2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Thomas Haas (vorne) hat sich mit dem Sprung in die 3. Liga einen Traum erfüllt.
Thomas Haas (vorne) hat sich mit dem Sprung in die 3. Liga einen Traum erfüllt. – Foto: Josef Butzhammer

Riesige Vorfreude auf Liga 3 - und die Viechtacher WG am Ostpark

Thomas Haas (22) ist mit Türkgücü München im deutschen Profifußball angekommen +++ Mit Kumpel Sebastian Raab (23) teilt er sich eine Wohnung

Karriere-Höhepunkt auf der Couch: Der Viechtacher Thomas Haas ist mit Türkgücü München in die 3. Liga aufgestiegen, obwohl die Truppe aus der Landeshauptstadt 2020 bisher lediglich eine Partie absolviert hat. Corona macht`s möglich. Ob das der Freude des 22-Jährigen einen Abbruch getan hat, warum er neben der Vorfreude auf die 3. Liga der Eröffnung einer Viechtacher WG am Ostpark entgegenfiebert, und was es mit dem Enzian-Berg auf sich hat - FuPa hat mit Thomas Haas geplaudert. Rausgekommen ist ein launiges Gespräch über Fußball und die Schönheit des Bayerischen Waldes.

FuPa: Herzlichen Glückwunsch Thomas zum Aufstieg in die 3. Liga! Malst du dir gerade schon aus, in welchen Stadien du auflaufen wirst?
Thomas Haas (22): Zunächst einmal vielen Dank! Nein, so richtig noch nicht. (lacht) Ich bin diese Woche im Prüfungsstress. Zwei Prüfungen habe ich noch zu absolvieren. Und zudem ziehe ich gerade um.

Nach seinem Finnland-Abenteuer kehrte Thomas Haas Anfang 2018 nach Bayern zurück, schloss sich dem VfB Eichstätt an und nahm an der Universität Eichstätt-Ingolstadt im Fach Wirtschaftsingenieurwesen ein Studium auf. (Anm.d.Red)

Wo geht`s hin?
Ich ziehe komplett nach München. Ich hatte ja noch eine Wohnung in Ingolstadt, war aber so gut wie nie dort. Die habe ich jetzt gekündigt, bis Ende Juli muss ich raus. Ich ziehe ganz in die Nähe des Türgücü-Trainingsgeländes am Ostpark. Übrigens wird es eine WG mit meinem Viechtacher Kumpel Sebastian Raab werden, der in München im Finanzamt arbeitet. Darauf freue ich mich schon sehr, das wird was werden. (lacht) Meine Freundin studiert ja auch noch, das wäre jetzt nicht optimal gewesen, wenn sie extra aus ihrer Wohnung ausgezogen wäre.

Was hast du aus der Zeit der Entschleunigung mitnehmen können?
Um ehrlich zu sein, das hat mir richtig gut getan, so komisch es sich anhört. Wenn ich als Beispiel die Prüfungen an der Uni anführe: So gut vorbereitet wie dieses Mal war ich noch nie! (lacht) Ich war seit acht Jahren wieder mal für eine längere Zeit daheim. Meine Familie hat sich darüber sehr gefreut. Und ich habe Ecken in meiner Heimat, dem Bayerischen Wald, erkundet, die ich so noch nicht kannte. (schmunzelt)

Runterkommen im Bayerischen Wald.

Zum Beispiel?
Unglaublich, aber wahr: Obwohl ich in der Nähe aufgewachsen bin, war ich das erste Mal in meinem Leben am Arbersee. Echt kurios! Wenn ich darüber nachdenke, wie viele unzählige Male wir früher daran vorbeigefahren sind, um am Arber Ski zu fahren. Warum wir nie angehalten haben, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. (lacht) Außerdem hatte nicht gewusst, dass es bei uns einen Enzian-Berg gibt. Wir sind raufgewandert, war super schön.

Der Fußball war also nicht mehr omnipräsent.
Richtig. Ich gebe auch zu, so einen Monat lang hat mir das relativ wenig ausgemacht. Aber dann im April, spätestens im Mai, ging es los. Es wurde mir viel zu langweilig. Ganz ohne Fußball, das geht halt bei mir einfach nicht.

Dieser eine Moment, wenn der Schiedsrichter abpfeift und man weiß, man hat es geschafft. Diesen puren Glücksmoment durftet ihr nicht erleben. Aufstieg auf der Couch, wie hat sich das angefühlt?
Natürlich wäre es besser gewesen, den Erfolg mit all den Feierlichkeiten zu begießen, die einfach dazugehören. Trotzdem freue ich mich riesig. Ist jetzt nicht so, dass jeder zuhause im stillen Kämmerlein gehockt ist. Mannschaftsintern gab`s schon eine Feier. Für mich geht ein Traum in Erfüllung.

