2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Kampf um jeden Zentimeter Rasen: Thilo Krämer und die TuS Koblenz verdienen sich mit viel Einsatz gegen Christopher Kramer (vorne) und den TSV Steinbach Haiger einen Punkt. 	Foto: Nick Fingerhut
Kampf um jeden Zentimeter Rasen: Thilo Krämer und die TuS Koblenz verdienen sich mit viel Einsatz gegen Christopher Kramer (vorne) und den TSV Steinbach Haiger einen Punkt. Foto: Nick Fingerhut

Erfolgsformel abhanden gekommen

RL SÜDWEST: +++ TSV Steinbach Haiger muss sich gegen den Tabellenletzten TuS Koblenz mit einem Punkt begnügen +++

Haiger. Dennis Wegner ist gerade einmal zehn Sekunden auf dem Platz, da fasst sich der lange verletzte Mittelfeldakteur des TSV Steinbach Haiger ein Herz und packt aus gut 25 Metern den Hammer aus. Sein Strich passt millimetergenau in den Winkel des Koblenzer Kastens. Doch in letzter Sekunde fährt Hrvoje Vincek seine Pranken aus und fischt den Schuss noch aus dem Winkel. Es wäre die Story des Spiels gewesen. Wegner, seit drei Jahren in Diensten des Fußball-Regionalligisten, sichert dem TSV bei seinem Comeback den Sieg, drei Punkte und damit die Gewissheit, weiter im Nacken von Spitzenreiter 1. FC Saarbrücken zu sitzen. Doch Vinceks Glanztat verhindert das Fußball-Märchen. Stattdessen prangt nach 90 Minuten auf der Anzeigetafel des Haigerer Haarwasens ein 1:1-Endstand gegen das nach wie vor sieglose Schlusslicht TuS Rot-Weiß Koblenz, und damit wiederum die Gewissheit, den Tabellenführer aus der saarländischen Hauptstadt auf nunmehr sieben Punkte davonziehen lassen zu müssen. „Für unseren Anspruch ist ein Punkt gegen so einen Gegner natürlich zu wenig. Jetzt müssen wir schauen, dass wir gegen Frankfurt einen Dreier holen und die Aufholjagd wieder ankurbeln“, blickte Wegner bereits kurz nach Abpfiff wieder nach vorne.

TSV-Trainer Adrian Alipour haderte mit der verdienten Punkteteilung. „Wir haben es meiner Meinung nach völlig versäumt, früh zu attackieren und hatten nicht den Willen, jeden Zweikampf gewinnen zu wollen. Wir wollten, dass der Haarwasen brennt, das war aber nicht der Fall“, legte Alipour den Finger in die Wunde, und das mit dem Temperament und Feuer in Stimme und Körpersprache, die sein Team im Spiel vor 1238 Zuschauern zuvor deutlich vermissen ließen.

In der Tat wirkte Steinbach von der ersten Minute an gehemmt. Das gewohnt frühe Pressing und hohe Tempo, in den letzten Wochen die Markenzeichen des Steinbacher Erfolges, fehlten völlig. Stattdessen waren es die Koblenzer, die, angetrieben von ihrem neuen Trainer Manuel Moral Fuster, der in den gesamten 90 Minuten nicht einmal saß und an der Seitenlinie einige Kilometer abgespult haben dürfte, mit viel Vehemenz den TSV-Akteuren auf den Füßen standen. Mit klaren und lautstarken Ansagen auf dem Platz dirigierten sich die Koblenzer Spieler, hielten ihre Fünferkette somit kompakt und machten die Räume eng.

Der TSV dagegen spielte zu kompliziert, legte immer wieder quer oder zurück und fand dadurch keine Lücke in der TuS-Defensive. Ein „ völlig katastrophaler Bock“ (Alipour) führte dann zum frühen Steinbacher Schock. Sören Eismann spielte im Mittelfeld den von zwei Mann bewachten Nebenmann Johannes Bender an, der prompt den Ball an den Koblenzer Justin Klein verlor – dann ging es schnell beim Schlusslicht. Über zwei Stationen landete der Ball wieder bei Klein, der unbedrängt zum 1:0 einschob (16.). Statt jetzt einen Gang hochzuschalten, ließ es Steinbach weiter gemächlich angehen. Erst in Minute 23 vergab Sascha Marquet im Zen-trum die erste TSV-Chance.

Bezeichnend für die fehlende Dynamik im Steinbacher Spiel: Drei Minuten nach der ersten Gelegenheit riss der ballführende Sasa Strujic auf Höhe der Mittellinie die Arme nach oben und beschwert sich lautstark, weil er einfach keine Anspielstation fand. Nachdem der Koblenzer Innenverteidiger Marcus Fritsch einen Schuss von Marquet noch von der Linie kratzte, fiel schließlich doch noch der Ausgleich. Der beste Mann auf Steinbacher Seite, Sascha Wenninger, bediente mit seiner präzisen Flanke Christopher Kramer im Zentrum mustergültig, und der ansonsten weitgehend abgetauchte Stürmer netzte zum Ausgleich ein (40.). Kurz darauf köpfte Kapitän Benjamin Kirchhoff die Kugel am TuS-Kasten vorbei. „Es war ein schwerer Gegner, das wussten wir von vorneherein. Koblenz stand tief, wir haben die Chancen, die wir hatten, aber nicht genutzt und hätten noch mehr Möglichkeiten kreieren müssen“, brachte es Wenninger auf den Punkt.

In der Pause fand Alipour bereits deutliche Worte: „Ich habe den Jungs ganz klar gesagt, spielt maximal zwei Kontakte, reißt Lücken, geht mehr Eins-gegen-eins und mehr Risiko.“ Es blieb aber ein behäbiger Steinbacher Auftritt, gegen einen Gegner, der mit dem Remis beim Spitzenteam gut leben konnte, sich nun richtig hinten einigelte und dennoch durch zwei Konter über Eduardo Mateus (64.) und den eingewechselten Stürmer Sven König (67.) sogar hätte gewinnen können.

Zahme Steinbacher wachen zu spät auf

Erst in den letzten 25 Minuten, vor allem mit der Einwechslung von Jannik Mause, agierte der TSV etwas agiler. Doch sowohl Sören Eismanns Nachschuss (68.) als auch Manuel Hoffmanns Schlenzer (89.) landete über dem Koblenzer Kasten. So blieb Wegners Hammer die dickste TSV-Chance. „Natürlich stellt man sich ein Comeback erfolgreicher vor, aber Fußball ist leider kein Wunschkonzert. Ich wäre lieber mit drei Punkten vom Platz gegangen und hätte dafür keinen Einsatz gehabt“, so Wegner zu seiner Rückkehr auf den Platz. Und Trainer Alipour nahm abschließend die gesamte Mannschaft in die Pflicht. „Wir müssen dieses Spiel jetzt brutal intensiv analysieren. Der Punkt für Koblenz ist absolut verdient. Sie haben es richtig gut gemacht, wir haben es richtig schlecht gemacht.“



Aufrufe: 020.10.2019, 18:45 Uhr
Tim Georg (Dill-Post / Dill Zeitung)Autor