Der TSV Gnarrenburg steht nach 14 sieglosen Spielen und einem Torverhältnis von 19:53 Toren auf dem letzten Tabellenplatz der Kreisliga Rotenburg. Das Torverhältnis spricht Bände: Mit 53 Gegentoren stellt die Mannschaft die schwächste Defensive und mit erst 19 geschossenen Toren die harmloseste Offensive der Liga. Für die Gnarrenburger wird der Abstand zum rettenden Ufer immer größer. Derzeit hat das Team zehn Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Die Mannschaft um Kapitän Sven Schostak muss dringend Punkte sammeln und spätestens in der Rückrunde eine Siegesserie starten, ansonsten droht dem Traditionsverein der Abstieg in die 1. Kreisklasse Nord Rotenburg. Doch Trainer Patrick Wellbrock glaubt weiter an seine Mannschaft und hat sich den kritischen Fragen der FuPa-Redaktion gestellt:
Vor der Saison hätte sicherlich niemand damit gerechnet, den TSV Gnarrenburg am Tabellenende zu sehen. Wie kommt es zu der misslichen Lage?
Vor der Saison war klar, dass die Liga stärker und ausgeglichener wird. Somit war es schwer, vor der Saison einzuschätzen, wo man wirklich steht. Ich wusste allerdings, dass wir in den ersten drei Spielen dringend punkten müssen, weil danach vom Papier her schwere Spiele folgen sollten. Das ist uns leider nicht gelungen. Wir haben in Karlshöfen verloren, obwohl wir die bessere Mannschaft waren. Danach haben wir gegen Bülstedt zu Hause eine 2:0-Halbzeitführung verspielt und gegen Scheeßel in den Schlussminuten noch 0:2 verloren.
14 Spiele ohne Sieg. Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?
Ich habe persönlich noch nie so eine lange Negativserie in 30 Jahren Fussball mitgemacht. Natürlich zerrt das an der Mannschaft und an mir selbst. Natürlich ist die Enttäuschung über die bisherigen Spiele groß und keiner ist damit zufrieden, aber insgesamt gehen wir mit der Situation gut um.
Ich muss allerdings sagen, dass ich auch noch nie so eine Zeit miterlebt habe, in der so viel Pech auf einmal kommt. Wir haben seit Anfang der Saison sechs wichtige Spieler (Martin Kaliebe, Jascha Lamp, Fabian Tietjen, Lenny Viebrock, Sören Bijkersma und Joscha Wintjen), die langfristig fehlen. Dazu hatten wir immer wieder andere mittelfristige Ausfälle (Michael Jablonowski, Tobias Müller, Marvin Dreyer, Christoph Völkner, Niklas Renken, Joschka Brunkhorst, Mohamed Shikhan), sodass uns in dieser Saison immer zehn Spieler oder sogar mehr pro Spiel gefehlt haben. Es gibt mit Sönke Jahn und Yilmaz Akin nur zwei Spieler, die alle Spiele absolvieren konnten.
Somit ist natürlich auch die Trainingsbeteiligung nicht optimal. Wir können schwer an mannschaftlichen Dingen arbeiten, die nötige Fitness fehlt einigen Spielern und unsere Wechselmöglichkeiten sind in den Spielen natürlich auch begrenzt.
Hinterfragt man sich als Trainer nicht schon mal?
Ich hinterfrage mich im Allgemeinen schnell. So bin ich von Natur aus, weil ich immer das Maximum rausholen will. Zudem bin ich ein junger Trainer und will noch einiges lernen.
In der jetzigen Situation habe ich das natürlich auch getan. Ich habe mir Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass die Situation nicht am Trainer, oder an einzelnen Spielern festzumachen ist. Somit werden wir zusammen alles versuchen, uns aus der Situation zu befreien, und dafür werde ich als Trainer und auch als Spieler weiterhin alles geben. Sollte uns das nicht gelingen, werden wir weiter sehen und sicherlich alles einmal hinterfragen müssen, nicht nur den Trainer.
Im Spiel gegen Stemmen reichte selbst eine 2:0-Führung nicht zum Sieg. Innerhalb von vier Minuten einen sicher geglaubten Sieg verspielt – 2:2. Woran lag es?
Das war nicht nur im Spiel gegen Stemmen so. Auch gegen Bülstedt und Bremervörde haben wir 2:0 geführt. Solche Spiele müssen wir gewinnen. Gegen Bülstedt haben wir in der Halbzeit umgestellt, was sicherlich im Nachhinein ein Fehler war. Allerdings kam beim Gegner Simon Loth zur zweiten Halbzeit ins Spiel. Mit ihm hatten wir große Probleme und er hat die Partie fast im Alleingang gedreht. Gegen den BSC hatten wir große Personalsorgen und waren am Ende nicht wach genug. Gegen Stemmen habe ich nicht mehr dran geglaubt, dass wir das Spiel noch aus der Hand geben. Leider haben wir dann durch eine Standardsituation den Anschlusstreffer kassiert und waren kurz ungeordnet und das hat uns den Sieg gekostet. Da spielt dann halt auch die Frische und das Selbstvertrauen im Kopf eine große Rolle.
Der kommende Gegner: MTSV Selsingen. Im Pokal gab es bereits einen Sieg gegen die Selsinger (23.08.17; 3:1-Heimsieg). Was stimmt dich positiv, dass am Sonntag der erste Dreier geholt wird?
Ich denke, dass man das Pokalspiel nicht als Maßstab nehmen kann. Die Vorzeichen sind nun ganz anders. Wir haben dort allerdings gezeigt, dass wir gegen den Gegner gewinnen können und das wollen wir am Sonntag gerne wiederholen und endlich den ersten Sieg einfahren.
Wo siehst du derzeit eure Stärken und was muss sich ändern?
Unsere Stärken sehe ich darin, dass wir immer wieder Moral beweisen und unsere Qualität im Spiel nach vorne. Am letzten Wochenende haben wir innerhalb von ein paar Minuten gegen Groß Meckelsen einen 2:0-Rückstand aufgeholt. Die sind immerhin Tabellenzweiter.
Wir müssen daran arbeiten, dass wir wieder besser gegen den Ball arbeiten und nach Ballverlusten wieder schneller ins Umschaltspiel kommen. Das sind Dinge, die uns in der letzten Saison stark gemacht haben.
Zudem sage ich schon seit längerem, dass sich jeder immer zuerst selbst hinterfragen sollte, was er hätte besser machen können und ob er alles für den Erfolg der Mannschaft gegeben hat. Die Einstellung ist heute nicht mehr so wie vor zehn oder 15 Jahren. Das ist auch ein großes Problem, aber ich denke, wenn wir die angesprochenen Sachen umsetzen und sich die Personalsituation entspannt, wird auch der Erfolg wieder zurückkehren.
Zur Zielsetzung hat man beim TSV Gnarrenburg die unterschiedlichsten Aussagen gehört. Was denkst du, sollte euer primäres Ziel sein?
Ich persönlich habe vorher keine Zielsetzung ausgesprochen. Wie schon gesagt, war es vorher schwer einzuordnen.
Unser jetziges Ziel sollte sein, dass wir noch möglichst viele Punkte vor der Winterpause einfahren, damit wir den Anschluss wieder herstellen können und nach der Winterpause noch eine realistische Chance auf den Klassenerhalt haben. Ich denke von den anstehenden vier Spielen vor der Winterpause müssen wir mindestens zwei oder drei Spiele gewinnen. Sollte uns das nicht gelingen, werden wir uns zum Ende der Hinrunde zusammensetzen und ein neues Konzept erarbeiten und gucken, was das Beste für den Verein ist.
Zudem wurde in den letzten Jahren zu wenig an den Rahmenbedingungen im Gnarrenburger Fussball gearbeitet. Es gab vor meiner Zeit so gut wie keine externen Neuzugänge und die letzten Jugendspieler kamen fünf Jahre zuvor in den Herrenbereich. Es war aus meiner Sicht abzusehen, dass wir irgendwann die Quittung dafür bekommen. Da haben wir versucht, einiges zu verändern, aber das, was jahrelang verpasst worden ist, kann man kurzfristig nicht wieder auffangen. Vielleicht bedarf es sogar einem Neuanfang.
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