2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait
Foto: Fabian Terwey
Foto: Fabian Terwey

Milko Micanovic trägt sein Herz auf der Zunge

Spielender Co-Trainer des TSV Oerlinghausen im FuPa Ostwestfalen Portrait.

Es waren turbulente Monate für Milko Micanovic. Der spielende Co-Trainer des Bezirksligisten TSV Oerlinghausen übernahm im vergangenen November interimsweise das Coaching von Ex-Trainer Angelo Ntaflos. "Zunächst hatte ich überlegt, den Verein gemeinsam mit Angelo zu verlassen. Ich hatte ein Angebot vom Landesligisten VfB Schloß Holte, doch ich habe abgesagt, weil ich meinem Heimatverein helfen wollte, wo ich konnte. Es war eine Entscheidung gegen den sportlichen Aufstieg und für das Herz."

Milko Micanovic - ehrgeiziger Fußballer alter Schule. Ein Portrait.

Mr. Ehrgeiz ist zurück auf dem Feld. Milko Micanovic ist nach seiner Tätigkeit als hauptverantwortlicher Interimstrainer des TSV Oerlinghausen wieder „nur“ spielender Co-Trainer der Bergstädter. Mit Beginn der Lippischen Hallenmeisterschaft vor Weihnachten übernahm der neue Trainer Thorsten Neubauer das Coaching. Und Micanovic ist froh darüber: ""Für mich war immer klar, dass ich das Traineramt nur vorübergehend bekleide, um wieder selbst spielen zu können. Mit Thorsten verstehe ich mich gut, denn wir sprechen dieselbe Sprache. Wir sind beide Gewinner-Typen.“ Neubauer lobt seine rechte Hand ebenso: „Milko geht mit seinem Ehrgeiz stets voran.“

Das Verständnis zwischen dem neuen Trainer und Micanovic lag Oerlinghausens Fußball-Obmann Gregor Kramer bei der Auswahl des Nachfolgers von Ex-Coach Angelo Ntaflos am Herzen: "Mir war wichtig, dass Milko als spielender Co-Trainer weiterhin in das Coaching einbezogen wird." Schließlich ist der Leistungsträger zugleich Identitätsfigur bei seinem Heimatverein.

Milko Micanovic ist in Oerlinghausen verwurzelt. Seine Eltern wohnen in der Bergstadt. Vater Miele Micanovic war einst ebenfalls erfolgreicher Spieler des TSV und ist noch heute allenthalben bekannt. Dementsprechend ist Milko Micanovic für alle Oerlinghauser nur "der kleine Miele". Und der 30-Jährige ist stolz darauf: "Mein Vater war ein hervorragender Fußballer. Leider hatte er genauso wie mein Bruder Marko einen Kreuzbandriss erlitten. Ich bin bislang davon verschont geblieben. Meine Mama wird der glücklichste Mensch der Welt sein, wenn ich eines Tages mit dem Fußball spielen aufhöre."

In seiner Zeit als Interimstrainer verzichtete Micanovic bereits auf eine aktive Rolle auf dem Feld: "Als Trainer hast du schon genug zu tun. Du musst alle in der Mannschaft im Blick haben, organisatorische Dinge regeln und Anweisungen geben. Montags hatte ich immer eine ganz heisere Stimme." Und zwar unabhängig von den Leistungen seines Teams. Denn der Lagerleiter eines Bielefelder Autohauses blieb in seinen ersten drei Partien als TSV-Interimstrainer ungeschlagen

Das erste erzielte Ergebnis als hauptverantwortlicher Trainer passte sich dem trostlosen Novemberwetter an: 0:0 hieß es im Nachholspiel beim SC Hicret Bielefeld. "Ich war aber glücklich darüber, denn auf dem tiefen Ascheplatz war es für uns als technisch starkes Team eine Frage der Einstellung. Es ging nur darum, die Null zu halten. Ich hasse es einfach, zu verlieren." Generell fordert der Bayern-Fan sich und anderen immer alles ab und scheut sich nicht davor, andere mit der schonungslosen Wahrheit zu konfrontieren. "Ich bin damit aufgewachsen, dass man sich im Team auf dem Platz die Meinung sagt. Auch Gegenspielern bin ich das ein oder andere Mal fast an die Gurgel gegangen. Nach dem Spiel war aber immer alles in Ordnung. Und wenn nicht hat man in der Kabine nochmal einen Mülleimer kaputtgetreten."

Das musste Micanovic aber auch im zweiten und dritten Spiel als Interimstrainer nicht. Es folgten ein 4:3-Sieg gegen den FSC Rheda und ein 2:2-Unentschieden gegen den SC Bielefeld 04/26. Doch dann krachte es. Micanovic machte mangelnde Einstellung bei seinem Team im letzten Ligasspiel des vergangenen Jahres gegen den TuS Jöllenbeck aus: "Wir hatten einige Verletzungssorgen. Aber laufen und Willen zeigen kann jeder. Beides haben wir nicht getan.“ So brach der Oerlinghauser auch aufgrund von Personalmangel mit seinem Prinzip und wechselte sich beim Stand von 0:2 zur zweiten Halbzeit selbst ein - zu spät. Die Partie endete mit 0:4.

Foto: Fabian Terwey
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„Beim letzten Gegentor lassen wir uns blind ausspielen. Dieser charakterlose Auftritt von uns hatte sich bereits im Training der vergangenen Woche abgezeichnet“, brach es damals aus Micanovic heraus. Nun kann der Verteidiger in seiner Rolle als spielender Co-Trainer wieder von Beginn an zu mehr Stabilität beitragen. So geschehen bereits bei den Lippischen Hallenmeisterschaften. Der Einzug in die Endrunde am 22. Januar in der Lemgoer Lipperlandhalle gelang nahezu reibungslos. Lediglich der Körper meldete sich beim 30-Jährigen: "In meinem Alter sind zwei Tage Hallenfußball hintereinander wie beim Turnier in Heepen und in Werl-Aspe schon hart. Ich hatte einige Blessuren."

Micanovic wird dem TSV Oerlinghausen bei der Endrunde der Lippischen Hallenmeisterschaften aufgrund der Geburtstagsfeier eines guten Freundes fehlen, doch Schluss mit dem aktiven Fußball ist noch lange nicht: "Ich wollte immer mit 30 aufhören. Doch nun spiele ich solange ich Spaß habe. Irgendwann ist es dann sowieso vorbei, denn Fußball ist ein dreckiges Geschäft. Wenn man nicht funktioniert, wird man aussortiert. Mein Wunsch ist aber, meine Karriere als Spieler in Oerlinghausen zu beenden." Bei so viel Verbundenheit zum TSV wird das beim ehrgeizigen Oerlinghauser noch dauern. Die Mama muss sich noch ein wenig gedulden.

Milko Micanovic bei FuPa
Aufrufe: 015.1.2017, 10:00 Uhr
Fabian Terwey / FuPaAutor