2024-04-19T07:32:36.736Z

Interview
Eine „gigantische“ Eröffnungsfeier erlebten Robert Hofmann und die anderen Athleten der Deaflympics in Samsun, bevor er dann (kleines Foto) selbst aktiv ins Geschehen eingriff.	F.: Sabrina Eckert, Hofmann
Eine „gigantische“ Eröffnungsfeier erlebten Robert Hofmann und die anderen Athleten der Deaflympics in Samsun, bevor er dann (kleines Foto) selbst aktiv ins Geschehen eingriff. F.: Sabrina Eckert, Hofmann

Gebärdensprache auf dem Fußballplatz

Der 22-jährige Robert Hofmann nimmt an der Gehörlosen-Olympiade Deaflympics teil +++ Im Interview verrät der Spieler des TSV Wolferstadt, wie er das Turnier mit der Nationalelf in der Türkei erlebt hat

Beim TSV Wolferstadt trug Robert Hofmann dazu dabei, dass der Klub in die Kreisklasse aufstieg. Außerdem spielt er noch in der Gehörlosen-Liga für den GSV Augsburg - und auch für die deutsche Nationalmannschaft läuft der 22-Jährige auf.

Herr Hofmann, seit wann spielen Sie Fußball? Wie lange schon für den TSV Wolferstadt?

Hofmann: Mit drei Jahren habe ich mit dem Fußballspielen angefangen. Ab der F-Jugend war ich beim TSV Wolferstadt, zwischendurch beim TSV Nördlingen und seit drei Jahren spiele ich wieder in Wolferstadt. Fußball ist meine große Leidenschaft. Seit ich 14 Jahre alt bin, spiele ich auch zusätzlich beim Gehörlosen-Sportverein (GSV) Augsburg.

Empfinden Sie die Gehörlosigkeit beim Sport als Nachteil?

Hofmann: Nein, für mich ist das kein Nachteil. Ich kann mich eigentlich viel besser auf das Spiel konzentrieren.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade auf dem Fußballplatz stehen?

Hofmann: Dann arbeite ich als Industriemechaniker bei Valeo in Wemding, wo ich auch schon meine Ausbildung gemacht habe.

Wie kam es dazu, dass Sie Mitglied der deutschen Nationalmannschaft bei den Deaflympics wurden?

Hofmann: Durch Spiele beim GSV kam ich in die Bayern-Auswahl, danach wurde ich in die U21-Nationalmannschaft aufgenommen, mit der ich 2016 auch bei der U21-Europameisterschaft in Breslau war. Und jetzt war ich eben mit dem Team bei den Deaflympics in der Türkei dabei.

Haben Sie sich über die Teilnahme gefreut?

Hofmann: Allerdings. Meine Freude war sehr groß, dass ich zum ersten Mal dabei sein durfte.

Wie kann man sich die Gehörlosen-Olympiade vorstellen?

Hofmann: Es war total interessant. Aus 97 Ländern treten da über 3700 Sportler in 21 verschiedenen Sportarten gegeneinander an. Besonders die Eröffnungsfeier war gigantisch. Alle Athleten sind mit Fahnen ins Stadion eingelaufen. Auch musikalisch war eine große Show geboten.

Natürlich ganz wichtig: Wie verlief das Turnier für die deutsche Nationalmannschaft?

Hofmann: Wir sind leider im Viertelfinale ausgeschieden. Haben uns dann aber noch gegen England und Russland behauptet und sind so letztlich auf dem fünften Platz gelandet.

Gegen welche Gegner mussten Sie noch antreten?

Hofmann: Das waren der Iran, Frankreich, Ägypten und zum Schluss eben England und Russland.

Merkt man in der Türkei etwas von der doch angespannten politischen Lage?

Hofmann: Ich persönlich hatte nicht den Eindruck. Allerdings waren bei allen Spielen und Trainingseinheiten Sicherheitsbeauftragte dabei.

Hatten Sie auch mal Freizeit?

Hofmann: Richtig viel Freizeit hatten wir eigentlich nicht. Während den Ruhepausen haben wir oft den anderen deutschen Sportlern zugeschaut und sie angefeuert. Es gab ja echt sehr viele verschiedene Sportarten zu sehen.

Wie war die Stimmung innerhalb der Mannschaft? Gab es auch Kontakt zu anderen Teams?

Hofmann: Die Stimmung in unserer Truppe war hervorragend und ausgelassen. Auch mit den anderen Teams war es super. Alle deutschen Spieler waren in einem Hotel untergebracht.

Haben Sie Spieler aus dem Kader schon gekannt, beziehungsweise neue Freundschaften geschlossen?

Hofmann: Ich kannte die anderen Spieler nur vom vorangegangenen Trainingslager im Juni in Duisburg. Obwohl ich neu im Team war, wurde ich gut aufgenommen und konnte viele Freundschaften knüpfen.

Wie verständigt man sich eigentlich während des Spiels mit den Teamkollegen?

Hofmann: In der Nationalelf und auch beim GSV verständigen wir uns untereinander immer mit Gebärdensprache. Während eines Spiels passiert ganz viel mithilfe von Gesten und Blickkontakten. Ich beobachte meine Mit- und Gegenspieler auch ganz genau – ohne Konzentration geht da gar nichts.

Und wie funktioniert das beim TSV Wolferstadt?

Hofmann: Vor und nach einem Fußballspiel verständige ich mich sprachlich. (Robert Hofmann trägt ein sogenanntes Cochlea-Implantat, mit dem er hören und auch sprechen kann, Anmerkung der Redaktion) Im Spiel selbst versuche ich mich dann mithilfe von Körpersprache zu verständigen, wobei das auch nicht immer ganz leicht ist für mich und meine Teamkollegen.

Welche Öffentlichkeitswirkung haben Ihrer Meinung nach die Deaflympics? Wird das Turnier wahrgenommen?

Hofmann: Eigentlich sollte die Öffentlichkeit viel mehr eingeschaltet werden, immerhin sind da ja auch auf internationaler Ebene Spieler vertreten. Leider wissen nur wenige, dass es die Deaflympics überhaupt gibt – vielleicht auch wegen der Kommunikationsbarriere zwischen Hörenden und Gehörlosen.

Würden Sie in vier Jahren gerne wieder teilnehmen?

Hofmann: Natürlich möchte ich da wieder dabei sein! Ich werde mein Bestes geben und weiter am Ball bleiben.

Wie lautet nach dem Turnier nun Ihr persönliches Fazit zu den Deaflympics?

Hofmann: Es war ein wahnsinniges Erlebnis und ich bin stolz, dass ich für Deutschland spielen durfte. Mein größter Dank gilt den GSV Augsburg und dem TSV Wolferstadt – ohne die würde ich nicht da stehen, wo ich heute bin!

Aufrufe: 03.8.2017, 20:31 Uhr
Donauwörther Zeitung / Luisa RißAutor