2024-04-16T09:15:35.043Z

Allgemeines
Alex Mischenko im Walheim-Trikot. Foto: Merkens
Alex Mischenko im Walheim-Trikot. Foto: Merkens
Sparkasse

„Viele gucken mich an und wollen ein Foto mit mir machen“

Der Ex-Walheimer Alexander Mischenko kickt nach einem kurzen Russland-Gastspiel jetzt beim kirgisischen Rekordmeister

Es war die Transfergeschichte des Winters – zumindest bei den Fußballamateuren. Ein Spieler von Hertha Walheim wechselt nach Russland und wird Profifußballer. Nicht nur in unserer Region sorgte der Sprung von der sechsten in die Erste Liga für Wirbel, auch bundesweit wurde über Alexander Mischenko berichtet. Mittlerweile kickt der 19-Jährige in seinem Geburtsland Kirgisistan. Lars Brepols hat sich mit ihm über seine Zeit in Russland, die Gründe für seinen Wechsel und den „Draht“ nach Walheim unterhalten.

Herr Mischenko, warum spielen Sie nicht mehr in Russland?

Alexander Mischenko: Ich war dort nicht spielberechtigt, da mein Verein FK Orenburg bereits zu viele Ausländer gemeldet hatte. Ich habe dann kurz überlegt, ob ich wieder nach Deutschland zurückkehren soll. Dann kam die Anfrage vom FC Dordoi aus Kirgisistan, und nach Gesprächen mit den Verantwortlichen habe ich mich dafür entschieden.

Wie kam der Kontakt zustande?

Mischenko: Der FC Dordoi wird vom kirgisischen Nationalcoach trainiert. Da ich bereits für die kirgisische U 23 gespielt und mit der A-Nationalmannschaft trainiert habe, kannten wir uns. So ist dann auch der Kontakt entstanden.

Kommen wir auf Ihre Zeit in Russland zurück. Hatten Sie ein wenig Bammel vor Ihrem Wechsel?

Mischenko: Ja klar, das hatte ich schon. Ich musste das erste Mal alleine zurechtkommen. Außerdem kannte ich in Russland niemanden, das war schon komisch für mich. Aber ich wollte Profifußballer werden, deshalb habe ich nicht so viel darüber nachgedacht. Den Schritt bereue ich jedenfalls nicht.

Sie sind in Deutschland aufgewachsen und kannten nur den hiesigen Fußball. Wie war die Zeit in Russland?

Mischenko: Das war schon eine Umstellung. Vor allem die Art, wie dort Fußball gespielt wird. Auch an das Leben in Russland musste ich mich erst mal gewöhnen, aber das ging schnell und ohne Probleme.

Auch wenn Sie nicht spielberechtigt waren: Konnten Sie im Training mit den Profis mithalten?

Mischenko: Der erste Monat war sehr schwer, aber von Training zu Training habe ich mich gesteigert und konnte auch eine Entwicklung bei mir sehen. Das Ganze hat mich enorm weitergebracht, und ich konnte relativ schnell mithalten.

Ist der Wechsel nach Kirgisistan denn dann jetzt ein Auf- oder Abstieg für Sie?

Mischenko: Das kann ich schwer einschätzen. In Russland hätte ich nur in der Zweiten Liga gespielt und hier spiele ich jetzt Erste Liga. Die Mannschaft hat hier im Land einen großen Stellenwert. Der FC Dordoi ist Rekordmeister und spielt regelmäßig beim AFC-Cup mit, quasi die Champions League in Asien. Es ist noch mal eine Umstellung für mich hier, aber vom Niveau kann man die Mannschaft mit der in Russland vergleichen.

Wie läuft die Saison bislang?

Mischenko: Durch die kalte Winterzeit fängt hier erst am 27. Juli die Rückrunde an. Wir sind aktuell Dritter und wollen noch mindestens Zweiter werden. Den Pokal wollen wir natürlich auch gewinnen.

Wie viele Teams spielen denn in der ersten kirgisischen Liga?

Mischenko: Es spielen nur sieben Mannschaften in der Liga. Gegen jedes Team müssen wir dreimal antreten.

Sie sind erst in der Winterpause dazugekommen. Wie sehen Sie Ihre Chancen auf einen Stammplatz?

Mischenko: Ich denke, meine Chancen sind ganz gut. Im Training spiele ich immer für das Team mit den Leibchen, und das ist eigentlich auch die Stammelf. Die Gespräche mit dem Trainer waren auch sehr positiv.

Kannten Sie schon Spieler im Team?

Mischenko: Ja, ein paar Spieler aus der kirgisischen U 23. Aber auch die anderen habe ich sehr schnell kennengelernt. Das war kein Problem.

Fühlen Sie sich denn wohl in Kirgisistan?

Mischenko: Die ersten Tage waren auch hier natürlich schwer, weil ich jetzt noch weiter weg bin von meiner Familie. Auch wenn mein Onkel und meine Oma nur eine gute Autostunde entfernt wohnen, war es anfangs nicht leicht für mich. Aber jetzt habe ich hier meinen normalen Alltag gefunden, und die Jungs haben mich super aufgenommen.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Ex-Trainer aus Walheim, Helge Hohl?

Mischenko: Ja, wir schreiben uns noch oft, und er erkundigt sich nach mir. Aber auch zu meinen alten Mannschaftkameraden aus Walheim habe ich noch Kontakt. Wir skypen oder telefonieren regelmäßig. Die Jungs wollen halt wissen, wie es mir hier geht.

Und was erzählen Sie denen dann so? Dass Sie als Profifußballer jetzt ausgesorgt haben?

Mischenko: In Kirgisistan ist es natürlich anders als in Europa. Wir verdienen gut, aber das Geld ist für mich zweitrangig. Ich will regelmäßig spielen und habe schon das Ziel, irgendwann nochmal in Europa anzugreifen. Ich habe nicht vor, bis zu meinem Karriereende in Kirgisistan zu spielen, auch wenn das hier alles sehr professionell abläuft.

Durch Einsätze für die kirgisische Nationalmannschaft könnten Sie auf sich aufmerksam machen...

Mischenko: Das stimmt. In der Asien-Cup-Qualifikation sieht es momentan auch sehr gut für uns aus. Wir liegen momentan hinter Indien auf Platz zwei. In der WM-Quali sind wir leider gescheitert, aber dennoch ist es eine gute Möglichkeit, sich im Nationalteam zu zeigen und für sich zu werben.

Sind Sie denn in Kirgisistan bereits ein Star?

Mischenko: Ringen ist die Sportart Nummer 1, aber auch Fußballer sind hier hoch angesehen, und ich merke das auch auf der Straße. Viele gucken mich an und wollen ein Foto mit mir machen. Auch nach dem Training fragen die Fans nach Autogrammen. Das ist für mich komplettes Neuland, aber eine tolle Sache.

Aufrufe: 025.7.2017, 10:30 Uhr
AZ/ANAutor