2024-04-23T13:35:06.289Z

Interview der Woche

Alles kann, nichts muss

Interview: Holm Hebestreit, Trainer des Fußball-Landesligisten TuS Tengern, über Aufstiegsambitionen, Verbesserungspotenziale, Neuzugänge und den Winterball

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Da soll’s hingehen: Holm-Holger Hebestreit übernahm den damals abstiegsgefährdeten TuS Tengern vor vier Jahren und führte ihn in die Spitzengruppe der Fußball-Landesliga. Nach dem Geschmack des 42-jährigen Bad Oeynhauseners dürfte es ruhig noch ein bisschen weiter nach oben gehen.

Muss der TuS Tengern in dieser Saison aufsteigen?
HOLM Hebestreit: Mit dem Motto ’Alles kann, nichts muss’ sind wir bisher sehr gut gefahren. Ich halte es prinzipiell für möglich, mit meiner Mannschaft in andere Bereiche vorzudringen, und mittelfristig wäre es natürlich erstrebenswert, nicht nur den Titel des Torschützenkönigs nach Tengern zu holen, sondern auch mal einen anderen. Ich habe den Jungs davon erzählt, wie es in der Westfalenliga aussieht, robustere Gegner, höheres Spieltempo, tolle Sportanlagen etc.. Tengern gehört mittlerweile zum Inventar der Landesliga. Es hat noch nie ein Lübbecker Fußballverein höher gespielt, warum also nicht den nächsten Schritt planen? Wenn es schon jetzt klappt, wäre es super, doch unter Druck sehe ich uns nicht.
Nach der Analyse der Hinrunde – welche Erkenntnisse nehmen Sie mit in den anstehenden zweiten Saisonteil?
Hebestreit: In der vergangenen Saison sind wir Vierter geworden und haben als Ziel ausgegeben, uns zu verbessern, also unter die ersten drei zu kommen. Das haben wir im Moment als Fünfter nicht erreicht. Dafür gibt es verschiedene Faktoren, zum Beispiel die Ausfälle am Ende der Hinrunde, als uns Alexander Knicker, unser Torschützenkönig, und einige weitere Spieler weggebrochen sind. Dadurch hatten wir weniger personelle Möglichkeiten, was sich in der Landesliga sofort bemerkbar macht. Außerdem haben wir sieben Mal unentschieden gespielt, das sind zu viele ausgelassene Punkte, wenn man ganz oben dabei sein will. Auch unsere Auswärtsbilanz gilt es zu verbessern. Das muss ein Ansatz für die Rückrunde sein. Doch wir sind ja nicht weit weg von der Spitze und können viel Positives mitnehmen. Wir haben die ersten zehn Spiele nicht verloren, saisonübergreifend waren es sogar 16.
In der Winterpause hat der TuS Tengern mit Calvin König, Gregor Ramöller und Schindar Mohammad drei neue Spieler geholt. Die verletzten Spieler kommen zurück. Der Eindruck ist, dass es verdammt schwer wird, einen Platz in der Startelf beziehungsweise unter den ersten 15 zu bekommen.
Hebestreit: Das ist eindeutig so. Sowohl qualitativ als auch quantitativ haben wir derzeit wirklich große Auswahl. Zurzeit sind es 19 Feldspieler, von denen Stefan Teinert, Benjamin Bley und Max Rahmöller noch Rückstand haben. Wir können jetzt entscheiden: Brauche ich den technisch besseren oder zweikampfstärkeren Innenverteidiger, nehmen wir den spielenden oder abräumenden Sechser und so weiter. Dank des größeren Kaders können wir besser reagieren, sowohl auf den Gegner als auch auf die eintretende Spielsituation.
Sie gelten als akribisch arbeitender Trainer, der sich quasi rund um die Uhr mit dem TuS Tengern beschäftigt. Wie laden Sie ihren Speicher wieder auf?
Hebestreit: Ich habe eine Frau und einen vorrangigen Job, rund um die Uhr bin ich also nicht mit Fußball und Tengern beschäftigt (lacht). Aber es ist natürlich richtig, dass ich mir viele Gedanken mache, wie wir die Mannschaft und die Infrastruktur des Vereins verbessern können. Es ist kein Geheimnis, dass ich gerade mit Letzterem nicht zufrieden war und mir deshalb einige Zeit genommen habe, bevor ich meine Zusage für die nächste Saison gab. Aktuell sind es neue Trainerbänke, die angeschafft wurden. So wollen wir auf einen guten Landesligastandard kommen.
Der Trainer steht in vorderster Front und in der Öffentlichkeit. Wer hilft Ihnen, bei wem holen Sie sich Rat?
Hebestreit: Mir ist wichtig, von verschiedenen Seiten Input und Reflexion zu bekommen. Ich fördere meine Spieler, indem ich sie kritisiere, nur das bringt dich weiter. Das Gleiche gilt für mich als Trainer, denn ich mache ja auch nicht alles richtig. Der Austausch ist enorm wichtig, deshalb bezeichne ich ja auch Christian Meyer als meinen wichtigsten Neuzugang.
Das müssen Sie erklären...
HEBESTREIT: Mit einigen Bereichen im Verein und rund um die Mannschaft war ich nicht zufrieden. Nun haben wir mit Christian Meyer einen sportlichen Leiter bekommen, der diesen Bereich enorm angestoßen, schon jetzt einiges bewirkt hat und andererseits ganz nah bei der Mannschaft ist. Klappi bringt hohen Fußballsachverstand mit und ist exzellent vernetzt. Er hilft mir und der Mannschaft enorm. Gleiches gilt übrigens für meinen Co-Trainer Bastian Bartelheimer, auf den ich mich ebenfalls zu 100 Prozent verlassen kann.
Zur kommenden Saison wechselt mit Watschagan Harutjunjan ein absoluter Leistungsträger vom FC Preußen Espelkamp zum TuS Tengern. Wird der TuS Tengern dadurch noch einmal anders im Fußballkreis Lübbecke wahrgenommen?
Hebestreit: Er ist unbestritten einer der besten Stürmer im Kreis. An ihm gefällt mir, dass er Fußball lebt und ein unheimlich leidenschaftlicher Kicker ist. Außerdem ist er variabel und kann verschiedene Positionen spielen. Das alles macht ihn für uns interessant. Dass der beste Spieler zum stärksten Verein des Fußballkreises wechselt, finde ich nicht außergewöhnlich, sondern nur logisch.
Wie hoch ist die Identifikation mit der ersten Mannschaft innerhalb des Vereins?
HEBESTREIT: Wir haben drei Seniorenmannschaften im Verein, die sich gegenseitig unterstützen. Das klappt, auch mit der A-Jugend und Trainer Lukas Dorn, sehr gut. Darüber hinaus hofft man natürlich, dass möglichst viele Zuschauer am Platz sind, wenn wir spielen. Für Freude und Identifikation sorgen ja auch andere Dinge, wie der Winterball in Tengern. Da jedenfalls sind sich einige sehr nah gekommen (lacht).

Aufrufe: 020.2.2016, 16:30 Uhr
Andreas Gerth/Foto: Hendrik MartinschleddeAutor