2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
Vom Löwen zum Löwen-Rivalen: Alexander Schmidt, jetzt Trainer bei Türkgücü. imago images/Eibner Europa
Vom Löwen zum Löwen-Rivalen: Alexander Schmidt, jetzt Trainer bei Türkgücü. imago images/Eibner Europa

Folgt Mölders Berzel zu Türkgücü? Trainer Schmidt bestätigt Interesse

Ex-Löwe im großen Interview

Türkgücü ist künftig Ligakonkurrent von 1860. Und der Drittliganeuling bedient sich direkt bei den Blauen. Aaron Berzel muss aber nicht der einzige Löwe bleiben, der innerhalb Münchens wechselt.
  • Mit Aaron Berzel hat Sechzig bereits einen Stammspieler an den neuen Ligakonkurrenten Türkgücü verloren.
  • Weitere könnten folgen - etwa Sascha Mölders und Tim Rieder.
  • Türkgücü-Trainer Alexander Schmidt beschäftigt sich zumindest mit dem Sturmtank.

München - Offizieller Trainingsstart ist am 1. August, doch hinter den Kulissen wird bei Türkgücü München durchgehend auf Hochtouren gearbeitet. Nachdem sich der Drittliga-Aufsteiger die Dienste von 1860-Verteidiger Aaron Berzel gesichert hat, könnte es sein, dass weitere Leistungsträger der Löwen zum Lokalrivalen überlaufen.

Im Interview mit dem Münchner Merkur spricht der neue Trainer Alexander Schmidt darüber, welche Stars er im Blick hat - über seine Ambitionen mit der vierten Kraft in München hinter FC Bayern, seinem Ex-Club 1860 und Unterhaching, sprach er bereits zuvor exklusiv mit Fußball-Vorort.

Herr Schmidt, Sie sind seit wenigen Tagen Trainer von Türkgücü. Wann gab es den ersten Kontakt?

Schmidt: Kaderplaner Roman Plesche und ich kennen uns schon lange, haben uns in den letzten Jahren immer wieder ausgetauscht. Ich finde das Projekt spannend. Präsident Hasan Kivran ist sehr ehrgeizig, das taugt mir. Ein lockerer, vom Charakter her junger Typ mit Power und Ehrgeiz. Er zieht seinen Weg durch. Wir wollen beide Erfolg, haben daher das gleiche Ziel.

Wie sieht es nach dem Durchmarsch von der Landes- bis in die 3. Liga mit der Infrastruktur aus?

Schmidt: Da muss Türkgücü aufholen. Für Fußballer ist es wichtig, dass der Trainingsplatz gut ist. Beim Platz bin ich kritisch, aber der Rasen an der Heinrich-Wieland-Straße ist ordentlich. Ob mein Büro frisch gestrichen ist oder schöne Lampen hat, ist mir relativ egal.

Schmidt über Türkgücü: „Türkische Zuschauer sehr begeisterungsfähig“

Was reizt Sie an der neuen Aufgabe besonders?

Schmidt:

Ich glaube, wenn unser Projekt funktioniert, rennen uns die Fans die Bude ein. Türkische Zuschauer sind sehr begeisterungsfähig. Das könnte ein Highlight werden. Die ersten Neuzugänge stehen bereits fest.

Ist Stefan Stangl von Ihrem Ex-Club St. Pölten ein Wunschspieler?

Schmidt:

Ja, er hat zwar mit Blick auf die letzten beiden Jahre nicht die Super-Vita, aber ich habe ihn ja im Training gesehen. Wenn er dieses Niveau bringt, ist das sehr stark.

Auch Aaron Berzel vom TSV 1860 kommt, er hat einen Vertrag über zwei Jahre unterschrieben.

Schmidt:

Auch er ist ein absoluter Wunschspieler (lächelt). Nachdem wir mitbekommen haben, dass 1860 nicht richtig in die Gänge kommt, haben wir uns um ihn bemüht. Ich bin sehr froh, dass es geklappt hat. Er ist ein Mentalitätsspieler, der die Anderen mitreißen kann, ein echter Abwehrchef. Genau das, was wir gebraucht haben.

