2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Heinz Rudloff im Rahmen der China-Reise mit der Knappenschule. Die Reise hat ihn hör- und lesbar beeindruckt.  Foto: Wolfgang Helm
Heinz Rudloff im Rahmen der China-Reise mit der Knappenschule. Die Reise hat ihn hör- und lesbar beeindruckt. Foto: Wolfgang Helm
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Oft liegt es an der falschen Strategie

Was macht eigentlich... Heinz Rudloff, Ex-Profifußballer und Trainer

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Bad Saulgau/Marl - Mit einem Interview mit Heinz Rudloff eröffnet die Schwäbische Zeitung die Serie "Sport vor Ort", die sich in den kommenden vier Wochen durch den Regionalsport ziehen wird. Rudloff war Profi in der 2. Bundesliga (u.a. bei Wattenscheid 09, DJK Gütersloh, Waldhof und FK Pirmasens) ehe ihn der berufliche Werdegang nach Oberschwaben verschlug. Hier coachte der Inhaber der A-Lizenz verschiedene Mannschaften bis zur Landesliga. Dorthin führte er vor rund zehn Jahren den TSV Trochtelfingen. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand kehrte der aus Marl stammende Rudloff dorthin zurück. Inzwischen arbeitet Rudloff für die Knappenschule des FC Schalke 04. Unter anderem. Mit dem 67-Jährigen unterhielt sich Marc Dittmann und fragte nach, wie es ihm geht.

Hallo Herr Rudloff, wie geht's? Traurig über das Aus des FC Schalke 04 gegen Ajax?

Ja schon, obwohl man ja von den "Blauen" eine Menge gewohnt ist. Es war unnötig. Aber wie sagte Sepp Herberger: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

In Ihnen schlägt also das königsblaue Herz. Stammen Sie direkt aus Gelsenkirchen?

Nein, ich komme aus Marl. Das Fußballspielen gelernt habe ich beim TSV Marl-Hüls.

Sie sind nach dem Eintritt in den Ruhestand nach Westdeutschland zurückgekehrt. Was hat Sie dazu bewogen?

Ich bin in meinen 54 Berufsjahren viel rumgekommen. Nach der Lehre als Chemiefacharbeiter kam ich zur Marine nach Schleswig-Holstein. Es folgte das Studium in Hannover, dann war ich Lehrer in Marl an einer Grundschule, dann kam ich durch den Fußball unter anderem nach Mannheim und Pirmasens und als Lehrer ans Kurpfalz-Gymnasium in Mannheim. Es folgten sieben Jahre am Elitegymnasium in Berchtesgaden, dann war ich Pädagogischer Leiter in Sigmaringen beim Ausbildungszentrum Bau und ab 2000 bis 2014 Internatsleiter in Geradstetten. Die Verbindungen in die Heimat sind aber nie abgerissen. Wir sind in unsere Eigentumswohnung nach Marl gezogen.

Sie sind auch Jugendtrainer in der Knappenschule des FC Schalke. Die Arbeit mit den Kindern hält ja wahrscheinlich auch jung... Oder ist es manchmal auch stressig?

Ich bin Teil eines Teams mit rund 30 Trainern. Alle Trainer bei der Knappen-Fußballschule sind in der Regel auf Honorarbasis angestellt. Aber alle haben den königsblauen Virus im Körper. Das Team um Marco Fladrich (Leiter der Knappen-Fußballschule) organisiert rund 30 Camps in ganz Deutschland. Außerdem bietet die Fußballschule Leistungs- und Elitekurse, sowie Spieltagscamps an. Ich bin in der Regel von April bis Oktober einmal im Monat bei einem Camp dabei und lerne so interessante Vereine und Menschen kennen. Außerdem begleite ich noch im Auftrag der Knappen-Fußballschule an der Gesamtschule Berger Feld beim Projekt "Fußball trifft Kultur". Manchmal ist es positiver Stress. Aber so Äußerungen "Heinz, das waren die schönsten Tage meines Lebens" von einem 10jährigen, entschädigen für vieles.

Sie waren ja auch schon mit der Knappenschule in China. Expandiert der FC Schalke dorthin?

Im letzten Jahr durfte ich an der zehntägigen Reise nach Peking teilnehmen. Ein Erlebnis der besonderen Art. Neben der Durchführung zweier Camps hatten wir auch noch die Möglichkeit der Besichtigung der "Chinesischen Mauer" und der "Verbotenen Stadt". Die Knappen-Fußballschule hat Kooperationen mit einigen Partnern in China.

