2024-03-27T14:08:28.225Z

Interview
Ob Oberliga oder Bezirksliga, das sei Ali Cakici weitestgehend egal. Im FuPa-Interview der Woche sagt er zum unterschiedlichen Niveau der Klassen: "Die Spieler sind überall gut, man muss ihnen nur die richtigen Reize setzen." Foto: FuPa
Ob Oberliga oder Bezirksliga, das sei Ali Cakici weitestgehend egal. Im FuPa-Interview der Woche sagt er zum unterschiedlichen Niveau der Klassen: "Die Spieler sind überall gut, man muss ihnen nur die richtigen Reize setzen." Foto: FuPa

"Da ist etwas Hervorragendes entstanden"

Ali Cakici im Interview der Woche zur meisterhaften Hinrunde der TuS Marienborn, talentierten A-Jugendlichen und dem mit Spannung erwarteten Duell gegen seinen ehemaligen Klub TSV Schott Mainz.

Mainz. Drei Jahre war er Trainer beim TSV Schott Mainz, führte das Team als Verbandsligameister in die Oberliga und ins Endspiel des Verbandspokals. Nachdem sein Vertrag beim Glaswerk-Klub ausgelaufen war und er vorzeitig beurlaubt wurde, fand Ali Cakici zur laufenden Saison bei der TuS Marienborn in der Bezirksliga sein Glück. Mit zwölf Siegen aus 14 Spielen thront der Landesliga-Absteiger ungeschlagen an der Tabellenspitze. Nun kommt es im Duell mit der zweiten Mannschaft des TSV zum Wiedersehen mit dem alten Arbeitgeber. Im Interview der Woche blickt der 49-Jährige auf seinen früheren Klub, die Stärken seines aktuellen Teams und sein besonderes Verhältnis zur Stadt Mainz.

Ali, 70 Tore geschossen, acht Punkte Vorsprung und die Hinrunde ist noch nicht einmal vorüber – wird das nicht langsam langweilig?

Auf keinen Fall (lacht). Ich bin ein erfahrener Trainer und weiß, dass man nach einer halben Strecke noch nicht einmal einen Blumentopf gewonnen hat. Aber wir haben in der Vorrunde gezeigt, dass wir etwas erreichen können. Meine Aufgabe ist Entwicklung, und der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Aber es ist eine entspannte, angenehme Aufgabe. Die Mannschaft spielt einen guten Fußball, ist überlegen. Wenn wir das beibehalten, haben wir gute Aussichten, erfolgreich zu sein.

Was ist es, das eure Mannschaft im Moment so stark macht?

Nicht im Moment, von Anfang an. Es war für die Mannschaft überraschend, als ich kam. Ich denke, das war ein gutes Signal, dass jemand mit höherklassiger Erfahrung da ist, das hat den Jungs gezeigt, dass der Verein etwas erreichen möchte. Ich denke, das Kurzpassspiel, das schnelle Spiel in die Spitze, das Technische, das ich einbringe, tut ihnen gut. Die Spieler haben gemerkt, dass man schnell etwas verändern kann. Meine Freude ist, dass die Mannschaft sehr gern daran arbeitet, fleißig und homogen ist, sehr gut miteinander umgeht und eine klasse Kameradschaft hat.

Ihr seid größtenteils zusammengeblieben, die „Neuzugänge“ stammen aus der eigenen Jugend. Ein Modell, das kommendes Jahr auch in der Landesliga tragen könnte?

Wenn es so funktioniert, mit einer gewissen Qualität, auf jeden Fall. Aber die Qualität muss da sein. Unsere A-Jugendlichen haben sich sehr gut entwickelt, aber man darf das nicht auf Teufel komm raus durchziehen. Wenn einmal keine so talentierten A-Jugendlichen nachkommen, muss man sich auch anders orientieren. Wichtig ist immer, die Augen offen zu halten. Aber die Philosophie des Vereins ist eine sehr gute Grundlage, um zu arbeiten.

Guido Ritz, Dein Vorgänger, ist unfreiwillig aus dem Amt geschieden. Seine beiden Söhne Marco und Dennis spielen noch bei euch. Eine Konstellation, die auch problematisch hätte sein können.

Man kann dem Guido gar nicht genug dafür danken, zwei solche Jungs in die Welt gesetzt zu haben. Fußballerisch sind sie, beide auf sehr unterschiedliche Weise, unglaublich, das müssen gute Gene sein. Zum Guido habe ich ein hervorragendes Verhältnis, und mit den Jungs hat es sofort gut geklappt. Es ist alles ganz entspannt.

Für Dich selbst muss es eine erhebliche Umstellung gewesen sein, statt gegen Borussia Neunkirchen und die TuS Koblenz nun in Schornsheim und Gundheim aufzulaufen. Wie groß ist der Sprung von der Ober- in die Bezirksliga?

Diese Eitelkeit, mich an so etwas zu messen, habe ich noch nie besessen. Die Spieler sind überall gut, man muss ihnen nur die richtigen Reize setzen. Aber klar, in der Oberliga ist viermal die Woche Training, da achten die Spieler anders auf sich, setzen andere Prioritäten. Aber unsere Jungs sind auch in dieser Hinsicht hervorragend, und im Training, vom Inhaltlichen und vom Spaßfaktor her, sehe ich da kaum einen Unterschied. Ich sage immer, dass viele kleine Weltmeister sich in jeder Liga finden. Man muss ihnen nur die entsprechenden Anreize geben. Deswegen habe ich meine große Freude an dieser Aufgabe.

Wie viel von Deinen Arbeitsprinzipien, die ja in der Oberliga lange Zeit gut gegriffen haben, kannst Du mit in die Bezirksliga nehmen?

Bei mir wurde im Training immer Fußball gespielt. Daher ist die Art und Weise, wie ich beim TSV trainiert habe, hier inhaltlich auch möglich. Ich habe sehr viele technisch gute Spieler, die das annehmen. Und es ist eine intelligente Mannschaft, die das alles umsetzen kann. Der Unterschied kommt erst, wenn du Samstag oder Sonntag in der Liga antrittst. Da war in der Oberliga auch das Vergnügen am Gegner da, einen Top-Stürmer oder Top-Torhüter zu sehen und sich mit ihm zu messen. Das ist hier eher auf die Spitzenmannschaften beschränkt.

Jetzt geht es gegen die zweite Mannschaft des TSV Schott Mainz, es kommt also zum ersten sportlichen Wiedersehen mit dem Verein, der Dich im Frühjahr beurlaubt hat. Schwingt auch ein bisschen Stolz mit, wenn Du siehst, wie erfolgreich Dein altes Team in der Oberliga derzeit agiert?

Ja, natürlich! Manchmal schaut man ja nicht nur auf den, der die Brücke zuende gebaut hat, sondern auch auf den, der mit dem Bau begonnen hat. Sascha Meeth (aktueller TSV-Trainer, d.Red.) ist ein überragender Trainer, das hat er fachlich und in der Zwischenmenschlichkeit schon in der Jugend bewiesen. Er weiß, welche Hebel er betätigen muss, das macht ihn aus. Aber es muss ja auch etwas da gewesen sein, das er mit seinen neuen Ideen verbunden hat. So ist etwas Hervorragendes entstanden. Die Arbeit des Trainerteams, das er zusammengehalten hat, kann man gar nicht hoch genug schätzen.

Wie ist die Gefühlslage vor der Rückkehr auf das Otto-Schott-Sportgelände?

Null. Ich bin in meiner Liga, habe andere Verantwortungen im Kopf. Für mich ist es wichtig, meine ganze Energie in jeden Spieltag reinzuhauen. Aber Patrick Bieger (Trainer von Schott II, A.d.Red.) ist ein Freund von mir, jemand, mit dem ich ganz eng zusammengearbeitet habe. Genauso wie mit vielen Spielern. Es ist schon eine besondere Freude aufs Spiel da.

Was denkst Du, wo steht Dein Team in zwölf Monaten?

Das habe ich immer gern vermieden, denn es kam immer anders, als ich gedacht habe. Wenn man Erwartungen hat, kommt auch schnell die Enttäuschung. Ich werde bis zum Ende Erster bleiben mit der Mannschaft, wenn ich immer von Woche zu Woche denke und meine Arbeit mache. Aber mit dieser Mannschaft wieder aufzusteigen, wäre eine riesengroße Freude, ganz klar.

Wie sieht Deine persönliche, mittelfristige Lebensplanung aus?

Ich arbeite an der IGS Bretzenheim mit. Mit dem Verein werde ich mich im Winter unterhalten. Ich fühle mich wohl im Moment, von meiner Wohnung in Bretzenheim aus sind die Wege kurz. Es ist ein Top-Verein, mit dem ich etwas erreichen kann. Es ist ein guter Weg, den ich gerade gehe, der mich sportlich und zwischenmenschlich erfüllt. Aber ich muss mich auch hauptberuflich orientieren, klar. Die pädagogische Schiene gefällt mir sehr gut. Im Fußball ist es ja eine wichtige Aufgabe, einen Spieler zu scouten und seine Talente zu fördern. Einen Mensch zu scouten, ist ebenfalls etwas Feines. Ihn mit Lebenserfahrung zu bereichern und ihm Tipps zu geben, die ihm den Weg erleichtern, das ist etwas, das mir gefällt.

In Mainz?

Ja, das hat Priorität für mich.

Du bist ja viel herum gekommen – warum ist es nun unbedingt doch wieder Mainz, Deine Heimatstadt?

Es ist meine Liebe zur Stadt. Ich hatte vor dreieinhalb Jahren eine schwierige Phase, mit der Trennung von meiner Frau. Da hat die Stadt mich hervorragend aufgenommen. Wir leben nun in Scheidung, aber das Verhältnis ist sehr gut. Und in dieser Stadt fühle ich mich sehr sehr wohl.

Aufrufe: 010.11.2016, 17:00 Uhr
Torben SchröderAutor