2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines

Eine bewegende Geschichte aus dem Amateurfußball

Der TuS Hilter trauert um Richard Landwehr

Der TuS Hilter trauert um seinen Anhänger Richard Landwehr - obwohl kaum einer aus dem Verein oder der Mannschaft ihn je persönlich getroffen hat. Der Nachruf, den Lukas Tappmeyer für den TuS verfasst, ist eine der bewegenden Geschichten, die den Amateurfußball auf ganz besondere Weise beschreibt.
Von Lukas Tappmeyer (TuS Hilter):

Im vergangenen September erreichte unsere Postfächer eine ungewöhnliche Mail. Richard Landwehr aus Uelsen in der Grafschaft Bentheim schrieb und teilte uns mit, dass er als gebürtiger Hilteraner schon viele Jahrzehnte im Exil an der niederländischen Grenze lebe. Sein Beruf als Lehrer hatte ihn dorthin geführt. Durch das jährliche Sportabzeichen werde er regelmäßig an den TuS Hilter erinnert. Herr Landwehr bot an, uns eine besondere Statistik zu überreichen: Seit dem Jahr 2001 pflegte er eine ewige Tabelle mit allen Spielen der ersten Herrenfußballmannschaft. So könne er die fußballerische Entwicklung verfolgen und feststellen, wer Angst- und wer Lieblingsgegner unseres Vereins sei.

Unser Interesse war geweckt und Richard Landwehr wurde umgehend zu einem Spiel an die Deldener Straße eingeladen. Er selbst würde kein Auto mehr fahren, hätte aber einen Freund, der ihn begleiten könnte. Dann kam der Winter und man verabredete sich für den Frühling. Dann kam Corona und man verabredete sich für den Neustart. Dann wurde bei Richard Landwehr eine schwere Krebserkrankung festgestellt und sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend. Am Telefon teilte er uns seinen letzten Wunsch mit: Ein Heimspiel unseres Vereins zu besuchen. Das war vor etwa vier Wochen.

Über Kontakte zum Arbeiter-Samariter-Bund in Hannover konnten wir einen Krankentransport mit dem „Wünschewagen Niedersachsen“ organisieren. Dieser hätte eigentlich am vorgestrigen Dienstag zum letzten Vorbereitungsspiel unserer Mannschaft stattfinden sollen. Bei bestem Wetter wäre an der Deldener Straße viel los gewesen und Richard Landwehr hätte sehen können, wie sich der TuS in den letzten Jahrzehnten entwickelte. Das Spiel musste leider kurzfristig abgesagt werden und die behandelnden Ärzte gaben wegen des schlechten Gesundheitszustands keine Einwilligung für diesen Transport. Fast auf den Tag genau ein Jahr nach seiner ersten Kontaktaufnahme mit uns erreichte uns heute die traurige Nachricht, dass Richard Landwehr im Kreise seiner engsten Angehörigen nun an seiner Krankheit verstorben ist.

Lediglich eine Hand voll gegenwärtiger Vorstandsmitglieder hat mit Richard Landwehr telefoniert oder ihn persönlich getroffen. Die Young Devils kennen ihn praktisch nur aus Erzählungen. Dennoch ist eine emotionale Verbindung entstanden. Im letzten November konnten wir ihn für unsere Stadionzeitung interviewen. Seine letzte Antwort in diesem Gespräch sollte unsere Fußballer daran erinnern, wofür sie spielen. Nicht für Geld oder Ruhm, das ist offensichtlich. Amateurfußballer spielen für die Gemeinschaft, die Entfernungen überbrücken und längst vergessene Mitglieder wieder miteinbeziehen kann. Auf die Frage, warum er sich aus der Ferne die Mühen einer ewigen Tabelle mache, sagte Richard Landwehr: „Ich tue mir das nicht an, sondern mache es aus Freude. Einmal in Gang gesetzt, ist das ja kaum Arbeit. Zu meinem ebenfalls fußballverrückten Freund sage ich manchmal: Ob ich wohl noch einmal einen Aufstieg des TuS miterlebe?“

Der TuS Hilter bekundet sein aufrichtiges Beileid und wünscht Richards Familie, seinen Angehörigen und seinen Freunden viel Kraft für die Zukunft.

In tiefer Verbundenheit und dankbarer Erinnerung,

sein TuS Hilter von 1902 e.V.

Aufrufe: 019.9.2020, 12:35 Uhr
Lukas Tappmeyer / TuS HilterAutor