2024-05-08T11:10:30.900Z

Interview der Woche
Einstand geglückt: Muriz Salemovic (vorne) steht sportlich erstmals in der Verantwortung und liegt mit den Landsbergern voll auf Kurs. F: Schwendinger
Einstand geglückt: Muriz Salemovic (vorne) steht sportlich erstmals in der Verantwortung und liegt mit den Landsbergern voll auf Kurs. F: Schwendinger

»Die eigene Leistung leidet enorm darunter«

Muriz Salemovic (30) ist im Sommer als Spielertrainer zum TSV Landsberg zurückgekehrt +++ Ein Gespräch über Perspektivwechsel, Wehmut und eine überraschende Selbsterkenntnis

Der verlorene Sohn kehrte im Sommer zurück. Zweieinhalb Jahre führte Muriz Salemovic Regie beim FC Memmingen in der Regionalliga. Nach dem Abstieg der Landsberger aus der Bayernliga kehrte der 30-Jährige Edeltechniker an seine alte Wirkungsstätte zurück - in neuer Funktion: Als spielender Coach steht er nun erstmals in seiner Laufbahn sportlich in der Verantwortung. Und der Einstand verlief vielversprechend. Unter seiner Regie steuert der TSV schnurstracks auf die Rückkehr in die Bayernliga zu. Zusammen mit FuPa zieht der Trainernovize zur Winterpause ein erstes Fazit.
FuPa: Muriz, du hast im Sommer den Schritt ins Trainergeschäft gewagt. Wie fällt nach einem knappen halben Jahr deine erste Bilanz aus?
Muriz Salemovic (30): Im Großen und Ganzen sehr positiv. Es war ja komplettes Neuland für mich. Nach dem Abstieg wusste niemand so recht, wie es weitergehen sollte. Im Mai hatten wir Zusagen von drei bis fünf Spielern. Respekt an die Verantwortlichen, was dann im Hinblick auf die laufende Saison noch auf die Beine gestellt wurde. Trotzdem war die Erwartungshaltung eher niedrig. Von daher ist die Entwicklung schon sehr positiv, wir können zufrieden sein.

Als Spieler warst du primär mit dir selbst beschäftigt. Als spielender Coach musst du jetzt, ein wenig überspitzt ausgedrückt, für zehn Teamkameraden mitdenken. Wie schwer fällt dir die Umstellung?
Ich sehe das Ganze jetzt mit anderen Augen und schimpfe bestimmt nicht mehr so schnell auf die Trainer. (lacht) Ich habe jetzt noch viel mehr Respekt vor der Trainerarbeit. Dein Fokus liegt nicht mehr auf dir selber, die Mannschaft steht komplett im Mittelpunkt. Du bist immer abgelenkt, musst sehr viel berücksichtigen. Ich muss zugeben, die eigene Leistung leidet enorm darunter.

In einer Mannschaft hast du es mit vielen unterschiedlichen Charakteren zu tun. Wie gehst du damit um?
Man kann es nie jedem recht machen, das ist unmöglich. Und nach einem Spiel wissen es ohnehin alle besser. Es gibt immer unzufriedene Spieler und obwohl es bei uns gut läuft, haben wir auch unsere Baustellen. Es prasselt vieles auf einen ein. Ich will`s mir gar nicht vorstellen, was los ist, wenn`s mal nicht so läuft. (lacht) Aber natürlich wird es auch solche Phasen geben, das wird spannend.

»Es hat wehgetan, dieses Kapitel beenden zu müssen. «

Bisher aber könnt ihr euch wahrlich nicht beklagen. Ihr überwintert an der Tabellenspitze.
Auch wir mussten schon Federn lassen. Wir hatten einige Verletzte und mussten teilweise mit nur zwölf Spielern aus dem Kader der ersten Mannschaft antreten. Aber die Jungs haben eine super Mentalität und haben das brutal gut aufgefangen.

Wie bist du mit dir persönlich zufrieden?
Das eine oder andere Tor mehr hätte es schon sein dürfen. Wie gesagt, der Spagat hat es schon in sich. Du kannst dich nicht mehr so auf dein Spiel fokussieren, weil du während der 90 Minuten viele andere Dinge im Kopf hast.

