutsch. Und der deutsche Nationaltorwart saß das ganze Spiel über auf der Ersatzbank." Wenn nun Sport 1 die Begegnung live übertrage, sei es sicher keine gute Werbung für den deutschen Futsal. Es bleiben viele Fragen: Ist das fair? Passt das zu den Ethik-Regeln, die sich der DFB selber gibt? Hilft das der Entwicklung des Futsal in Deutschland?

Das Online-Portal "Mister Futsal" hat zu dem Thema zwei bemerkenswerte und ausführliche Artikel geschrieben - mit den Titeln "Nicht-EU-Spieler-Begrenzung bei der Deutschen Futsal-Meisterschaft 2017" sowie "Das Tschernobyl des deutschen Futsals" - und dort die spieltechnischen sowie rechtlichen Dinge beleuchtet. Unter dem Strich stehen auch hier deutlich mehr Fragen, als es Antworten gibt. Die Texte zeigen, dass der Futsal, der in Deutschland noch in seinen Kinderschuhen steckt, in puncto Regelungen, Durchführungsbestimmungen und Spielordnungen noch weit hinter dem großen Bruder, dem Fußball auf dem grünen Rasen, hinterherhinkt. Das Dickicht der Paragrafen erscheint selbst für Juristen und hartgesottene Papiertiger nebulös. "Mister Futsal" schreibt süffisant: "Jedes Ding hat zwei Seiten, mit Jurist drei."

Bei einem Einspruch sowie einer folgenden juristischen Überprüfung blieben zwei Extremszenarien: "Erstens, könnte ein Urteil gegen den Antragsteller (Kläger), somit gegen eine begrenzte Anzahl an Nicht-EU-Spielern und entsprechend gegen die Paragraphen in der DFB-Spielordnung ausfallen. So würde auf sportgerichtlicher Ebene ein neuartiger Präzedenzfall entstehen, welcher sich aufgrund der fehlenden juristischen Abgrenzung des Futsals (fehlende Spiel-, Rechts- und Verfahrensordnung) vom Fußball über dessen Spielordnung bis in den deutschen Fußball auf DFB-Ebene hineintragen würde. Einfach gesagt: die Nicht-EU-Spieler-Begrenzung im DFB-Fußball könnte mit solch einem Urteil bzw. Präzedenzfall auf einmal angefochten werden.

Da dies für den DFB jedoch der Worst Case wäre, kann man, zweitens, von einer Präzedenz des Fußballs ausgehen, d.h. eine vollumfängliche Anwendung der Spiel-, Rechts- und Verfahrensordnung des DFB in Bezug auf die deutsche Futsal-Meisterschaft 2017. In diesem Zuge müsste das Urteil für den Antragsteller sowie für eine begrenzte Anzahl an Nicht-EU-Spieler ausfallen. Damit wäre die DFB-Spielordnung ausschlaggebend und bei der Deutschen Futsal-Meisterschaft 2017 nur 3 Nicht-EU-Ausländer pro Mannschaft zugelassen. Genau genommen müsste man dann sogar weiter differenzieren und die vorgegebene Proportion aus dem DFB-Fußball mit 1/6 des Kaders (3 von 18) auf den DFB-Futsal übertragen, so dass hier lediglich 2 Nicht-EU-Spieler spielberechtigt wären."

Zwischenfazit von "Mister Futsal"

"Unsere Recherche kommt zum Ergebnis, dass die Durchführungsbestimmungen zur Deutschen Futsal-Meisterschaft 2017 keinerlei Begrenzung für Nicht-EU-Spieler aufweisen, die damit verbundenen und den Durchführungsbestimmungen zugrunde liegenden Ordnungen des DFB jedoch schon. Klarheit in dieser Geschichte würde in dieser Spielzeit daher nur ein Einspruch sowie ein damit verbundenes sportgerichtliches Urteil bringen. Zu klären wären also hochinteressante Fragen, die nicht nur alle an der Deutschen Meisterschaft 2017 teilnehmenden Mannschaften, sondern auch die Futsal-Nationalmannschaft sowie den gesamten deutsche Futsal betreffen."

Einen Einspruch hat es ja nun nicht gegeben - aber hoffentlich führt diese Diskussion dazu, dass sich diese Vorgänge nicht mehr wiederholen (können).

Aufrufe: 022.4.2017, 14:00 Uhr
Matthias Foede / FuPaAutor