Wie ist der Ablauf eines solchen Camps?

In der Regel sind wir drei oder vier Tage bei den Partnervereinen. Ich denke, dass die Kids eine Menge geboten bekommen. Neben den Trainingseinheiten betreuen wir die Teilnehmer auch bei den Mahlzeiten und setzten auch hier Schwerpunkte im Bereich der Lebensführung (gesunde Ernährung etc.). An den Abenden findet regelmäßig ein Austausch mit den Kooperationsvereinen statt. Von der Sicht des Marketinggedankens ist dies eine tolle Arbeit, die die Knappen-Fußballschule für den FC Schalke 04 leistet.

Auch Ex-Bundesligaspieler wie Martin Max sind dabei ...

Ja. Martin Max ist regelmäßig dabei. Es ist immer toll, wenn ein "Euro-Fighter" erzählt.

Außerdem arbeiten Sie als Jugendleiter des VfB Hüls? Was kommt raus, wenn Sie den Fußball in Oberschwaben und den im Westen vergleichen?

Seit Januar 2017 arbeite ich als sportlicher Leiter für die Jugendabteilung beim VfB. Ein Verein mit Tradition, der vor einigen Jahren noch in der Oberliga agierte. Wir haben 16 Jugendmannschaften, 250 Spieler und 30 Trainer. Einen großen Unterschied zwischen Oberschwaben und dem Westen kann ich nicht feststellen. Überall dort, wo engagierte Menschen tätig sind, läuft es. Talentierte Spieler gibt es überall.

Ein richtiger Unruhestand also?

Da meine Töchter in Honau/Lichtenstein und Stuttgart leben, ist es nicht so einfach. Aber wir sehen uns regelmäßig. Die vier Enkel freuen sich schon immer auf Besuche in Marl, denn da wir im Keller ein Schwimmbad haben, ist das für Kinder natürlich ein Anreiz, die Großeltern zu besuchen.

Sie selbst könnten als A-Trainer höherklassige Mannschaften trainieren. Hat Sie das nach Ihrer eigenen Karriere eigentlich gereizt?

Ich habe seit 1976 die A-Lizenz. Für den Fußballlehrer-Lehrgang war ich im Jahr 1978 schon angemeldet. Da ich meiner Frau versprochen hatte, mit dem Profifußball aufzuhören, wenn wir Kinder haben, war die Geburt unserer Tochter Stefanie dann auch das Ende des Profifußballers Heinz Rudloff und auch der Trainerlaufbahn in der Bundesliga. Im Nachhinein bin ich aber nicht traurig, dass ich den Weg als Sportlehrer ins Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands ab 1978 bis 2014 gegangen bin. Das hat mich geprägt.

Was war Ihre sportlich erfolgreichste Zeit?

Alle Stationen hatten ihren eigenen Reiz. Beim SC Hassel, damals 3. Liga, mit den Spielen um die deutsche Amateurmeisterschaft, gegen Ingolstadt vor 5000 Zuschauern. Damals habe ich nach einem 0:2-Rückstand drei Treffer in drei Minuten erzielt. Auch die zwei Jahre in Gütersloh waren beeindruckend.

Sie hatten ja auch einige prominente Mitspieler wie Gerd Roggensack, Heribert Bruchhagen oder Karl-Heinz Granitza, haben unter anderem Peter Neururer entdeckt. Haben Sie noch Kontakt zu diesen?

Es gibt es noch einige zu nennen. Hannes Bongartz, Helmut Horsch (Wattenscheid), Günter Sebert, Paul Steiner (Waldhof Mannheim), Holger Trimhold, Helmut Lausen (SW Essen), Dieter Weinkauf (Pirmasens). Harry Bruchhagen habe ich mal in Frankfurt besucht (2014). Die anderen sieht man immer wieder mal auf Trainertagungen. Der Kontakt ist also nie abgerissen.

Wer war das größte Talent, das Sie unter Ihren Fittichen hatten?

