2024-05-17T14:19:24.476Z

Ligabericht
– Foto: Marcel Schmidt

Venne markiert den Wegweiser

Eindrücke vom Restart im Amateurfußball

Nach fast fünfmonatiger Pause rollt die Kugel im Osnabrücker Amateurfußball wieder – allerdings kann von Normalität keine Rede sein: Die behördlichen Vorgaben im Rahmen der Covid-19-Pandemie lassen gewöhnliche Rahmenbedingungen noch nicht zu. Seit vergangener Woche sind Freundschaftsspiele in Niedersachsen unter strengen Hygiene- und Abstandsvorschriften erlaubt, in den kommenden Wochen schauen wir daher immer mal wieder auf die Geschehnisse auf und außerhalb des Platzes.

Irgendwie passt es ganz gut ins Bild, dass das Comeback des Osnabrücker Amateurfußballs auf Wettkampfebene in Venne gegeben wurde. Es gibt nicht viele Ortschaften im Landkreis, wo Fußball so gelebt und geliebt wird wie in dieser kleinen, beinahe etwas verschlafenen Ortschaft im Wittlager Land. In der Hallensaison sind die Rot-Weißen auf dem Platz und auf den Rängen weit vorn mit von der Partie, und auch unter freiem Himmel sind die Spiele mit Venner Beteiligung meist eine Garantie für richtig gute Unterhaltung.

Vergangenen Freitag nahm der TSV eine Vorreiterrolle ein, an die im März niemand auch nur einen Gedanken verschwendete: Am Mühlenbach wurde das erste Testspiel im Osnabrücker Raum ausgetragen, nachdem die behördlichen Vorgaben die Austragung von Partien unter Wettbewerbsbedingungen wieder gestatteten. Der Kreisligist empfing den SV Concordia Belm/Powe aus der Bezirksliga zur „Stunde null“.

Gleich vorneweg: Es lief nicht alles hundertprozentig perfekt bei der Umsetzung, was beim allerersten Spiel ohne irgendeinen vorherigen Erfahrungswert auch nicht der Fall sein konnte. Aber man konnte merken, dass sich die Venner im Vorfeld der Begegnung mit einem individuellen Konzept beschäftigten und dieses bemerkenswert gut umsetzten. So erfolgte die obligatorische Hinterlegung persönlicher Daten problemlos am Eingang, ohne dass sich große Schlangen bildeten. Ein Rentner, der die Datenerfassung versehentlich umlief, wurde sofort zurückbeordert und trug sich mit einem Lächeln in die Liste ein. Die Begrüßung bekannter Gesichter verlief mit dem mittlerweile einzigen Ellenbogencheck, der im Fußball erlaubt ist – deutsche Disziplin aus dem Bilderbuch.

Das Fahrerbierchen wurde außerhalb des Vereinsheims gereicht, dass von niemandem außer zwei für den Verkauf zuständigen Vennerinnen betreten werden durfte. Und nach dieser langen Abstinenz vom Amateurfußball kam vielen der erste Schluck gekühlten Gerstensaftes in abstandshaltender Gesellschaft einem Paradies gleich. Einen Verkauf von Speisen gab es nicht, allerdings wiesen die Venner darauf hin, „dass man sich an die Umsetzung der Vorgaben herantasten möchte und es bei den nächsten Spielen durchaus möglich ist, dass wir wieder Würstchen an den Mann bringen.“

Und wenn man schon in Sachen Hygiene- und Abstandvorgaben neue Wege gehen muss, gibt es einen Rückfall in alte Zeiten, der herbeigesehnt wurde: Es dauert keine zehn Minuten, bis die ersten „Alteingesessenen“ wieder über frühere Großtaten und Kuriositäten sprachen: Dass man sich in Hollenstede extra eher hat auswechseln lassen, um warmes Wasser beim Duschen zu haben oder dass man Augenzeuge des beinahe schon legendären 5:5 in Schlichthorst wurde.

Mit Anpfiff der Partie konzentrierte sich das Geschehen auf die Gegenwart und auf ein erarbeitetes Stück zurückgewonnener Lebensqualität. Und Qualität ist das Stichwort: Beide Kontrahenten lieferten sich einen unerwartet temporeichen Schlagabtausch. Venne machte das Spiel, Belm das Comeback-Tor: Edgar Kehl war es, der sich als erster Akteur in die Torschützenliste der neuen Spielzeit einschreiben konnte. Der Ausgleich von Christian Ndombasi, einem hochveranlagten 19-Jährigen, bescherte dem TSV einen verdienten Achtungserfolg.

Doch es waren die kleinen Szenen zwischendurch, die uns alle wieder zurück in die faszinierende Welt des Amateurfußballs holten. Eine schmerzhafte Parade von Keeper Budde beim Aufwärmen mit Potenzial für Kopfschmerzen in Sachen Familienplanung. Der erste Ball, der ambitionslos über den Zaun geprügelt wurde und Fragen nach der Zuständigkeit in Sachen Wiederbeschaffung aufkommen ließ. Und ein Venner Fan, der mit einem ins Aus getrudelten Ball so seine Probleme und beinahe sein Weizenbier auf dem Gewissen hatte. Amateurfußball, DANKE, dass Du wieder da bist!

Den Vennern gelang es, eine erste Blaupause für die Umsetzung von Freundschaftsspielen zu erstellen und diese konsequent und vor allem gewissenhaft umzusetzen. Natürlich lief noch nicht alles perfekt, aber es war ein erster großer Schritt in die richtige Richtung. Was aber auch klar wurde: Viele kleinere Vereine werden mit der Umsetzung der aktuell geltenden Vorgaben organisatorisch vor Herausforderungen gestellt. Ein Zuschauerzuspruch von über 50 Fans, die in diesem Fall alle einen fest zugewiesenen Sitzplatz benötigen, dürfte für die wenigsten Vereine zu realisieren sein.

Wir werden uns in den kommenden Wochen der Vorbereitungszeit immer wieder mit diesem Thema beschäftigen und dabei vor allem die positiven, für viele Vereine zur Umsetzung geeigneten Modelle hervorheben, aber auch auf mögliche Schwachstellen der Konzepte hinweisen.

Aufrufe: 020.7.2020, 14:04 Uhr
Dennis KurthAutor