2024-05-02T16:12:49.858Z

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Angekommen in der Regionalliga: Ceyhun Dinler.	Foto: Raab/Oz
Angekommen in der Regionalliga: Ceyhun Dinler. Foto: Raab/Oz

»Wir haben die Euphorie mitgenommen«

RL SÜDWEST: +++ Trotz sehr gutem Saisonstart ist der Klassenerhalt weiterhin das große Ziel +++ Mannschaft ein „eingeschworener Haufen“ +++

STADTALLENDORF . In Deutschlands vierthöchster Liga läuft seit einigen Wochen die Stadtallendörfer Eintracht auf. Und wäre der Aufstieg des Teams von Trainer Dragan Sicaja im Mai nicht schon einer Sensation gleichgekommen, so haben die Jungs aus der Ferrero-Stadt auch einen starken Start in die Regionalliga Südwest hingelegt. Zum absoluten Stammspieler hat sich in den letzten Jahren Ceyhun Dinler (23) gemausert, der seine Karriere nicht nur in Gießen begann, sondern in der Nordstadt immer noch wohnt.

Bei Blau-Weiß begann der Außenverteidiger mit dem Fußball, ehe im Jugendbereich Stationen bei der TSG Wieseck, der SG Kinzenbach und dem VfB 1900 Gießen folgten. Nachdem Dinler zu Beginn seiner Aktivenkarriere bereits für den FSV Fernwald in der Hessenliga auflief, zog es den Studenten im Sommer 2014 nach Stadtallendorf, wo ein Umbruch im vollen Gange war und der kroatische Übungsleiter Sicaja jungen Talenten aus der Region eine Chance geben wollte.

Und die hat Dinler eindrucksvoll genutzt, nach 23 Einsätzen in der ersten Saison und 28 in der Zweiten, absolvierte der Gießener in der vergangenen Saison alle 32 Ligaspiele und stand dabei jedes Mal in der Startformation. Und dass am Ende der Aufstieg in die Regionalliga stand, war natürlich bis dato das absolute Karrierehighlight des 23-Jährigen. „Wir hatten schon eine starke Saison 2015/16 gespielt, sind aber am Ende etwas abgerutscht. Dann eine solche Spielzeit wie die letzte nachzulegen, war natürlich unglaublich“, beschreibt Dinler.

Und die Eindrücke, die mittlerweile in der Regionalliga auf den Defensivspieler einprasseln, werden natürlich immer größer. Am vergangenen Samstag die Partie gegen den ehemaligen Bundesligisten Stuttgarter Kickers, am Dienstag das Match am Mainzer Bruchweg, wo Legenden wie Jürgen Klopp bereits Geschichte geschrieben haben, und zum Abschluss der Woche wartet morgen dann noch die Partie gegen den FSV Frankfurt, vor zwei Jahren noch Zweitligist. „Es ist natürlich schon Wahnsinn, in welchen Stadien, mit welchen Vereinen und Spielern wir uns messen dürfen. In Elversberg stand dann plötzlich Edmond Kapllani (54 Bundesligaspiele, 41 Länderspiele für Albanien, Anmerkung der Redaktion) vor mir. Den kannte jeder aus dem Fernsehen und jetzt musst du zusehen, dass er gegen dich kein Tor schießt“, lacht Dinler.

Das gelang ihm und seinen Defensivkollegen perfekt, durch das 0:0 beim letztjährigen Meister ergatterte die Eintracht ihren ersten Punkt. Mittlerweile haben sie neun Punkte gesammelt, was ein guter Start in die Saison für den Aufsteiger ist. Als Erfolgsgeheimnis sieht Ceyhun Dinler gleich mehrere Faktoren. „Zum einen sind wir sehr eingespielt und haben weiterhin sehr viele Spieler der Aufstiegself in unserem Team. Das ist sicherlich ein Vorteil. Zum anderen haben wir einfach eine klasse Truppe beisammen, in der jeder für den anderen läuft und kämpft. Wir sind wirklich ein eingeschworener Haufen und sehen, dass wir damit viel erreichen können“, berichtet der 23-Jährige. Dass auch Rückschläge kommen werden, ist Dinler bewusst, umwerfen wird das die Eintracht aber nicht. „Wir haben die Euphorie mitgenommen und damit bislang viel bewegt. Aber egal wie gut der Start gelaufen ist, ist und bleibt unser Ziel einzig und allein der Klassenerhalt“, stellt der Linksverteidiger klar.

Die rund 50 Kilometer Fahrtstrecke von Gießen in den Kreis Marburg-Biedenkopf muss Dinler nicht alleine antreten. Mit Erdinc Solak, der schon für Teutonia Watzenborn-Steinberg auflief oder dem ehemaligen Waldgirmeser Laurin Vogt wohnen zwei weitere Eintracht-Kicker in der Universitätsstadt. „Das macht es natürlich deutlich einfacher. Wir wechseln uns mit den Fahrten ab und können uns immer schön unterhalten. Da fällt einem der Weg gar nicht so auf“, freut sich Dinler über die „Gießener Connection“.

Neben dem gelungenen Start seiner Mannschaft ist auch der Linksverteidiger gut in die Saison gekommen. Er absolvierte bislang alle fünf Spiele und erzielte bei den Siegen gegen Röchling Völklingen und beim SC Freiburg II bereits zwei Treffer. Lohn waren bereits zwei Nominierungen für die „Elf des Spieltags“ des Kicker-Sportmagazins. Darüber freut sich der 23-Jährige natürlich, aber noch mehr über seine Tore. „Klar liest man das und wird mal darauf angesprochen. Aber wichtiger sind eindeutig die Siege und die Punkte, ich freue mich natürlich sehr, dass ich dazu mit Toren beitragen konnte. Bei Standards darf ich ja mit nach vorne und Erdinc (Solak) schießt die auch wirklich klasse.“

Dass er dennoch Verteidiger ist, musste ihm Trainer Sicaja einimpfen, vor allem in der Regionalliga kommt es auf eine kompakte Defensive an. Und auch wenn Dinler das offensive Spiel im letzten Jahr forciert hat, sieht er ein, dass das Abwehrspiel nun wieder Priorität genießt. „In der vergangenen Saison habe ich mich mehr eingeschaltet, wir wollten in der Offensive Überzahl schaffen. Aktuell halte ich mich mehr zurück“, beschreibt Dinler, der gleichzeitig noch ein Lob an seinen Trainer loswird. „Dragan passt optimal zu uns, er hat mir schon so viel beigebracht, auch was das Zweikampfverhalten angeht. Und mit seiner emotionalen Art tut er dem Team unheimlich gut.“

Die Gefahr, dass sie in Stadtallendorf abheben, scheint extrem gering zu sein, zu ausgeprägt ist der Teamgedanke und das Wissen um die eigene Herkunft. „Bis auf ganz, ganz wenige Spieler kommen wir alle von Vereinen aus der Hessen-, Verbands- oder Gruppenliga. Wir wissen, dass wir alle an einem Strang ziehen müssen, wenn wir eine Chance haben wollen. Das werden wir auch weiterhin tun und dann schauen wir mal, was noch so passiert“, sagt Ceyhun Dinler. Dass es mit dem großen Ziel Klassenerhalt klappen kann, scheint aktuell alles andere als ausgeschlossen zu sein. Wer schon Edmond Kapllani stoppt...



Aufrufe: 025.8.2017, 11:15 Uhr
Marc Steinert (Gießener Anzeiger)Autor