2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
– Foto: Imago Images

Türkgücü kommt ohne Cheftrainer

In den Münchnern gastiert am Samstag ein Mitaufsteiger an der Lohmühle – aber einer mit gänzlich anderen Möglichkeiten als der VfB Lübeck.

Dank der Unterstützung von Investor Hasan Kivran haben die Münchner gleich zahlreiche Spieler mit höherklassiger Vergangenheit in ihren Reihen, wurden in den letzten beiden Transferperioden auf dem Transfermarkt sehr aktiv – in dieser Saison stehen 23 Zugängen 21 Abgänge gegenüber.
Zuletzt wechselte das Gesicht auf dem Trainerstuhl. Chefcoach Alexander Schmidt, der die Mannschaft erst zu Saisonbeginn übernommen hatte (der Vertrag mit Aufstiegstrainer Rainer Maurer war vereinsseitig nicht verlängert worden), musste seinen Hut nehmen. Trotz eines ordentlichen Tabellenplatzes wurden dem Coach fünf Spiele ohne Sieg zum Verhängnis. Bislang hat der Verein noch keinen neuen Cheftrainer unter Vertrag genommen. Aktuell ist Co-Trainer Andreas Pummer für die Mannschaft verantwortlich, der aber nicht über die erforderliche Fußball-Lehrer-Lizenz verfügt und das Team deshalb maximal bis Monatsende trainieren darf.

Die Ambitionen des Vereins wurden zuletzt unterschiedlich dargestellt. Offiziell war als Saisonziel stets von einem einstelligen Tabellenplatz die Rede. Der beurlaubte Trainer Schmidt erklärte jedoch, intern sei bereits der Aufstieg in die 2. Bundesliga als Ziel benannt worden. Dieser Eindruck passt auch zum Theater der Winterpause, als Investor Hasan Kivran erst seinen Rückzug ankündigte und auf die enormen Kosten verwies. Ohne Zuwendungen eines zahlungskräftigen Investors sei der Verein in der 3. Liga aktuell nicht überlebensfähig, erklärte Geschäftsführer Max Kothny damals. Entsprechend wurde öffentlich bereits über Rückzug oder Fortsetzung der Saison mit einem Rumpfkader spekuliert. Zwei Wochen später folgte allerdings die Rolle rückwärts. Nachdem mehrere Akteure (überwiegend ohne große sportliche Perspektive) ihre Verträge aufgelöst hatten, erklärte Kivran nicht nur seine Bereitschaft zum Weitermachen, sondern investierte erneut in einige gute Transfers.

So wurden im Winter mit Junioren-Nationalspieler Maxime Awoudja vom VfB Stuttgart, Linksverteidiger Kilian Jakob vom FC Augsburg und Angreifer Noel Niemann von Arminia Bielefeld drei Akteure von Bundesligisten ausgeliehen. Darüber hinaus wurden mit Sebastian Maier ein zweitligaerfahrener Mittelfeldtechniker vom VfL Bochum verpflichtet und Stürmer Lucas Röser – Bruder des VfBers Martin Röser – vom 1. FC Kaiserslautern geholt.

Der Türkgücü-Kader besitzt somit nun in allen Bereichen nominell höchstes Drittliga-Niveau. Torwart René Vollath (zuvor Uerdingen) und Innenverteidiger Aaron Berzel (zuvor 1860) verkörpern gute Qualität, Außenverteidiger Park Yi-young ist vom Zweitligisten FC St. Pauli ausgeliehen. Insbesondere die Offensive ist aber herausragend besetzt. Spielgestalter Sercan Sararer (sieben Treffer, elf Vorlagen) gilt als der vielleicht beste Drittliga-Akteur der laufenden Saison. Neben dem früheren türkischen Nationalspieler machte Mittelstürmer Petar Sliskovic besonders auf sich aufmerksam – der 29-Jährige, in der Vorsaison noch in Duisburg unter Vertrag, liegt mit zwölf erzielten Treffern in der Spitze der Torschützenliste. Gut fügte sich auch Röser ein, der im letzten Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg gleich zweimal ins Schwarze traf.

Das 2:1 gegen den FCM im ersten Spiel unter Pummer beendete auch die Negativserie, die zuvor Trainer Schmidt sein Amt gekostet hatte. Insgesamt war die Saison zuvor ein Wechselbad der Gefühle. Vor den fünf Spielen ohne Sieg gab es vier Dreier in Folge, davor wiederum drei Niederlagen hintereinander. Im Oktober und November hatte Türkgücü schon einmal sechs Spiele ohne Niederlage absolviert. In diese Zeit fiel auch das glückliche 4:3 der Münchner im Hinspiel gegen den VfB, als die Grün-Weißen einen Elfmeter verschossen, einen Zwei-Tore-Rückstand aufholten, am Ende aber durch einen unberechtigten Strafstoß den entscheidenden Gegentreffer hinnehmen mussten.

Geprägt ist die Saison bei Türkgücü auch durch regelmäßige Spielortwechsel. Weil der Verein über kein eigenes Sportgelände verfügt und bislang auch von der Stadt keines zugewiesen bekam, wurde für Türkgücü das Olympiastadion wiederhergerichtet, verfügt aber noch nicht wieder über eine Rasenheizung oder fernsehtaugliches Flutlicht. So wurden zahlreiche Spiele des Aufsteigers im Stadion an der Grünwalder Straße ausgetragen, in dem ansonsten auch der TSV 1860 und der FC Bayern München II ihre Drittliga-Heimspiele absolvieren.
Aufrufe: 019.2.2021, 07:57 Uhr
PMAutor