2024-04-16T09:15:35.043Z

Analyse
Wann kommt das im Amateurfußball schon einmal vor? Der Chef des Bayerischen Fußball-Verbandes Dr. Rainer Koch trifft Meitingens Boss Torsten Vrazic. Der DFB-Vizepräsident, am Tag zuvor noch beim Länderspiel gegen Ungarn in Gelsenkirchen, verfolgte das Relegationsspiel gegen Stätzling.  Foto: Marcus Merk
Wann kommt das im Amateurfußball schon einmal vor? Der Chef des Bayerischen Fußball-Verbandes Dr. Rainer Koch trifft Meitingens Boss Torsten Vrazic. Der DFB-Vizepräsident, am Tag zuvor noch beim Länderspiel gegen Ungarn in Gelsenkirchen, verfolgte das Relegationsspiel gegen Stätzling. Foto: Marcus Merk

Chefsache

BFV-Präsident Rainer Koch hat die Prügelszenen nach Spielschluss persönlich gefilmt +++ Meitingens Abteilungsleiter Torsten Vrazic arbeitet den Abstieg auf

„Das Tor war übrigens ein Handspiel.“ Ganz lapidar sagt Torsten Vrazic, was er in der schlaflosen Nacht von Sonntag auf Montag in einem Video gesehen hat. Die Rede ist vom Stätzlinger Auswärtstreffer, den Markus Rolle zum 2:1 erzielt hat. Nach dem 1:0 in Hinspiel bedeutete es für den FC Stätzling den Aufstieg, für den TSV Meitingen nach nur einer Saison wieder den Abstieg aus der Landesliga.

Vrazic trägt es mit Würde, obwohl er viel Herzblut investiert hat und mit den Winter-Verpflichtungen von Michael Wende, Florian Prießnitz und Marco Lechner volles Risiko gegangen ist. Natürlich sei die Enttäuschung groß. „Das ist nicht spurlos vorübergegangen. Aber jetzt gilt es, den Abstieg zu verarbeiten.“

Beim TSV Meitingen ist man aber auch stolz auf diese Saison, in der der Aufsteiger für Furore gesorgt hat und die mit einem Riesen-Fußballfest zu Ende gegangen ist. „Wir haben acht Wochen lang einen Abstiegskampf geliefert, der seinesgleichen sucht. Wir haben alles reingehauen, die Hoffnung nie aufgegeben. Bis zur 49. Minute waren wir ja drin in der Landesliga. Dann hat vielleicht doch die Kraft gefehlt“, bilanziert der TSV-Fußball-Boss. „Aber dass über 2000 Zuschauer, darunter der DFB-Vizepräsident Rainer Koch, nach Meitingen kommen. Das ist einzigartig. Wir haben in Meitingen das, was wir in der Landesliga erlebt haben, förmlich aufgesogen.“ Es wird noch ein paar Tage dauern, bis alles aufgearbeitet ist. „Wir sind wieder da, wo wir hingehören“, sinniert Vrazic, „aber es hat sich gezeigt, dass wir die Landesliga stemmen könnten. Wir hatten die meisten Zuschauer, haben begeisternde Spiele gezeigt und viele Freunde gewonnen.“ Aus der ganzen Liga sei Zuspruch und Ausdruck des Bedauerns gekommen.

Dass das Fußballfest mit einigen unschönen Szenen geendet hat, ärgert sowohl Torsten Vrazic als auch Spielertrainer Florian Prießnitz. Ein Zuschauer aus Stätzling hat den Meitinger Spieler Michael Wende ununterbrochen provoziert und beleidigt. „So ein Typ hat auf einem Sportplatz im Amateurfußball nichts zu suchen“, findet Prießnitz deutliche Worte: „Unsere Ordner hätten viel früher und anders eingreifen müssen. Dann wäre es nicht so weit gekommen.“

Irgendwann hat man ihm das Megafon weggenommen. Nach dem Spiel hat der laut Prießnitz stark angetrunkene Mann dann weiter die Meitinger provoziert. Irgendwann sind dann die Fäuste geflogen, hat Denis Buja eine Trinkflasche nach ihm geworfen. „Emotionen gehören zum Fußball. Das sollte man nicht überbewerten und abhaken“, sagt Vrazic. Der Stätzlinger hat sich am Ende bei Wende entschuldigt. „Ansonsten war das Spiel so was von fair. Und ich habe selten so einen guten Schiedsrichter gesehen.“ Den Unparteiischen und auch das Handgemenge hat auch Rainer Koch registriert. Der BFV-Präsident hat sogar mit seinem Handy gefilmt. Was er dazu gesagt hat? Außer „Man muss das richtig einordnen“ habe er laut Vrazic nicht viel dazu geäußert. Mehrere Meitinger Spieler haben sich hinterher auch noch mit Pressefotografen angelegt und diese beleidigt. „Keiner will, dass er fotografiert wird, wenn er nach so einem Spiel weinend am Boden liegt“, bricht Vrazic eine Lanze für seine Kicker. „Da erwarte ich mehr Feingefühl für einen Spieler, der gerade abgestiegen ist.“ Und auch Florian Prießnitz zeigt Verständnis: „Klar sollte man sich besser beherrschen, aber da muss man auch nicht so nah draufgehen.“

Der Leiter der zuständigen Redaktion Augsburger Land unserer Zeitung, Christoph Frey, hält dagegen. „Bei allem Verständnis für die Emotionen unmittelbar nach Schlusspfiff: Dass man unbeteiligte Menschen, die nur ihrer Arbeit nachgehen, attackiert, das geht gar nicht.“ Sportler könnten von den Medien nicht nur erwarten, nach Erfolgen in den Himmel gehoben zu werden. Frey: „Auch Niederlagen gehören eben zum Leben und finden ihren Niederschlag in der Zeitung.“

Mit Michael Wende (SC Bubesheim), Xhevalin Berisha (SV Cosmos Aystetten) und Christoph Bronnhuber (TSV Offingen) stehen drei Abgänge bereits fest. Ob weitere folgen werden? „Simon Schröttle kehrt zum TSV Rain zurück“, so Vrazic. Während andere Klubs noch auf dem Spielfeld den Meitingern ihre Angebote unterbreitet haben, hat er seine Spieler am Montag noch in Ruhe gelassen. „Wir alle müssen erst einmal den Kopf frei bekommen.“ Selbst für den Fall des Abstiegs haben Florian Bauer, Tobias Hellmann, Benni Hoff, Marco Lechner und Denis Buja übrigens auch bereits für die Bezirksliga zugesagt. Als Neuzugang ist bisher nur Torhüter Daniel Wagner (TSV Nördlingen II) bekannt. Vrazic will jetzt diejenigen kontaktieren, die er ausgesucht habe. Außerdem wollen wir den einen oder anderen von der zweiten Mannschaft hochziehen. „Das soll sich wieder zusammenschweißen.“

Ein ganz wichtiges Gespräch hat Montagabend stattgefunden. Das mit Spielertrainer Florian Prießnitz, der erst vor kurzem für den zurückgetretenen Ali Dabestani die Verantwortung übernommen hat. „Er ist der erste Ansprechpartner“, würde Torsten Vrazic mit dem 28-Jährigen gerne weiter zusammenarbeiten.

Aufrufe: 07.6.2016, 07:31 Uhr
Augsburger Landbote / Oliver ReiserAutor