2024-04-23T13:35:06.289Z

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Kadir Alkan (zweiter von links) muss sich von  den drei ehemaligen Spielern Marcel Ebeling (zweiter v.r.), Christos Ketikidis (1.v.l.) und Serkan Türkcan (1.v.r.) harte Kritik gefallen lassen. Fotos: Sven Leifer/ 3x Baris Ersungur
Kadir Alkan (zweiter von links) muss sich von den drei ehemaligen Spielern Marcel Ebeling (zweiter v.r.), Christos Ketikidis (1.v.l.) und Serkan Türkcan (1.v.r.) harte Kritik gefallen lassen. Fotos: Sven Leifer/ 3x Baris Ersungur

Ex-Türkgücü-Spieler klagen an

Teammanager Alkan wehrt sich gegen Anschuldigungen

Der SV Türkgücü-Ataspor ist für seine offensive Transferpolitik bekannt. Bis 2020 will man in die Regionalliga aufsteigen. Bei so einem rasanten Aufstieg gibt es nicht nur Gewinner. Marcel Ebeling, Christos Ketikidis und Serkan Türkcan schießen jetzt stark gegen Teammanager Kadir Alkan und verraten, warum sie sich von der Führungsetage des Vereins schlecht behandelt fühlen.

Erst kürzlich berichteten wir über das Transfer-Beben bei Türkgücü-Ataspor. Auf einen Schlag wurde bekannt, dass acht Spieler aus der Aufstiegsmannschaft in der kommenden Saison nicht mehr in den rot-blauen Trikots auflaufen. Spektakuläre Neuzugänge wie Luka Odak, Ex-Löwe Menelik Chaka Ngu'Ewodo oder Masaaki Takahara sind die eine Seite der Medaille. Spieler, mit denen man den Traum von der Regionalliga bis 2020 realisieren möchte. Auf der anderen Seite stehen die Kicker, deren Verträge nicht verlängert wurden. Drei Kicker aus der Aufstiegsmannschaft von Türkgücü-Ataspor, die sich einen neuen Verein suchen müssen, packen nun bei Fussball Vorort aus. Sie fühlen sich von der Vereinsführung schlecht behandelt und hintergangen.

"Die Sachen, die hier abgehen, habe ich noch nicht erlebt"

In der Jugend (U17 und U19) kickte Marcel Ebeling für den FC Bayern und den TSV 1860 München. Es folgten Stationen bei Aindling, Ismaning, Fürstenfeldbruck und Seligenporten. "Ich war nicht immer der Einfachste", gibt Ebeling zu. Bei Heimstetten blieb er dann für vier Spielzeiten, ehe der Stürmer 2014/15 zu Wacker Burghausen wechselte. In der Regionalliga avancierte er zum Stammspieler. Eine Verletzung zwang Ebeling jedoch zu einer Pause. Zur Rückrunde in dieser Saison folgte der Wechsel zum SV Türkgücü-Ataspor, weil er dort "80 Prozent" der Spieler kannte und ihn das "Gesamtkonzept" überzeugte. Ebeling drehte auf, schoss in 13 Spielen sieben Tore und traf in der entscheidenden Phase in fünf Spielen hintereinander. Nach dem Aufstieg standen die Gespräche mit Teammanger Kadir Alkan bezüglich der Vertragsverlängerung an: "Ich bin mit Kadir essen gegangen und er ist mir um den Hals gefallen. Eigentlich war alles klar."

Trotz Angeboten von höherklassigen Mannschaften, hätte er gerne verlängert. Im Urlaub folgte dann der Schock. Eine SMS von Alkan, dass sein Vertrag in Absprache mit den Trainern nicht verlängert wird. Ebeling rief sofort Coach Andreas Pummer an, um sich zu informieren: "Der Trainer war genauso überrascht, wie ich. Der wusste noch gar nichts davon. Wir Spieler sind hier nur Mittel zum Zweck. Ich fühle mich einfach verarscht, Kadir verarscht die Spieler. Die Art und Weise, wie hier mit Spielern umgegangen wird, ist beschämend. Eine Absage per SMS, das ist einfach keine Art. Ich habe keinen Anruf bekommen. Der Trainer entscheidet hier leider nicht, wer spielt."

Für Ebeling ist es eine neue Situation: "Das, was hier abgeht, habe ich noch nicht erlebt. Kadir ist der Hauptschuldige. Dass so viele neue Spieler kommen, davon waren wir alle überrascht. Auch nach dem Aufstieg, hat uns kein einziger von oben gratuliert."

Kadir Alkan nimmt Stellung: "Es stimmt, dass wir zusammen essen waren. Ich habe aber nicht so getan, als stünden wir kurz vor einer Vertragsverlängerung. Ich habe ihm gesagt, dasss wir mit seiner Art und seinem Charakter Probleme bekommen könnten. Gelobt habe ich ihn natürlich auch, er war ja auch verletzungsfrei in jedem Training. Per Anruf war er mehrfach nicht erreichbar, erst dann habe ich ihm eine SMS geschrieben. Der Trainer war in die Entscheidung involviert, solche Sachen spreche ich mit dem Präsidenten und dem Trainer ab. Aber ich habe auch einen starken Einfluss dabei, das ist klar."

Weiterhin erklärt Alkan: "Bei Marcel bin ich sehr enttäuscht, dass er jetzt mit Steinen wirft. Er war lange verletzt und wurde charakterlich ja auch nicht immer als einwandfrei eingestuft. Wir haben ihm trotzdem die Bühne gegeben, sich zu zeigen und zu präsentieren."

"Dem Trainer sind die Hände gebunden"

Auch Christos Ketikidis ist unzufrieden. Vor der Saison kam er zusammen mit Trainer Andreas Pummer vom FC Unterföhring. Nach einigen Spielen zu Beginn folgte die Bank.Trotz starker Leistungen in den Partien und im Training, die ihm vom Trainer und den Mitspielern bestätigt wurden. Ketikidis suchte das Gespräch mit Pummer mehrfach. Dieser sagte, dass ihm "die Hände gebunden" seien.

Ein Treffen mit Alkan folgte ebenfalls: "Kadir sagte mir dann, dass meine Spiele auf Kunstrasen gut waren, aber dass ich auf Rasen zu schlecht spielen würde. Das ist natürlich ein lächerliches Argument. Aber auch allgemein: Mannschaftlich war unser Klima top, aber von oben kam einfach zu viel Druck. Ein halbes Jahr vorher haben wir dann schon mitbekommen, dass nach der Saison zehn neue Spieler kommen und zahlreiche gehen müssen. Was ist das denn für eine Motivation für eine Mannschaft, die aufsteigen möchte?" Für die kommende Spielzeit in der Bayernliga hatte ihn der Trainer laut eigener Aussage auf dem Zettel, doch "Kadir wollte mich nicht." Für die neue Saison wünscht Ketikidis der Mannschaft "nur das Beste", denn "die können am wenigsten dafür."

Kadir Alkan nimmt Stellung: "Es stimmt, dass ich ihm gesagt habe, dass er auf Kunstrasen besser zur Geltung kommt als auf Rasen. Dazu stehe ich. Auf Kunstrasen ist es enger und seine Defizite in der Verteidigung werden nicht so deutlich. Ich habe Christos vermittelt, dass er sich einen anderen Verein suchen soll, damit er mehr Einsatzzeit bekommt. Druck war seit Saisonbeginn da, völlig klar. Weil wir klar kommunziert haben, dass wir aufsteigen und professionell arbeiten wollen. Wir wollen weiterkommen, wir haben Ansprüche und Ziele. Es geht hier nach dem Leistungsprinzip, wir haben keine Wohlfühloase. Deshalb ist es auch völlig legitim, Spieler auszutauschen. Es ist eine sehr undankbare Aufgabe, nach einem Aufstieg so viele Spieler auszutauschen. In der Bayernliga ist das Niveau aber halt nochmal höher und wir wollen wieder eine gute Rolle spielen. Auf dem Zettel hatten wir ihn nicht für die kommende Saison, das hätte nach dem Leistungsprinzip auch keinen Sinn gemacht."

"Mir fehlt die Selbstkritik der Spieler"

Serkan Türkcan, der mit Verletzungen zu kämpfen und seinen Vertrag eigenständig aufgelöst hat, kann das "alles bestätigen". "Die Leistungen im Training und in den Spielen werden nicht wirklich honoriert. Es ist eher eine Spezl-Wirtschaft. Diejenigen, die sich gut mit Kadir verstehen, spielen auch. Wenn man keinen guten Draht zu Kadir hat, hat man es schwer ins Aufgebot zu kommen." Türkcan holt weiter aus: "Kadir steht nicht zu seinen Worten, sowohl finanziell, als auch was materielle Dinge angeht. Während meiner Verletzung gab es Unstimmigkeiten bei der Auszahlung meines Gehaltes. Er konnte mir kein richtiges Argument nennen, warum ich dieses nicht erhalte. Meiner Meinung nach ist er für seinen Posten ungeeignet."

Kadir Alkan nimmt Stellung: "Serkan war natürlich lange verletzt, sportlich kann man ihm nichts nachsagen. Nach einem Abschied brauchen die Spieler einen Buhmann und da ist es leicht, mich zu nehmen. Bei uns geht es aber nicht darum, ob die Spieler gut mit mir befreundet sind, sondern es geht um die Leistung. Serkan war sechs Wochen durchgehend verletzt und deshalb gab es keine Lohnfortzahlung, das ist ganz normal. Insgesamt gab es bei ihm einfach zu viele Fehltage. Ich finde es sehr dreist, dass da jetzt so nachgekartet wird. Mir fehlt die Selbstkritik der Spieler."

Türkgücü-Ataspor-Projekt polarisiert

Der Amateurfußball lebt von seiner Leidenschaft und den Emotionen. Der SV Türkgücü-Ataspor ist schon seit längerem ein Verein, der die Fanlager spaltet. Viele können mit der offensiven und finanziell geprägten Herangehensweise bei der Akquise von Spielern nichts anfangen, andere freuen sich wiederum über einen Club, der in der Bayernliga hochklassige Kicker zusammenbringt. Eins ist sicher, Türkgücü-Ataspor wird auch in Zukunft polarisieren.

Aufrufe: 07.6.2018, 17:45 Uhr
Nico-Marius SchmitzAutor