Bald zusammen bei Türkgücü? Aaron Berzel, Tim Rieder und Sascha Mölders (v. l.) könnten auch 2020/2021 gemeinsam spielen.
Bald zusammen bei Türkgücü? Aaron Berzel, Tim Rieder und Sascha Mölders (v. l.) könnten auch 2020/2021 gemeinsam spielen. – Foto: pa / Matthias Balk

Schmidt über Mölders: "Wäre unprofessionell, sich nicht mit ihm zu beschäftigen"

Praktischerweise ist auch Sascha Mölders auf dem Markt, den die Löwen finanziell bis jetzt nicht halten können. Ist auch er ein Thema für Sie?

Schmidt:

Wir setzen uns mit dem Gedanken auseinander. Es wäre fatal, wenn ein Spieler dieser Qualität auf dem Markt ist und wir uns nicht mit ihm beschäftigen. Das wäre ja unprofessionell. Zumal Sascha aus der Region ist und eine Supersaison gespielt hat.

Aller guten Dinge sind drei: Auch bei Sechser Tim Rieder sieht es so aus, als könnten ihn die Löwen nicht halten . . .

Schmidt: Tim Rieder gehört Augsburg und hat dort einen guten Vertrag. Sportlich brauchen wir nicht über ihn zu reden. Er ist einer der auffälligen Sechser in der 3. Liga. Wie Mölders schätze ich ihn sehr.

Wie ist generell ihr Verhältnis zu Sechzig?

Schmidt:

Da gibt es keine Probleme. Es war eine wichtige Zeit. Ich hatte viele Höhen, aber natürlich war es am Ende auch schwierig. Ich bin mit Michael Köllner und Günther Gorenzel befreundet. Auch mit manchen Spielern, der NLZ-Leitung (NLZ = Nachwuchs-Leistungszentrum/Red.) oder Herrn Reisinger tausche ich mich noch aus.

Schmidt über Zeit bei Sechzig: Abschied „hat mir schon wehgetan“

Wie war es nach der langen Zeit bei 1860 in einem neuen Verein?

Schmidt:

Es war wichtig für meine Entwicklung. Andererseits war ich gerne bei Sechzig. Es war aber klar, dass es nach den Stationen als Trainer der Jugend-Bundesliga-Mannschaften bis zu den Profis so enden kann. Irgendwann ist dann der Zeitpunkt, an dem es einfach nicht weitergeht. Das fiel mir schwer, weil ich bei Sechzig mit Herzblut gearbeitet und viele Spieler zu Nationalspielern entwickelt und in die Bundesliga gebracht habe. Das hat mir schon weh getan damals.

Danach waren Sie als Scout und Leiter des NLZ beim VfB Stuttgart tätig.

Schmidt:

Das war eine sehr interessante Aufgabe. Bei 1860 mussten wir selbst viel scouten. Für den VfB war ich in ganz Europa unterwegs, habe mir verschiedene U-Nationalmannschaften angeschaut und viele Kontakte geknüpft, die mir heute auch noch helfen.

Wie waren die eineinhalb Jahre bei RB Salzburg?

Schmidt:

Salzburg ist ein hochprofessioneller Verein, der sehr viel in die Ausbildung der Jugend investiert. Im Scoutingbereich sind sie extrem gut aufgestellt. Sie brauchen für ihr laufintensives Spiel natürlich junge Spieler. Das war eine Top-Erfahrung, auch der sportwissenschaftliche Teil, eine Wahnsinns-Zeit.

Schmidt über seine Zeit bei Red Bull: "Fast wie im Fünf-Sterne-Hotel"

Kein Vergleich zum NLZ bei 1860?

Schmidt:

Es war anders, bei Sechzig hat man nicht so viel Unterstützung und muss viel selbst gestalten. Bei Red Bull war es fast wie im Fünf-Sterne-Hotel. Es gibt Athletiktrainer, Videoanalysten, Kneippbecken, eine Halle im Winter, beheizte Plätze. Es ist alles da, ich musste mich nur bedienen.

Mit welchen Zielen geht Türkgücü in seine erste Drittligasaison?

Schmidt:

Da möchte ich die Kaderentwicklung abwarten. Es wäre ja doof, wenn ich jetzt was rausgebe und uns damit unter Druck setze.

Interview: Uli Kellner und Jörg Bullinger

Aufrufe: 014.7.2020, 09:28 Uhr
Münchner Merkur / tz / Uli Jörg Kellner BullingerAutor