2024-04-19T07:32:36.736Z

FuPa Portrait

Karl-Heinz "Kalla" Voigt: Ein Urgestein macht Schluss!

Nach 45 Jahren beendet Karl-Heinz Voigt sein fußballerisches Engagement. Der Koordinator für Talentsichtung des Kreises hat rund 600 Trainer ausgebildet.

An einem grauen Apriltag endet eine Fußballer-Laufbahn, die ihresgleichen sucht. Ein letztes Mal hat Karl-Heinz Voigt angehende Trainer um sich geschart, von denen 14 am Ende des Tages ihre C-Lizenz in Händen halten – 13 aus dem Kreis Bielefeld sowie ein Prüfling aus dem Kreis Lippstadt. Angeleitet von einer Persönlichkeit, die auf eine 45-jährige Sportler-Karriere in den unterschiedlichsten Funktionen zurückblicken kann.

Über vier Jahrzehnte hat sich der vor seinem 78. Geburtstag stehende Karl-Heinz Voigt vom TuS Brake für den Fußball im Kreis Bielefeld engagiert. Darüber hinaus war er in den vergangenen Jahren Koordinator für die Talentsichtung und -förderung sowie Koordinator für die Qualifizierung und Lehrarbeit. „Ich habe das mal hochgerechnet: Ich komme auf gut 600 Sportfreunde, die ich ausbilden durfte“, sagt er. Der Startschuss für diese beeindruckende Karriere fiel 1975.

„Mein Mentor war Hartmut Wilkening, der leider nicht mehr unter uns weilt“, erinnert sich Karl-Heinz Voigt. „Hartmut war Torwart beim VfB Bielefeld und Vorsitzender im Kreisjugend-Ausschuss.“ Auf Wilkenings mehrfache Nachfrage hatte sich Voigt dazu entschlossen, in diesem Ausschuss mitzuwirken. „Ich habe es gerne gemacht. Denn ich mache keine Sachen, von denen ich nicht wirklich überzeugt bin.“

Aber nicht nur im Kreis-Jugendausschuss hat er seine Kenntnisse und Erfahrungen eingebracht. Es dauerte nicht lange, dann hatte man ihm auch die Ausbildung der Trainer anvertraut. „Gleichzeitig war ich aber auch Trainer der Kreisauswahl“, erzählt Voigt. „Damals wurden wir nicht Ausbilder, sondern KJU, Kreis-Jugend-Übungsleiter, genannt.“

Karl-Heinz Voigt kann sich noch sehr gut an seine ersten Lehrgänge erinnern. „Für mich war das zunächst Neuland – mit 36 Jahren vor einer Gruppe Erwachsener zu stehen.“ Geholfen hat ihm, dass er zuvor schon als Trainer im Jugend- und Seniorenbereich beim TuS Brake gearbeitet hatte: „Insofern war es für mich keine große Umstellung, nur eine andere Sichtweise.“


"Doch alleine bist du nichts im Mannschaftssport.
Du bist nur gemeinsam stark oder gemeinsam schwach."

Auch beruflich hat sich Karl-Heinz Voigt immer wieder neuen Herausforderungen gestellt. So hat der gelernte Seidenweber mit 24 Jahren die Industriemeister-Prüfung mit Schwerpunkt Textil absolviert. Seine Überlegungen dazu: „Du hast gelernt, wie man ein Gewebe erstellt, dann musst du auch lernen, wie man es weiter verarbeitet.“ Bei Seidensticker, zunächst im Haus Dornbusch an der Feilenstraße, später in Rheda-Wiedenbrück, hat er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2005 die Logistik-Abteilung geleitet. Um immer auf der Höhe der Zeit zu sein, hat Karl-Heinz Voigt regelmäßig Spiele in den unterschiedlichsten Ligen besucht.

„Ich musste ja wissen, wie das Niveau in den einzelnen Spielklassen ist, um eine Basis zu finden, wie ich jemanden ausbilde oder wie ich einzelne Themen angehe“, erklärt er. Immer wieder wird er in der Öffentlichkeit von Sportfreunden angesprochen, die entweder seine Lehrgänge besucht haben oder die er in Kreisauswahl-Mannschaften betreut hat. „Das hat mich natürlich gefreut. Das ist ein Stück weit Anerkennung für das, was ich vermitteln wollte. Für mich war stets wichtig, dass altersgerecht und mit Freude trainiert wird.“

Auf die Frage, was sich im Laufe von 40 Jahren verändert hat, findet Karl-Heinz Voigt eine schnelle und nicht ganz überraschende Antwort. „Früher gab es mehr das ‚Wir’. Heute steht mehr das ‚Ich’ im Vordergrund. Doch alleine bist du nichts im Mannschaftssport. Du bist nur gemeinsam stark oder gemeinsam schwach. Das ist ganz klar ein gesellschaftliches Problem.“

Auf der anderen Seite gibt es für ihn viele Trainer und Vereine, die das Wir-Gefühl vermitteln. „Wir als Trainer müssen die Spieler da abholen, wo sie stehen“, meint er. Als Beispiel führt er den jüngsten Nachwuchs und den Schulsport an, wo er auf Kinder trifft, die einfach Spaß haben, Fußball zu spielen – egal ob Jungen bei Grundschulmeisterschaften oder Mädchen beim Energie-Cup in der Halle.

Bei der Qualität der Lehrgangs-Teilnehmer gibt es generell sehr große Unterschiede – die einen zählen zu der Kategorie, „die das wirklich wollen, die auch den entsprechenden Ehrgeiz entwickeln“. Die andere Gruppe gehört zu der Kategorie, die von ihrem Verein dazu gedrängt werden. „Diesen Teilnehmern fehlt einfach die Basis“, gibt Karl-Heinz Voigt zu bedenken. „Die können auch im Verein nichts bewirken. Das sind allerdings wirklich Ausnahmen.“

Zu seinen Lehrgangs-Teilnehmern, die den Bielefelder Fußball geprägt und voran gebracht haben, zählt Karl-Heinz Voigt zum einen Daniel Keller (29), mit dem VfL Theesen Aufsteiger in die A-Jugend-Bundesliga und aktuell Trainer des Westfalenligisten SC Herford. Zum anderen den Ex-Amshausener Daniel Lichtsinn, der im Sommer 2018 mit der A-Jugend des SV Rödinghausen den Sprung in die Bundesliga geschafft hat – beide sehr fähige Lehrgangs-Teilnehmer, die sich über die C-Lizenz hinaus weiter entwickelt haben.

Aufrufe: 015.4.2019, 15:00 Uhr
FuPa / Peter UngerAutor