Vor ziemlich genau einem Jahr warst du mit dem FC Memmingen zu Gast bei den Löwen. Grünwalder Stadion, 12.500 Zuschauer, tolle Stimmung. Vermisst du die Regionalliga?
Ich muss gestehen, ich hätte gerne weiter in der Regionalliga gekickt. Tolle Gegner, tolle Stadien. Mir war das Training auch nie zu viel, im Gegenteil: Ich bin immer gerne nach Memmingen gefahren. Ich habe dort in zwei Jahren mehr gelernt als in den 20 davor. Ich konnte mich auch menschlich unglaublich weiterentwickeln. Es hat wehgetan, dieses Kapitel beenden zu müssen.

Da schwingt viel Wehmut mit. Warum bist du dann zurück nach Landsberg?
Es ging einfach nicht mehr anders. Ich bin beruflich ziemlich eingespannt. Ich lebe in Landsberg, arbeite aber in Denklingen bei einem Autozulieferer in der Werkzeugvorbereitung. Von dort aus sind es rund 70 Kilometer nach Memmingen. Ich bin einfach an eine Grenze gestoßen. Vollzeit im Beruf und semiprofessioneller Fußball, das wurde einfach zu viel. Darüber hinaus musste meine Frau über zwei Jahre lang auf viel verzichten.

Rückkehr ausgeschlossen?
Zu 100 Prozent möchte ich es noch nicht ausschließen. Ich meine, ich bin echt glücklich, dass ich den Schritt damals nach Memmingen gewagt hatte und ich hatte eine super Zeit beim FCM. Aber das dürfte doch eher schwierig werden.

F: Leifer
F: Leifer

Keine Zeit für Futsal: Am 25. Dezember geht`s für vier Wochen nach Vietnam.

Zurück zum TSV Landsberg: Du bist als Edeltechniker bekannt. Lässt du dein Team daher auch die feine Klinge schlagen?
Ich lege erstaunlicherweise sehr viel Wert auf die Defensive. Dafür bin ich eigentlich so gar nicht prädestiniert. (lacht) Ich bin schon sehr darauf erpicht, dass wir eng am Mann sind, die Zweikämpfe gut führen und hinten gut verschieben. Ich denke, erst 17 Gegentore beweisen, dass wir auf die Abwehrarbeit ein Hauptaugenmerk richten. Und wenn wir mal mit langen Bällen operieren, ist das sicher auch keine Schande. Nur ein Plan muss halt dahinter stecken. Es nützt uns zum Beispiel nichts, wenn wir die Kugel hoch nach vorne bringen, der Stürmer dann aber per Kopf ins Leere verlängert.

Jetzt ist erst einmal Winterpause angesagt. Zeit, um deiner Futsal-Leidenschaft zu frönen oder?
Dem Team habe ich acht Wochen freigegeben. Sie sollen schön abschalten und dann Ende Januar mit richtig Bock auf Fußball in die Vorbereitung starten. Für mich persönlich wird nicht viel Zeit für Futsal bleiben. Am 25. Dezember fliegen wir für vier Wochen nach Vietnam, machen dort eine Rundreise von Nord nach Süd.

Stichwort Kaderplanung: Wird es im Winter personelle Änderungen geben?
Da wird sich definitiv etwas tun, wenn nicht im Winter, dann bestimmt zum Sommer hin. Wir stehen mit einigen Spielern in Kontakt und wir haben auch die Gespräche mit unseren Leuten schon aufgenommen. Das war mir sehr wichtig, dass wir das frühzeitig in die Wege leiten. Da wurde in der Vergangenheit in Landsberg so manches verschlafen. Ende Januar oder Anfang Februar will ich die Zusage von 10 bis 15 Leuten haben, um die herum wir eine Mannschaft formen werden.

Noch ein Ausblick ins neue Jahr: Packt ihr den Wiederaufstieg?
Es wird eine sehr spannende Frühjahrsrunde. Türkspor Augsburg, Ichenhausen und auch Neuburg haben mir sehr gut gefallen, die sind richtig stark. Natürlich können wir uns nicht hinstellen und sagen, wir wären mit dem Klassenerhalt zufrieden. (schmunzelt) Der Verein würde sich den Wiederaufstieg wünschen. Aber klar ist auch, dass wir dann die Schlagzahl erhöhen müssten. Zweimal pro Woche Training wie im Moment, das würde nicht mehr funktionieren.

Danke fürs Gespräch, Muriz Salemovic!

Aufrufe: 029.11.2018, 15:37 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor