2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview der Woche
FuPa geht mit euch in die Nachspielzeit - in dieser Woche mit Schott-Teammanager Frank Gerhardy.
FuPa geht mit euch in die Nachspielzeit - in dieser Woche mit Schott-Teammanager Frank Gerhardy.

"Wir haben es krachen lassen!"

Schott-Teammanager Frank Gerhardy über die höchst erfolgreiche Runde mit dem TSV, eine verrückte Aufstiegsparty und Kneipenabende mit Jürgen Klopp

Mainz. Kaum ist das „Hallo“ am Telefon ausgetauscht, schon steckt man mitten in einer bildungspolitischen Diskussion über G8 und G9, die auch noch weiter geht, als sich beide Seiten längst einig sind. Was Frank Gerhardy macht, macht er mit Herzblut. Am Gymnasium in Groß-Gerau ist der 41-Jährige Sportlehrer, und beim Noch-Oberligisten und Bald-Regionalligisten TSV Schott Mainz fungiert er seit dieser Saison als Teammanager. Das erste Jahr als Fußballfunktionär überhaupt für den früheren Regionalligaspieler hätte erfolgreicher kaum laufen können. Vor der Aufstiegsparty des bereits feststehenden Meisters am letzten Spieltag gegen die Spvgg. Burgbrohl (Samstag, 15.30 Uhr) berichtet der Diplomsportwissenschaftler von der wundersamen Erfolgsserie des TSV, seiner ersten Begegnung mit Trainer Sascha Meeth vor 25 Jahren und früheren Kneipenabenden mit Jürgen Klopp.

Frank, nochmal herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg, verdienter geht es kaum. Wie war die Party?

Es war sensationell. Die Stimmung in Salmrohr auf dem Platz war schon überragend. Das Video davon ist auf Facebook schon 21.500 Mal angeklickt worden! Die Heimfahrt im Bus war überragend, dann haben wir beim Griechen und in der Stadt noch weiter gefeiert. Nenad Simic sagte im Bus zu mir, dass er in so einer Truppe, die so einen Zusammenhalt hat, noch nie gespielt hat. Die ganze Anspannung war abgefallen, dann haben wir es krachen lassen. Das hatten wir uns auch verdient.

Was hattet Ihr Euch vor der Saison vorgenommen?

Mit unserer jungen Mannschaft wollten wir ein Spielsystem etablieren, die Jungs individuell, gruppen- und mannschaftstaktisch weiterentwickelt. Da hat Sascha (Meeth, der Trainer, d.Red.) sofort mit Videoanalysen angesetzt. Jeden besser machen und dann eine vernünftige Rolle in dieser Liga spielen, vielleicht unter den ersten Sechs, Sieben landen und ein Jahr später oben ein Wörtchen mitreden, das war unser Plan. Nach dem ersten Spiel in Karbach, wo wir 0:3 verloren haben, habe ich für mich gedacht: Das könnte schwierig werden, mit dieser ganz jungen Truppe. Aber die Spieler haben alles, was Sascha gesagt hat, regelrecht aufgesogen und sich prima entwickelt. Es wurde Woche für Woche besser, wir sind zu einer richtigen Spitzenmannschaft geworden, die wir am Anfang noch nicht waren. Unsere Neuzugänge kamen ja größtenteils aus niedrigeren Klassen, und wir haben Spieler in die Regionalliga und Dritte Liga abgegeben. Dass es so läuft, konnte man nicht erwarten.

Was sind für Dich die Schlüsselfaktoren für den Erfolg?

In erster Linie der Trainer, ganz klar, mit seiner akribischen Arbeit. Das hat alles Hand und Fuß. Er hat das Stabi-Training montags im Kraftraum eingeführt, was viele Jungs gar nicht kannten. Die Videoanalysen hat er ganz konsequent durchgezogen. Seine Art der Führung der Mannschaft, wie er jeden mitnimmt, jedem das Gefühl gibt, dass er wichtig ist – das ist der wichtigste Faktor. Aber auch der Zusammenhalt in der Mannschaft, wie die Mannschaft füreinander gekämpft und im Training gearbeitet hat. Die neuen Spieler wurden top integriert, die Stimmung in der Kabine ist klasse. Unser Kapitän Marco Senftleben tut enorm viel für den Zusammenhalt, organisiert Mannschaftsabende, holt nach dem Training Pizza. Der Mannschaftsrat sorgt für ein tolles Klima im Team, die Leistungsträger gehen mit Leistung voran. Das Trainerteam – jeder hat in seinem Bereich alles gegeben. Ganz wichtig fand ich in dieser Saison die Jungs, die hinten dran standen. Sie haben im Training immer das Niveau hoch gehalten und keine schlechte Stimmung verbreitet, sondern positiv auf der Bank unterstützt – das merkt man auf dem Platz. Jeder hat voll mitgezogen.

Du selbst bist im Mainzer Fußball keiner der ganz geläufigen Namen. Was hast Du vor Deinem Engagement beim TSV fußballerisch gemacht?

Als Funktionär habe ich gar nichts gemacht. Ich habe in der Jugend erst in Simmern, dann in Kirchberg gespielt und bin mit 17 zur TuS Argenthal in die Verbandsliga gegangen. Die ganze Jugend über war ich Rheinland-Auswahl-Spieler und wurde dort auch Kapitän. Dann bin ich zum SC Idar-Oberstein gewechselt, in die Regionalliga. Es war eine schöne Zeit, aber ich war eher Ergänzungsspieler. Als ich zum Studieren nach Mainz kam, war ich in der Oberliga bei Hassia Bingen und beim TSV Emmelshausen, dann noch einmal zwei Jahre TuS Argenthal und am Schluss ein Jahr in Walluf in der Verbandsliga Hessen. Dort habe ich es ausklingen lassen, war 30 Jahre alt, im Berufsleben, hatte sieben Bänderrisse und einen Schien- und Wadenbeinbruch hinter mir. Ich kann mich noch gut bewegen, Tennis spielen und ein bisschen Joggen. 13 Jahre im Aktivenbereich von fünfter bis dritter Liga, das war eine schöne Zeit. Ich habe meine Lizenzen gemacht, C- und B-Trainerschein, aber das war nicht richtig was für mich. Zum Fußball kam ich erst zurück, als das Angebot vom TSV Schott kam

Wie kam's, dass Du beim TSV den Posten des Teammanagers übernommen hast, den es zuvor gar nicht gab?

