2024-04-23T13:35:06.289Z

Interview
Günther Schmidt lobt grundsätzlich das Verhältnis, das im Amateurfußball zwischen Schiedsrichtern und Spielern besteht. Der Abteilungsleiter des TSV Haunstetten meint, das hätte sich gegenüber früher stark verbessert.
Günther Schmidt lobt grundsätzlich das Verhältnis, das im Amateurfußball zwischen Schiedsrichtern und Spielern besteht. Der Abteilungsleiter des TSV Haunstetten meint, das hätte sich gegenüber früher stark verbessert. – Foto: Fred Schöllhorn

„Bei schönstem Wetter spielen wir nicht“

Haunstettens Fußballchef Günther Schmidt würde die Saison dem Kalenderjahr anpassen +++ Ein Gespräch über Rassismus, Vorbildcharakter der Bundesliga und das eigene Team

Am Wochenende wurde der Würzburger Fußballer Leroy Kwadwo im Stadion von Preußen Münster rassistisch beleidigt. Wie sieht es an der Amateurbasis aus? Begegnet einem dort Ähnliches?

Günther Schmidt: Wir haben mit Abel Simao einen dunkelhäutigen Spieler bei den Aktiven dabei, in diese Richtung ist aber noch nie etwas vorgefallen.

Wenn auch nicht rassistisch, Beleidigungen von Zuschauern kommen im Amateurlager aber vor.

Schmidt: Ausschließen lässt sich das nie. Meinen Spielern rate ich immer, Kommentare von außen zu ignorieren und sich nicht provozieren zu lassen. Alles andere macht keinen Sinn. Wenn ich am Spielfeldrand etwas mitbekomme, kann ich als Funktionär eingreifen. Aber die Spieler sollen sich nicht von Zwischenrufen anstecken lassen.

In Münster reagierten die Zuschauer ringsum. Der Täter wurde vom Publikum identifiziert, abgeführt, wegen Volksverhetzung angeklagt und mit einem dreijährigen bundesweiten Stadionverbot belegt.

Schmidt: In der Regel greifen die vernünftigeren Zuschauer, die neben den Störenfrieden stehen oder sitzen, auch bei unseren Spielen ein und sagen: „Jetzt ist mal Ruhe“. Bislang war es in unseren Spielen nie so, dass etwas eskaliert wäre.

Sie sind seit Jahrzehnten im Amateurfußball tätig. Hat sich die Stimmung auf den Plätzen gewandelt? Ist der Ton rauer und aggressiver geworden?

Schmidt: Dass Zuschauer mit Schiedsrichterleistungen nicht einverstanden sind, hat es vor 20, 30 Jahren auch schon gegeben; und Ausreißer nach oben gab es früher auch. Ich empfinde es aber als positiv, dass das Verhältnis der Funktionäre und der Trainer zu den Schiedsrichtern sich wesentlich verbessert hat. Grund dafür: Wir sprechen viel offener miteinander. Das war früher nicht der Fall.

Warum hat sich das Verhältnis derart verbessert?

Schmidt: Der Verband hat klargemacht, ihr müsst mit den Leuten vor Ort besser zusammenarbeiten. Das merkt man. Man kennt sich mit der Zeit, bereits vor den Spielen findet ein guter Austausch statt. Teilweise kommen Schiedsrichter und sagen: „Schön, dass ich mal wieder bei euch pfeifen kann“. Das Verhältnis ist wesentlich angenehmer als früher.

Wiederholt wird betont, das Verhalten der Profifußballer hat Vorbildcharakter. Ist das wirklich so oder nur ein mediales Thema?

Schmidt: Mit Sicherheit schauen sich die Spieler manches Verhalten ab. Wenn Spieler im Strafraum Schwalben produzieren oder sich lautstark beim Schiedsrichter beschweren, dann haben sie das vorher bei den Profis gesehen. Aber ich glaube nicht, dass sich aggressive Typen im positiven Sinn beeinflussen lassen. Wer im niedrigklassigen Fußball jemanden niederschlägt, den interessiert nicht das Verhalten in der Bundesliga. Der hat das im Kopf und sucht von sich aus die gewalttätige Auseinandersetzung.

In der Bundesliga wollen die Schiedsrichter bei Reklamieren schneller die Gelbe Karte zücken. Macht das auch in Ihrer Spielklasse Sinn?

Schmidt: Wenn die Amateurschiedsrichter die harte Linie nach unten weitergeben und schneller Gelb ziehen, dann akzeptieren das die Spieler, weil sie es bei den Profis gesehen haben. Aus meiner Sicht wird in der Bezirksliga aber gut zwischen Schiedsrichter und Spieler kommuniziert. Dass ein Schiedsrichter wegen einer Entscheidung bedrängt wird, ist die absolute Ausnahme. Probleme gibt es vor allem in der B-Klasse, in der keine Verbandsschiedsrichter mehr pfeifen.

Richten wir den Blick auf Ihre Mannschaft. Der TSV Haunstetten steht einen Punkt vor dem Relegationsplatz gegen den Abstieg. Wie beurteilen Sie das bisherige Abschneiden?

Schmidt: Unser Ziel ist der Klassenerhalt. Gewinnen wir das Nachholspiel gegen den Tabellenletzten Stöttwang, sind wir einigermaßen im Soll. Was mich geärgert hat, waren Niederlagen gegen unmittelbare Konkurrenten. Wir waren im Kopf nicht frei und haben nicht die Leistungen gezeigt, die ich erwartet hätte. Es soll keine Ausrede sein: Aber wir hatten in der Vorrunde großes Verletzungspech.

Mit welchen Erwartungen gehen Sie nun in die restliche Saison?

Schmidt: In der vergangenen Saison haben wir in der Rückrunde das Feld von hinten aufgerollt. Ich bin zuversichtlich, dass wir das diesmal auch so hinbekommen. Wir wollen möglichst schnell 38 Punkte auf dem Konto haben, damit wir aus dem Gröbsten raus sind.

Werden Sie auch in Zukunft mit Trainer Helmut Riedl zusammenarbeiten?

Schmidt: Ja, wir haben den Vertrag mit ihm bereits für die kommende Saison verlängert – egal in welcher Klasse wir spielen.

Sie haben eine lange Winterpause gehabt, erst Mitte März geht die Saison weiter. Die Unterbrechung zwischen alter und neuer Spielzeit ist hingegen kurz. Wie stehen Sie dazu?

Schmidt: Der Bayerische Fußballverband wird es mit Sicherheit nicht gerne hören: Aber mir stinkt es inzwischen gewaltig, wenn wir Mitte Mai mit der Saison fertig sind und bei schönstem Wetter zum Nichtstun gezwungen sind und nicht spielen. Aber da redest du gegen eine Wand. Das Thema wird aufkommen, wenn im März der große Wintereinbruch kommt.

Was wäre Ihr Vorschlag?

Schmidt: Ich würde die Saison dem Kalenderjahr anpassen. Im Sommer kann ich trotzdem eine vierwöchige Pause machen. Allen wird man es aber nie recht machen können.

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Aufrufe: 025.2.2020, 09:52 Uhr
Augsburger Allgemeine / Johannes GrafAutor