2024-03-28T15:56:44.387Z

Interview
So erfolgreich war noch keiner: Gediminas Sugzda führte den TuS Holzkirchen in die Bayernliga. Thomas Plettenberg
So erfolgreich war noch keiner: Gediminas Sugzda führte den TuS Holzkirchen in die Bayernliga. Thomas Plettenberg

Sugzda-Abschied: „Es bleiben für immer meine Spieler“

Interview zum Abschied von TuS Holzkirchens Trainer

Gediminas Sugzda ist der bislang erfolgreichste Trainer der Holzkirchner Fußballer. Der 49-Jährige aus Litauen führte den TuS im vergangenen Jahr in die Bayernliga. Nun blickt Sugzda auf seine Zeit in Holzkirchen zurück und verrät, warum er immer so grimmig schaut.

Holzkirchen – Nach dreieinhalb Jahren unter Strom hat Gediminas Sugzda nun zum ersten Mal richtig frei. Gedanken über die neue Saison muss sich der ehemalige Trainer der Ersten Mannschaft des TuS Holzkirchen nicht mehr machen. Kurz vor seiner Abreise in den Urlaub, spricht der 49-jährige Fußballlehrer über die Hintergründe der Trennung, Angebote anderer Vereine und den Charme der Haidstraße.

-Herr Sugzda, Sie haben eine turbulente, aber sehr erfolgreiche Zeit als Coach des TuS Holzkirchen hinter sich. Wie steht es um Ihr Gefühlsleben?

Gediminas Sugzda: In erster Linie bin ich entspannt. Natürlich ist immer auch Wehmut dabei, weil du – wie in einer Familie – in sehr engem Kontakt zu allen Beteiligten stehst. Aber jetzt macht sich Lockerheit breit. Alle Ziele wurden erreicht, da kann man, denke ich, zufrieden sein und die fußballfreie Zeit genießen. Denn, um ehrlich zu sein: Diese Jahre waren schon anstrengend. Es ging in jeder Saison um was. Auch in den Urlaubstagen, an denen man mit vielen Spielern und Beratern telefonieren muss – was vielleicht nicht meine Stärke ist –, ist man rund um die Uhr eingespannt.

-Dementsprechend gelöst haben Sie am letzten Spieltag gegen den TSV 1860 München II gewirkt – das war man so von Ihnen nicht gewohnt.

Sugzda: Ja das stimmt. Ich habe dieses Loslassen sehr genossen, wobei ich das Spiel logischerweise gewinnen wollte. Ich bin der Meinung dass, wenn du nur locker bist, vieles übersehen wirst, und du nicht mehr so gut als Trainer sein kannst. Hinzu kommt natürlich meine grimmige Physiognomie. Aber ich bin nicht böse, sondern nur extrem konzentriert (lacht).

-Der Gedanke daran, nichts zu übersehen, hat Sie also angetrieben?

Sugzda: Ja klar. Du überlegst, welchen Spieler du draußen lassen musst, oder welche Dinge du noch ansprechen musst – sei es taktisch oder motivationsbegründet. Da arbeitet der Kopf, und das nimmt dich ein. Ich konnte da nie komplett abschalten, auch wenn es eigentlich noch andere Dinge im Leben gibt.

-Sie standen ständig unter Druck: Sie haben die Mannschaft in einer schweren Phase erst einmal bis zur Winterpause übernommen, dann bis Saisonende verlängert. Anschließend ging es ja bereits um den Aufstieg.

Sugzda: Also im ersten Jahr hatte ich eigentlich nichts zu verlieren. Wir hatten nur neun Punkte, aber das Team war nicht schlecht, sondern nur durch diverse Sachen wie die Urlaubsproblematik verunsichert. Ich habe versucht, die Mannschaft vor allem in Sachen Psychologie aufzufangen, sie stark zu machen. Das ist uns mit Platz sieben sehr gut gelungen. In der Saison darauf wollte ich meine Spielidee voranbringen. Für eine bessere Platzierung reichte es aber nicht, da der Zusammenhalt nicht optimal war und das Mannschaftsgefüge nicht gepasst hat.

-Danach hat es aber auf beeindruckende Weise geklappt.

Sugzda: Vor der Aufstiegssaison haben wir erstmals viele Spieler verloren – wo bei manchen Beteiligten die Alarmglocken schrillten. Letztendlich haben wir Glück mit den Neuzugängen gehabt – mit Spielertypen wie Marco Höferth wurde der Aufstieg erst möglich. Du brauchst Spieler wie Marco, die auch mal gegen den Strom schwimmen und knallhart für den Erfolg kämpfen.

-Zurück zu dieser Saison: Woher kam die Überzeugung, die Zusammenarbeit nun zu beenden?

Sugzda: Es kam so ein bisschen von beiden Seiten. Ich habe bereits in der Winterpause überlegt, ob ich eine Pause brauche. In der Wintervorbereitung und im Trainingslager habe ich gespürt, dass irgendetwas nicht mehr zu 100 Prozent passt. So haben ich und Adrian (Saft, Abteilungsleiter, Anmerk. d. Red.) dies dann abgesprochen, und ich bin mit allen Spielern und Verantwortlichen absolut im Reinen.

-Was werden Sie besonders vermissen?

Menschlich und sportlich ein Top-Kollege: So beschreibt Gediminas Sugzda seinen Co-Trainer Donato Longo (r.)Sugzda: Vor allem das familiäre Umfeld und die Zusammenarbeit mit Adrian, dem Trainerteam und der Mannschaft. Am meisten werde ich Donato Longo (Co-Trainer, Anmerk. d. Red.) vermissen. Donato ist menschlich und sportlich ein Top-Kollege. Auch die Aktionen auf dem Platz, wenn meine Jungs Gas gegeben haben. Ich werde vielleicht nie wieder so eine gute Truppe haben. Schöne Trainingslager-Geschichten bleiben natürlich in Erinnerung. Und auch die ganzen Einheiten bei minus 16 Grad oder plus 30 Grad – einfach die ganze Familie.

-Nun übernimmt Ihr Ex-Spieler und Co-Trainer Sebastian Pummer. Gehen Sie davon aus, dass er Sie um Rat bittet? Wenn ja, sind Sie verfügbar?

Sugzda: Natürlich. Es sind und bleiben für immer meine Spieler, und sie können jederzeit um Rat fragen. Sie haben mich in all den Jahren nie wirklich enttäuscht. Das war überragend, und ich bin dafür ewig dankbar.

-Um einen Blick in die Zukunft zu wagen: Wie steht es Ihrer Meinung nach um den Herrenbereich des TuS? Wird es noch mal schwieriger, die Bayernliga zu halten?

Sugzda: Wenn die Strukturen so bleiben, wird es für Holzkirchen immer schwierig sein, die Klasse zu halten. Aber die Chancen sind nicht schlechter, als sie in dieser Saison waren. Wenn alles passt, der Start gelingt, und das Team zusammenhält, ist alles möglich.

-Möglich sind offensichtlich keine steigenden Zuschauerzahlen, wenn man so ein Spiel wie gegen 1860 ausklammert. Welche Gründe sehen Sie hierfür?

Sugzda: Das ist für mich eindeutig: Rund um München gibt es so viele Teams, die alle wenig Zuschauer haben. Pullach spielt Jahr für Jahr eine überragende Runde, und die haben gerade einmal 100 Zuschauer. Bei uns war da im Vergleich noch alles okay. Mehr werden es dann in Regionen, die weiter weg von München sind, wie zum Beispiel Traunstein. Man kann natürlich Marketing-Experimente wagen, aber diejenigen, die sowieso nicht Fußball anschauen, kann man, glaube ich, auch nicht dazu bewegen.

-Sind für Sie die Platzbedingungen und die damit verbundene Schwierigkeit, attraktiven Fußball zu spielen, kein Argument?

Sugzda: Also ich glaube, dass in Holzkirchen alles dafür getan wird, den Platz in Ordnung zu halten. Besser als Manni Hantl (Platzwart, Anmerk. d. Red.) kann man es nicht machen. Aber ich finde es auch gar nicht so schlecht, sich ein wenig damit zu identifizieren, diese alte Tribüne zu haben und diesen schwer bespielbaren Rasen. Ändern kann man es derzeit ja nicht. Außerdem war der Fußball größtenteils nicht so unattraktiv.

-Denken Sie, dass in naher Zukunft auch einmal wieder ein Jugendspieler das Spiel des TuS prägen kann? Übrig geblieben sind ja als Konstanten nur noch Beni Zeisel und Benedict Gulielmo.

Sugzda: Ich halte es für möglich. Das Wichtigste in der Jugendarbeit ist Kontinuität – man darf kein Jahr nachlassen. Es gibt einige sehr talentierte Spieler, die man langsam aber konsequent heranführen muss. Wobei sich darum jetzt andere kümmern müssen (lacht).

-Haben Sie schon Pläne für Ihre nahe Zukunft?

Sugzda: Ich mache jetzt erst mal Urlaub. Danach möchte ich meine Jugendprojekte intensivieren und weitermachen. Mein Hauptanliegen bleibt die Münchner Fußballschule, und trotzdem werde ich auch bei Profi-Mannschaften hospitieren und mir ansehen, wie dort im Jugendbereich gearbeitet wird. Außerdem werde ich mein soziales Projekt in Litauen – bei meinem allerersten Verein – vorantreiben. Dort mache ich immer wieder Trainerfortbildungen, und wir arbeiten an den Strukturen und der Trainingsmethodik.

-Der Herrenbereich reizt Sie also derzeit nicht?

Sugzda: Nein, bis zum Winter nicht. Ich stürze mich jetzt nicht gleich in das nächste Abenteuer, auch wenn es Angebote gab und gibt. Es muss etwas Passendes kommen. Aber das kommt nicht, wenn ich mich nicht darum bemühe. Ich will jetzt ein paar andere Sachen machen, und das geht nur, wenn ich keine Mannschaft komplett habe, denn dann muss und will ich immer da sein.

-Was wäre, wenn Holzkirchen in ein paar Jahren wieder jemanden braucht?

Sugzda: Für so etwas bin ich jederzeit offen. Die Trennung lief ja auch sehr sauber, und ich brauche jetzt diese Auszeit – das hat man mir vielleicht auch angesehen. Ich würde mir das in Ruhe ansehen, hoffe aber, dass diese charakterstarke Mannschaft diese Liga noch eine Zeit hält. Ich bin auf niemanden sauer und gehe offen und ehrlich.

Aufrufe: 025.5.2018, 19:00 Uhr
Holzkirchner Merkur / Hans Julia Spiegler PawlovskAutor