2024-04-24T07:17:49.752Z

Spielvorbericht
Christian Hahn (links) kommt beim TSV Schott Mainz jetzt erst so richtig in Fahrt. Im Top-Spiel beim 1. FC Kaiserslautern II war er als Doppelpacker der Matchwinner.
Christian Hahn (links) kommt beim TSV Schott Mainz jetzt erst so richtig in Fahrt. Im Top-Spiel beim 1. FC Kaiserslautern II war er als Doppelpacker der Matchwinner. – Foto: TSV Schott Mainz

Vom Schichtdienst zum Shootingstar

VORSCHAU OBERLIGA RPS +++ Christian Hahn hat ein schwieriges Halbjahr hinter sich – und parallel den großen Schritt in die Oberliga geschafft

Mainz. Die Unkenrufe schallten von Alzey bis in den Mainzer Norden. Christian Hahn, Oberliga? Das schafft er nicht, erst recht nicht im Schichtdienst. So hieß es rund um den Wartberg nicht nur hinter vorgehaltener Hand. „Ich habe es mitbekommen“, erzählt der 22-Jährige, „und ich wollte zeigen, was in mir steckt.“ Auf jeden Fall war die Skepsis für ihn eine Extra-Portion Motivation. Seit 1. März ist der Schichtdienst zu Ende. Hahns Bilanz bei Oberliga-Spitzenreiter TSV Schott Mainz: elf Spiele, fünf Mal Startelf, fünf Tore. Und jetzt soll es ja erst richtig losgehen.

Der 1. März ist der eigentliche Saisonstart für den Linksfuß

Ab März, sagte Trainer Sascha Meeth schon zum Saisonstart, könne man so richtig mit dem schnellen Linksfuß am offensiven Flügel rechnen. Bislang hat er bei Michelin in Bad Kreuznach im Vier-Schicht-System gearbeitet. Entsprechend schwierig war der Start für den verbandsligaerprobten Blondschopf (54 Spiele, 14 Tore). Andauernder Trainingsrückstand, kaum Einsatzminuten. Im September rappelte es. Training, Eckchen. „Kann man als Karneval spielen, mit Beinis und Trallala“, sagt Meeth, „oder im Wettkampfmodus, mit Passschärfe.“ Bei Hahn war es zu viel Karneval. Der A-Lizenz-Inhaber machte eine klare Ansage, und er lernte, auf welch fruchtbaren Boden solche Ansagen bei Hahn fallen. Im folgenden Spiel in Diefflen beorderte Meeth ihn erstmals in die Startelf, zwischen zwei Nachtschichten, mit zwei, drei Stunden Schlaf. Und Hahns erster Torvorlage.

„Ich war vorher in einem kleinen Loch“, erzählt Hahn, „dann kam der Weckruf, seitdem ging es bergauf.“ Meeth beschreibt den Industriemechaniker aus Bad Kreuznach als offenen, lebensfrohen Menschen, der prima für’s Mannschaftsgefüge ist, aber auch als aufgeschlossenen Gesprächspartner für ernsthafte Diskussionen. Und als jemanden, der unbedingt lernen will. Schon im Winter 2018/19, als Silas Schwarz nach Mannheim ging, wollte Meeth den früheren Schottler, der von der C- bis zur A-Jugend beim TSV gespielt hat, von RWO Alzey loseisen. Keine Chance. Im Sommer klappte der Wechsel, für beide Seiten aufgrund der Arbeitsbelastung ein mutiger Schritt. „Von seiner Einstellung zum Fußball her ist er ein Parade-Beispiel“, betont Meeth.

Zwei Urlaubstage, zwei Doppelpacks

An die zehn Urlaubstage hat Hahn schon genommen, für den TSV. Für das Heimspiel gegen Arminia Ludwigshafen, und auch für das jüngste Gastspiel beim FCK II, an seinem eigentlich letzten Frühschicht-Tag. Beide Male schnürte Hahn einen Doppelpack. „Hat sich gelohnt“, grinst er. Die Arbeitssituation hat ihn belastet, das gibt er offen zu. Über den Jahreswechsel hatte er einen Hänger. All der Stress, die zeitintensive Vorbereitung, packt er das noch? Seit rund einem Monat, das Ende des Schichtdienstes vor Augen, ist der Optimismus wieder da. Das Lautern-Spiel soll die Initialzündung sein. Bis Juli hat er nun immer zwischen 15 und 16 Uhr Feierabend, danach folgen zwei Jahre Techniker-Schule in Ingelheim. Planbare Tage, Wochen, Monate, die der Leistungskurve zugute kommen dürften.

„Ich erhoffe mir einen weiteren Schub“, sagt Meeth, „wenn er so fokussiert bleibt, sind weitere Leistungssprünge drin. Von der Kategorie Mairose und Del Vecchio, die aktuell unser Spiel tragen, ist er noch ein Stück weg. Aber er arbeitet sehr hart.“ In der Vorbereitung schulte der 45-Jährige seinen Flügelstürmer schon auf Linksverteidiger um, zumindest als Zweitposition, seiner Dynamik wegen. Die taktische Arbeit gegen den Ball, die Handlungsschnelligkeit auf engem Raum im ersten Kontakt und den rechten Fuß sieht der Trainer als Mankos. Aber dass Christian Hahn die Oberliga nicht packt, davon kann keine Rede sein.

Mit Rückenwind ins Rheinhessen-Derby

Erster gegen Vorletzter – „aber zu Tausend Prozent wird hier niemand Hassia Bingen unterschätzen“, betont Schott-Mainz-Trainer Sascha Meeth vor dem Rheinhessen-Derby am Samstag (14:30 Uhr). Auf Körperlichkeit und Erfahrung komme es gegen Thomas Eberhardts Routiniers an. Umso wichtiger, dass Jonas Raltschitsch wieder startklar ist. Auch Nicklas Schlosser und Janek Ripplinger könnten zurückkehren, der hochgezogene U19-Spieler Marius Fuchs darf auf sein Debüt hoffen. „Die Jungs, die in Lautern mit Bravour bestanden haben, werden wieder alles investieren“, hofft Meeth auf Rückenwind aus dem 3:1-Sieg im Topspiel.

Aufrufe: 05.3.2020, 21:00 Uhr
Torben SchröderAutor