2024-04-22T13:47:39.148Z

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Der Georgier Lado Gelashvilli ging vier Jahre für die TuS Mechernich auf Torejagd. - Foto: Steinicke
Der Georgier Lado Gelashvilli ging vier Jahre für die TuS Mechernich auf Torejagd. - Foto: Steinicke

Für vier Jahre eine Heimat in Mechernich gefunden

Weil Lado Gelashvilli aus einem sicheren Herkunftsland nach Deutschland gekommen ist, droht ihm Ende des Monats die Ausreise

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Mechernich. Er sitzt wie ein kleines Häufchen Elend auf den Stufen des Mechernicher Eifelstadions – alleine. Eigentlich ist Lado Gelashvilli alles andere als eingeschüchtert und gedankenverloren. Der 1,86 Meter große und kräftige Mann hat oft ein Lächeln im Gesicht und ist mittendrin statt nur dabei. Doch das Lächeln fällt dem 30-jährigen Georgier zuletzt immer schwerer. Seine Gedanken kreisen eigentlich nur noch um 26. Juni. An diesem Tag muss der Georgier mit seiner Frau Lana und den beiden Kindern Deutschland verlassen.

Der Grund: Die Gelashvillis kommen aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland. Gemeinsam machte sich das Paar vor etwa vier Jahren aus Tiflis auf den Weg über Amsterdam nach Deutschland. Über Bielefeld kamen die Gelashvillis nach Mechernich. Dort wurden die beiden Jungs (ein und drei Jahre alt) geboren. Das Training am Freitag bei der ersten Mannschaft könnte das letzte für den Fußballer der TuS Mechernich gewesen sein. Das Spiel der TuS-Reserve bei der SG Oleftal war wohl sein Abschiedsspiel – gekrönt mit einem Tor.

„Das wäre menschlich und sportlich ein unheimlich großer Verlust für den Verein“, sagt der Leiter der Fußballabteilung der TuS, Harald Hohmeier. Er könne nicht nachvollziehen, warum ein junger Mann, der nach so kurzer Zeit bestens integriert sei, fleißig die deutsche Sprache gelernt habe und bereits jetzt mit dem Herzen Mechernicher sei, das Land verlassen müsse. „Er hat sich in den vier Jahren immer als Erster gemeldet, wenn Hilfe benötigt wurde. Er ist so ein lieber Kerl“, fügt Hohmeier hinzu.

Gelashvilli sei in seinen Augen der typische Härtefall. Hier müsse der Kreis doch etwas machen können. Tatsächlich gibt es eine Härtefallkommission, doch die sitzt nicht im Kreishaus am Jülicher Ring, sondern in Düsseldorf und ist unter anderem mit Vertretern der Kirchen, der Ärzteschaft, der Freien Wohlfahrtsverbände, des Ministeriums und der Ausländerbehörde besetzt. „Wenn auch diese letzte Instanz keine ausreichende Grundlage für die Gewährung eines Aufenthaltsrechts sieht, dann ist der Antragsteller ausreisepflichtig.

Die Kreisverwaltung ist dann für die Durchsetzung dieses Fremdbescheids zuständig“, erläutert der Pressesprecher des Kreises, Wolfgang Andres. „Wir entscheiden nie über einen Asylantrag und haben auch keinen Handlungsspielraum, um eine besondere persönliche Situation zu berücksichtigen.“ Worte, die auf Gelashvilli wirken müssen, wie ein verschossener Elfmeter in einem Champions-League-Finale. „Das ist Mist“, sagt der 30-Jährige, der nach eigener Auskunft gerne in Mechernich gearbeitet hätte, die Agentur für Arbeit habe ihm das aber mit Hinweis auf seinen Status verwehrt. „Ich hatte sogar konkrete Angebote“, so Gelashvilli.

Er habe vor etwa vier Jahren mit seiner Frau alles aufgegeben, das letzte Geld zusammengekratzt und davon zwei Flugtickets gekauft. Endstation Sehnsucht in Mechernich. „Ich fühle mich hier zu Hause, ich würde so gerne arbeiten und meiner Familie eine Zukunft bieten“, sagt er.

Sein dreijähriger Sohn gehe, so der 30-Jährige, sehr gerne in den Mechernicher Kindergarten. Für seine Frau sei der Ausreiseantrag des Kreises ebenfalls ein großer Schock gewesen. Die Kinder seien zu klein, um zu verstehen, was Vater und Mutter aktuell so belaste, sagt der Fußballer, der in Tiflis in der ersten Liga auf Torejagd gegangen ist.

„Wir werden weiter alles versuchen, dass er doch bleiben kann“, sagt TuS-Sprecher Rocco Bartsch. Im Verein sei man sich im Klaren darüber, dass die Situation zwar fast aussichtslos sei, aber Wunder gebe es immer wieder – das habe man auch beim Fußball gelernt. Auf ein Wunder hofft auch der Kapitän der zweiten Mannschaft, Ali Alayan: „Lado ist wie ein Bruder für mich geworden. Es wäre menschlich eine Katastrophe, wenn er wirklich ausreisen muss.“

Alayan ist 1989 mit seiner Familie aus dem Libanon nach Deutschland gekommen und längst integriert und mit ganzem Herzen Deutscher: „Die Geschichte von Lado erinnert mich an meine. Ich würde es ihm so sehr wünschen, dass er hier bleiben darf.“ Der Verein werde sicherlich Geld sammeln, wenn der Stürmer in sein Heimatland zurück müsse. „Er hat dort aber doch nichts mehr. Damit wird er leider nicht weit kommen“, fürchtet Alayan.

Wie Andres mitteilt, halten sich aktuell etwa 350 Personen im Kreis auf, die nach abgelehntem Asylantrag vollziehbar ausreisepflichtig sind. „In allen Fällen erfolgt eine ausführliche Beratung über die Unterstützungsmöglichkeiten und tatsächliche Realisierung der Ausreise. Bei Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise wird den Betroffenen durch die Ausländerbehörde im Rahmen der Möglichkeiten eine angemessene Nachfrist eingeräumt, damit sie ihre persönlichen Angelegenheiten noch regeln können“, so Andres.

Aufrufe: 06.6.2018, 20:30 Uhr
KSTA-KR/Tom SteinickeAutor