München - Kleine Brötchen zu backen war noch nie die Devise von Türkgücü München . Nach dem Durchmarsch von der Landesliga in den Profi-Fußball soll auch die 3. Liga nur eine Zwischenetappe bleiben. Das gab Geschäftsführer Max Kothny nun im Interview mit Spox deutlich zu verstehen. Dort nennt er sogar ein konkretes Zeitfenster bis zum nächsten Aufstieg und macht den Münchner Vereinen eine echte Kampfansage.
Überstürzen möchte man bei Türkgücü trotz aller Ambitionen erst einmal nichts. „Bevor wir an einen Aufstieg denken, müssen wir uns erst infrastrukturell besser aufstellen. Wir trainieren aktuell noch auf einer Bezirkssportanlage, auf der auch andere Vereine und Schulen ihren Sport ausüben. Wir haben kein Nachwuchsleistungszentrum, dazu gibt es immer noch die alles beherrschende Stadionfrage , die nur um ein Jahr verschoben wurde“, erklärt Kothny. Momentan muss sich Türkgücü noch das Grünwalder Stadion mit 1860 München und den kleinen Bayern teilen. Als Ausweichspielstätten hat man das Münchner Olympiastadion sowie die Stadien in Burghausen und Würzburg gemeldet.
Zugleich stellt er auch deutliche Forderungen an die Verwaltung: „Die Stadt München ist jetzt am Zug, dass wir ähnliche Voraussetzungen wie die anderen Münchner Vereine haben. Wir fühlen uns wie das ungeliebte Kind der Stadt.“ Ohne eigenes Stadion sei nämlich die Lizenzierung automatisch in Gefahr.
Aus diesem Grund war vor einigen Monaten bereits ein etwaiger Umzug in den Westen Deutschlands zur Sprache gekommen. Der DFB schob dem Vorhaben allerdings einen Riegel vor, noch bevor die Pläne konkreter werden konnten. Wer jedoch denkt, die Idee sei vom Tisch, der irrt gewaltig. „Auch wenn es die Regularien Stand jetzt nicht zulassen, kann das in Zukunft wieder ein Thema werden. Dieser Gedanke ist eher verschoben als vergessen.“ Dort lebten nämlich der größte Anteil der türkischstämmigen Bevölkerung, wodurch man sich wohl einen größeren Zuspruch erhofft. Man sei sogar schon so weit gewesen, dass man sich „gewisse Spielstätten herausgesucht und erste Gespräch geführt“ habe.
Dem Zufall überlässt man bei Türkgücü also nichts. Das gilt wohl noch mehr bei sportlichen Themen. Dass der Verein den Blick nach oben richtet, ist klar, doch jetzt steht auch ein konkretes Datum im Raum, bis wann der Aufstieg in die 2. Bundesliga unter Dach und Fach sein soll: Das Jahr 2023. Dieses Ziel habe Präsident Kivran auf der letzten Mitgliederversammlung ausgerufen. Kothny setzt sogar noch einen drauf: Er hofft sogar, dass Türkgücü in zehn Jahren „in der Bundesliga“ aufläuft.
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Im Zuge des Hick-Hacks um die DFB-Pokal-Teilnahme äußerte sich zuletzt BFV-Präsident Rainer Koch kritisch zu Hasan Kivran. Nur der Türkgücü-Mäzen höchstpersönlich habe im Verein das Sagen, so Koch. Die Aussagen Kothnys zur Postion Kivrans innerhalb des Klubs deuten darauf hin, dass eine solche Annahme zumindest nicht weit hergeholt ist. Er beschreibt ihn als leidenschaftlichen und erfolgsorientierten Investor, der „seine Meinung immer offen und deutlich, auch dem Trainer gegenüber“ äußere.
Nicht nur in Verhandlungen mit Sponsoren oder bei Spielerverpflichtungen sei Kivran involviert, auch im Tagesgeschehen sei er „voll drin“. „Er will über jedes noch so kleine Detail informiert werden.“ Selbst originäre Trainerentscheidungen scheinen nicht zwangsläufig eine rote Linie zu sein. „Hinweise“ gebe der Präsident immer wieder, gerade auch aus wirtschaftlichen Gründen. „Wenn es zum Beispiel für einen bestimmten Spieler ein Angebot eines anderen Vereins gibt, soll dieser Spieler vermehrt zum Einsatz kommen, um sich weiterhin zu zeigen und seinen Marktwert zu erhöhen.“ Für Geschäftsführer Max Kothny sei das allerdings „ein normaler Vorgang“.
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Langfristig soll Türkgücü München finanziell auf eigenen Beinen stehen. Dafür spiele die gute Beziehung zur Türkei eine wichtige Rolle. „Die Türkei ist eine wichtige Zielgruppe für uns, auch in puncto möglicher Sponsoren. Wir wollen den Bezug zu unseren türkischen Gründungsvätern natürlich behalten und diese Werte verkörpern“, sagt der 23-Jährige. „Tradition bewahren, Kulturen verbinden“, sei somit der Leitspruch. Auf diese Art und Weise möchte man auch neue Fans gewinnen.
In der Hinsicht sind die Verantwortlichen offenbar mehr als nur vorsichtig optimistisch. So rechnet der Klub mit einem Zuschauerschnitt von 4000. Verglichen mit der Zahl 500 aus der letzten Saison ein durchaus ambitioniertes Ziel. Im Olympiastadion könnten es laut Kothny noch deutlich mehr sein. „Da geht doch jedem Nostalgiker und Groundhopper das Herz auf.“ Die neugegründete Ultra-Szene versuche sogar schon, Kontakt mit deutschen Ultra-Gruppierungen von Galatasaray, Fenerbahce und anderen türkischen Vereinen Kontakt aufzunehmen und diese ins Stadion zu locken.
Bei aller Vorfreude auf die erste Spielzeit im Profi-Fußball hat Max Kothny aber auch Sorge. Angesichts einiger rassistischer Vorfälle aus den letzten Jahren rechnet der Geschäftsführer damit, dass es auch in Liga drei zu ähnlichen Problemen kommen wird, allen voran in Ost-Deutschland. So seien Beleidigung wie „Drecks-Kanaken“ oder „Scheiß Türken“ bereits an der Tagesordnung.
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Davon wird sich Türkgücü München aber wohl nicht verunsichern lassen. Denn: Die Vision ist groß. An der SpVgg Unterhaching und auch den Münchner Löwen möchte man schon bald vorbeiziehen. Nur vor einem einzigen Verein in München hat man noch immer Ehrfurcht. „Mittelfristig sehe ich uns als Nummer zwei hinter dem FC Bayern, das ist rein sportlich unser klares Ziel.“