Auch hier fallen mir sofort einige Namen ein. Ich glaube, Jonas Jarrar hätte es ganz nach oben schaffen können. Ich habe Jonas in Sigmaringendorf in der A-Jugend und danach bei den Aktiven trainiert. Im Ruhrgebiet wäre er bestimmt bei Schalke, Bochum oder Dortmund gelandet. Aber auch Ahmet Nuza, David Heinrich, Christoph Dreher, Björn Freisinger, Michael Schneider, Marc Krämer, Ralf Mielke, Georgios Fotiou, Robert Reiser sind Spieler, die eine Menge Talent haben oder hatten.

Bedauern Sie es, nicht heute Profi zu sein?

Nein, wir sind vor rund 40 Jahren auch gut entlohnt worden. Wenn man ungefähr das Zweifache eines Gehaltes als Lehrer durch den Fußball erhalten kann, darf man sich nicht beklagen

Wie hat es Sie eigentlich nach Sigmaringen und in den Bezirk Donau verschlagen?

Beruflich. Ich hatte damals die Wahl nach Altensteig, Dresden oder Sigmaringen zu gehen. Ich habe dann eine Rundreise gemacht und mir die Orte angeschaut. Sigmaringen und die Umgebung hat mir landschaftlich sehr gefallen. Den Ausschlag hat allerdings das Hohenzollerngymnasium gegeben. Hier sind meine Töchter dann zur Schule gegangen. Ich habe dann von 1991 bis 2000 als Pädagogischer Leiter im Internat des CJD Sigmaringen beim Ausbildungszentrum Bau gearbeitet.

An welche Stationen im Bezirk Donau erinnern Sie sich am liebsten?

Bei allen Vereinen habe ich gerne gearbeitet und interessante Menschen kennengelernt. Bei den meisten war ich ja auch zwei- oder dreimal - auch wenn man zwischendurch mal gefeuert wurde. Die besten und nachdrücklichsten Eindrücke waren der Klassenerhalt mit dem TSV Sigmaringendorf in der Bezirksliga und die Meisterschaft mit dem TSV Trochtelfingen 2004/2005.

Als wir uns kennengelernt haben, waren Sie Trainer beim TSV Trochtelfingen, haben die Trochtelfinger in die Landesliga geführt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Sehr gute! - Ich habe die Mannschaft 2001/02 im April übernommen. Wir konnten dann den Abstieg knapp verhindern. 2002/03 wurden wir 12. - 2003/2004 dann 11. Und in der Saison 2004/2005 Meister mit 100:29 Toren und 73 Punkten (22 Siege, 7 Remis, 3 Niederlagen). Mit Spielern vom Meisterteam habe ich heute noch Kontakt. Wir treffen uns immer, wenn ich in Honau meine Tochter besuche. Ahmet Nuza ist ein wichtiger Freund, auch heute noch.

Tut es weh, wenn Sie sehen, was heute aus manchem Verein geworden ist, so spielt ja Trochtelfingen derzeit in der Kreisliga B...

Sicher tut es weh. Oft liegt es an der falschen Strategie. Wer keinen Blick für die Jugend hat, macht aus meiner Sicht einen Fehler. Viele Clubs arbeiten aber auch wirtschaftlich schlecht. Wenn ich die aktuellen Insolvenzen beobachte (FCA Gütersloh, Spfr. Siegen) dann macht man sich so seine Gedanken. Bei meinem Stammverein, TSV Marl-Hüls hat es gerade eine Steuerprüfung gegeben.

Sie verfolgen ja den Bezirk Donau noch immer aus der Ferne. Was würden Sie mit Ihrer Erfahrung als Ex-Profi, Fußballlehrer einem Verein auf dem mittleren und unteren Amateurniveau raten wie er arbeiten sollte. Ich denke jetzt beispielsweise an die Jugendarbeit.

Wie schon gesagt, den Fokus auf die Jugend setzen. Gute Trainer, auch gut bezahlen, vor allem in den unteren Bereichen (Grundlagentraining, Aufbautraining) einsetzen. Die Strategie muss auch mit den Aktiven abgestimmt sein. Beim VFB Hüls (mein jetziger Club) spielt die erste Mannschaft in der Bezirksliga mit Ziel Landesliga. In der Jugend wollen wir in ein bis zwei Jahren mit den C-Junioren, B-Junioren und A-Junioren zumindest in der Bezirksliga oder Landesliga spielen. Es sollen dann jedes Jahr zwei, drei Spieler den Weg von der U19 in die erste Mannschaft schaffen.

Aufrufe: 022.4.2017, 07:50 Uhr
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