Beim TSV Schott arbeite ich seit 2007 als Tennistrainer, habe viele Oberligaspiele geguckt, auch in Gonsenheim. Till (Pleuger, Manager, d.Red.) und ich haben uns auf der Tennisanlage kennen gelernt, uns mal auf ein Bierchen verabredet, über Fußball erzählt und uns von Anfang an gut verstanden. Da hat er mich gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, bei den Fußballern eine Aufgabe zu übernehmen, denn so eine Position würde noch fehlen. Als Sascha, Till und ich zehn Minuten beim Griechen gesessen hatten, haben wir gesagt: Das machen wir. Man kann sagen, dass wir drei richtige Freunde geworden sind.

Wie lang kennst Du Sascha schon?

Wir haben als Spieler 1992/93 schon gegeneinander gespielt, er für Salmrohr, ich für die TuS Kirchberg in der A-Jugend-Verbandsliga. Man kannte den Sascha als Spieler schon, er war richtig gut. Ohne die schweren Verletzungen hätte er den Weg in den Profibereich gefunden. Der Mainzer Fußball, die 05er, das hat mich interessiert. Jürgen Klopps Stammkneipe war das L'Arcade, da haben wir öfters mal ein Bierchen getrunken. Und Saschas Name stand immer wieder in der Zeitung. Ich wusste, was er macht, aber er hatte mich glaube ich nicht auf dem Schirm.

Dass Ihr überhaupt für die Regionalliga gemeldet habt, war ein gewaltiger Kraftakt. Kannst Du erzählen, was da hinter den Kulissen alles notwendig wurde?

Wir haben uns im November das erste Mal zusammengesetzt, uns die Unterlagen vom Regionalverband schicken lassen und gesehen, welche Auflagen es gibt. Das Stadion und die Sicherheitsauflagen waren der Knackpunkt. Wir wussten: Wenn wir die Stadionfrage außerhalb des Bruchwegs nicht hinbekommen, wird es unmöglich. Gerade was das Sicherheitskonzept angeht, war Till sehr engagiert. Er hat seine Kontakte genutzt und vieles möglich machen können. Jens Greiner hat das Sicherheitskonzept entwickelt. Die beiden haben die Hauptarbeit geleistet, ohne die beiden wäre es nichts geworden.

Euer Führungsstab ist auch der Geselligkeit nicht abgeneigt. Ihr habt einen Zusammenhalt, wie man ihn eher von tieferklassigen Dorf- und Stadtteilklubs kennt. Was ist das Erfolgsrezept? Mancher Spieler schwärmt von einer ganz besonderen Kneipe in der Altstadt...

(lacht) Da waren wir auch schon zusammen. Wir sind kein Profiklub, sondern ein Verein, der über den Zusammenhalt von Mannschaft, Trainer und die Funktionärsseite kommt. Die Jungs kommen gerne nach dem Spiel auf ein Würstchen oder ein Bier zum Wagen der Senftlebens. Ich persönlich habe einen sehr guten Kontakt zu den Jungs. Es waren auch schon viele bei mir zu Hause ein Bierchen trinken, und dann sind wir zusammen ins L'Arcade gegangen. Wir sind eine Einheit – warum soll man nicht, wenn die Arbeit getan ist, auch zusammen feiern gehen? Ich glaube nicht, dass dadurch ein Respektsverlust entsteht. Ich brauche keinen, der mich siezt, das finde ich völlig blödsinnig. Wir sind so, wie wir sind. Ich denke, dieser Zusammenhalt über alle Ebenen ist auch der Grund, warum wir erfolgreich sind.

Wenn Ihr in die Regionalliga geht, wird es deutlich mehr sportliche Rückschläge setzen. Wie schafft Ihr es, diese Stimmung zu konservieren?

Wir haben die Mannschaft zusammengehalten, das war uns wichtig. Das Innenleben der Mannschaft ist stabil. Uns ist bewusst, dass wir in der Regionalliga eine ganz kleine Nummer sind, die sich für jeden Punkt strecken muss. Wir gehen realistisch an die Sache heran. Wir werden als Feierabend-Fußballer gehen Profis antreten. Aber die Rückschläge werden wir verkraften, da bin ich mir sicher. Mit der Mannschaft haben wir darüber bereits gesprochen. Sascha wird die richtigen Worte finden, um das zu moderieren.

Ihr habt 17 Spieler vom aktuellen Kader auch für die neue Saison unter Vertrag, zwei bis drei Junioren kommen hinzu – bleibt da überhaupt Platz für Neuzugänge?

Ja, mit Sicherheit. Vier bis fünf neue Spieler werden kommen, die den Konkurrenzkampf massiv erhöhen werden. Wir sind uns bewusst, dass wir die Qualität erhöhen müssen, um in der Regionalliga zu bestehen. Aber wir werden weiter unseren Weg mit jungen Spielern gehen, die einen Bezug zur Region haben und in unser Gehaltsgefüge passen. Wir können niemanden nehmen, der vom Fußball leben will.

Aufrufe: 019.5.2017, 20:00 Uhr
Torben SchröderAutor