Geschafft! Thomas Haas (2.v.re.) und Kollegen wollen auch in der 3. Liga jubeln.
Geschafft! Thomas Haas (2.v.re.) und Kollegen wollen auch in der 3. Liga jubeln. – Foto: Josef Butzhammer


Was sagst du zu Kritikern, die sich damit nur schwer abfinden können, dass ihr einfach am grünen Tisch zum Aufsteiger erklärt worden seid? Der 1. FC Schweinfurt 05 will sich damit auch noch nicht abfinden und hat jüngst einen Beschwerdebrief an den DFB geschickt.
Die Vorgehensweise der Schweinfurter kann ich nicht verstehen, aber das ist nur meine persönliche Meinung. Fakt ist, wir hatten eine starke Vorbereitung mit zwei Trainingslagern absolviert und hatten zum Zeitpunkt der Unterbrechung neun Punkte Vorsprung an der Tabellenspitze. Soll jetzt nicht überheblich klingen, aber uns hätte sicher keiner mehr eingeholt.

Das Saisonziel wurde erreicht, trotzdem musste der Coach nach nur einem Jahr gehen.
Ich habe mich mit Reiner Maurer super verstanden und gerne mit ihm zusammengearbeitet. Er ist ein top Trainer. Der Verein hat den Vertrag mit ihm nicht verlängert, das habe ich als Spieler zu akzeptieren.

Es wird dein Debüt werden im deutschen Profifußball. Worauf freust du dich am meisten?
Die Münchner Derbys gegen 1860, Bayern II und Unterhaching werden sehr speziell werden, keine Frage. Aber ich freue mich auch wahnsinnig auf die Partien in Dresden, Kaiserslautern oder Rostock.

Derbysieg gegen die Löwen als Genugtuung?

Du bist bei den Sechzigern im Jugendbereich ausgebildet worden. 2017 nach dem Doppelabstieg der Löwen musstest auch du dir eine neue Aufgabe suchen. Wäre es für dich eine Genugtuung, wenn ihr die "Blauen" im Derby schlagen würdet?
Nein, eine Genugtuung wäre das nicht. Wir sind ja nicht im Schlechten auseinander gegangen. Sicher wird das ein ganz besonderes Spiel für mich, das will ich gar nicht leugnen. Ich war früher selbst Fan, daraus mache ich kein Geheimnis. Wenn man jahrelang für den Klub spielt, ändert sich der Blickwinkel aber. Ich mag den Verein trotzdem immer noch sehr gerne. Die Fans sind der Wahnsinn, die gibt`s in der Art vielleicht noch in Dresden oder Frankfurt.

Gleich in doppelter Hinsicht wartet auf dich Neuland: Andere Liga, anderer Trainer. Hattest du schon Kontakt zu Alexander Schmidt?
Nein, persönlich getroffen habe ich ihn noch nicht. Auch telefonisch gab`s noch keinen Kontakt. Soweit ich weiß, gab`s aber auch mit den anderen Spielern noch keine Gespräche. Das wird sicher noch kommen. Am 3. August geht die Vorbereitung los. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Alexander Schmidt.

Thomas Haas (re.) zählte zum Stammpersonal bei Türkgücü.
Thomas Haas (re.) zählte zum Stammpersonal bei Türkgücü. – Foto: Sven Leifer


Einen Bonus für die Aufstiegsmannschaft wird`s wohl nicht geben. Was erwartest du dir?
Ganz sicher wird`s den nicht geben. Aber das ist Profifußball, für alle geht`s wieder bei null los. Wir werden wieder einen großen und starken Kader haben. Ich will mich durchbeißen, das ist mein Ansporn. Und ich kann mich nur wiederholen: Ich freue mich riesig auf die Herausforderung.

Das Trainingsgelände von Türkgücü war in der Vergangenheit noch nicht Profi-like. Euer Sportlicher Leiter Roman Plesche hat erzählt, dass der Verein sehr bemüht ist, die Strukturen dem sportlichen Erfolg anzupassen.
Ich bin selbst mega gespannt! Ehrlich gesagt war ich seit März nur noch ein einziges Mal kurz dort. Vorbeigefahren bin ich öfters, von Weitem sehen die Plätze bombig aus muss ich sagen. Aber klar, wenn niemand drauf spielt. (lacht) Das wird sich hoffentlich in Kürze wieder ändern.

Das Interview führte Mathias Willmerdinger.

Aufrufe: 017.7.2020, 11:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor