Vincek hält die Eintracht-Fahne hoch

Vielleicht zum letzten Mal. Denn den Club aus dem nördlichen Lahn-Dill-Kreis gelüstet es – wenn auch nicht in dieser Runde – nach oben, dem aus dem Osten des Landkreises Marburg-Biedenkopf droht der Abstieg.

Wenn Steinbach (in diesem Jahr 1:2 gegen den SC Freiburg II und 0:4 beim 1. FC Saarbrücken) gegen Stadtallendorf (0:3 gegen den 1. FC Saarbrücken, 0:1 gegen den VfB Stuttgart II) antritt, dann treffen zwei Teams aufeinander, die voneinander abweichender nicht sein könnten. Grund genug einmal aufzulisten, wo die Unterschiede liegen. In den Teams, aber auch im Umfeld.

Steinbachs Tim Paterok musste in den letzten sieben Partien 14 Mal hinter sich greifen. Die Bilanz seines Vorgängers Frederic Löhe, der im Winter zu Hessenliga-Spitzenreiter FC Gießen wechselte, fiel bei neun Gegentreffern in dessen ersten zwölf Saisonspielen, in denen er sogar sechs Mal ohne Makel blieb, deutlich besser aus.

Stadtallendorfs Hrvoje Vincek indes gilt als einer der besten Keeper der Liga, wenngleich auch er schon 32 Mal in 21 Partien hinter sich greifen musste. Nur beim 0:4 in Worms stand der Kroate nicht im Kasten. (Vorteil Stadtallendorf)

Auch wenn sich der TSV Steinbach Haiger vergangenen Samstag durch das 0:4 beim 1. FC Saarbrücken aus dem Titelrennen verabschiedet hat: Kapitän Nico Herzig dirigiert eine Abwehrformation, die in dieser Runde erst 23 Gegentreffer und damit die fünftwenigsten der Liga kassiert hat.

Stadtallendorfs Mannschaftsführer Kevin Vidakovics indes ist der Anführer einer Formation, die durch den langfristigen Ausfall von Ceyhun Dinler (Kreuzbandriss) arg geschwächt ist, in der Ex-Profi Daniel Vier (36) indes seinen dritten Frühling erlebt. (Vorteil Steinbach)

Sowohl defensiv als auch in der Zentrale und über die Außenbahnen ist der Hessenmeister von 2015 glänzend besetzt. Mit Tomislav Baltic und Amar Zildzovic verfügen die Herrenwälder über überdurchschnittlich spielintelligente Sechser, sie haben davor jedoch bis auf Laurin Vogt zu wenige Akteure, die die Spitzen ausreichend effektiv in Szene setzen können. (Vorteil Steinbach)

Da hakt es auf beiden Seiten, wenngleich der TSV Steinbach Haiger 13 Tore mehr erzielt hat als der mittelhessische Rivale aus Stadtallendorf. Fatih Candan ist mit sechs Treffern zusammen mit Mittelfeldspieler Sascha Marquet der bisher beste Schütze der Gastgeber, bei der Eintracht haben Tomislav Baltic und Antonyos Celik bisher je dreimal getroffen. (Vorteil Steinbach)

500 000 Euro stehen der Eintracht Stadtallendorf, die nur vier hauptamtliche Fußballer in ihren Reihen hat, pro Saison zur Verfügung.

Beim TSV Steinbach Haiger, bei dem alle 25 Akteure Profis sind, stehen rund 1,8 Millionen, rechnet Geschäftsführer Matthias Georg die Ausgaben für den Spielbetrieb und die Geschäftsstelle hinzu, rund 2,4 Millionen Euro zur Verfügung. (Vorteil Steinbach)

Der Haigerer Haarwasen hat sich seit 2015 zu einem Schmuckkästchen entwickelt. Tribünen sind entstanden, der Rasen wurde neu verlegt, Flutlicht installiert, Parkplätze geschaffen, die Zufahrt ausgebaut, der Umkleidetrakt erweitert und modernisiert und die Geschäftsstelle eingerichtet. Das Herrenwaldstadion in Stadtallendorf indes wirkt ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Was die Stadtväter jedoch erkannt haben; sie werden in den kommenden fünf Jahren die Anlage mit einem Gesamtvolumen von rund 2,2 Millionen Euro den heutigen Notwendigkeiten anpassen. (Vorteil Steinbach)

Steinbachs Chefcoach Matthias Mink sowie dessen Assistenten Frank Döpper und Bernd Jayme, der sich um die Torhüter kümmert, sind Profis, die täglich aus Köln beziehungsweise Darmstadt in den nördlichen Lahn-Dill-Kreis fahren, um ihrem Job mit dem Team nachzugehen. Dragan Sicaja arbeitet ganztags und fährt erst abends von seinem Wohnort Schwalmstadt nach Stadtallendorf zum Training.

(Vorteil Steinbach)

Bei den Herrenwäldern dominiert das Ehrenamt. Sowohl der Erste Vorsitzende Reiner Bremer als auch die Sportlichen Leiter Mario Schrödel und Fejz Hodaj gehen Berufen außerhalb des Fußballgeschäfts nach. Am Haigerer Haarwasen, an dem sie – eng an der Mannschaft dran – Zeugwart John Schwehn und Physiotherapeut Peter Kovacs in Vollzeit beschäftigen, arbeiten mit Geschäftsführer Matthias Georg, Christian Hähn (Vertrieb und Marketing) und Peggy Gail (Büromanagement und Ticketing) weitere drei Mitarbeiter nur für den TSV Steinbach Haiger.

(Vorteil Steinbach)

Liegt der TSV Steinbach vor dem Derby also mit 7:1 wie einst Deutschland bei der WM 2014 gegen Gastgeber Brasilien im Vorteil? Mitnichten! Im Duell der Enttäuschten werden die Karten neu gemischt.