2024-05-08T14:46:11.570Z

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„Auf geht’s, Männer!“ Auf dem Lohhofer Kunstrasen leitete Sissy Raith – damals noch in Bayern-Montur – Ende Januar 2009 ihre erste Einheit als Trainerin des TSV Eching. Wenige Monate später feierte sie mit dem Team den Landesliga-Aufstieg. Lehmann
„Auf geht’s, Männer!“ Auf dem Lohhofer Kunstrasen leitete Sissy Raith – damals noch in Bayern-Montur – Ende Januar 2009 ihre erste Einheit als Trainerin des TSV Eching. Wenige Monate später feierte sie mit dem Team den Landesliga-Aufstieg. Lehmann

„Was macht eigentlich...?“ Trainerin Sissy Raith aus Eching ist bereit für neue Herausforderungen

Die Wanderjahre sind vorbei

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Sissy Raith coachte einst den TSV Eching. Jetzt würde sie zu gerne noch einmal im Herrenfußballbereich angreifen. Für die Serie „Was macht eigentlich...?“ hat das FT mit der 59-Jährigen gesprochen.

Eching – Sissy Raith (59) hat gerade wieder richtig Lust auf Fußball. Die „Weltenbummlerin“ und Frauenfußball-Legende aus Eching ist nach eineinhalb Jahren Pause heiß auf eine neue Herausforderung. Sie coachte einst den TSV Eching – und würde zu gerne noch einmal im Herrenfußballbereich angreifen.

Von Januar bis Oktober 2009 war die Echingerin Trainerin des Männerteams in ihrem Heimatverein – ein Engagement, das bundesweit interessiert beobachtet wurde. Mit dem TSV gelang die Rückkehr in die Landesliga, aber dann folgte die Entlassung in einer für den Verein insgesamt turbulenten Zeit. Stolz erzählt sie aus dieser Zeit, dass Spieler benachbarter Vereine angefragt hätten, ob sie denn in Eching mittrainieren dürften. Ihre Tätigkeit als weiblicher Coach im Herrenbereich hat aus ihrer Sicht sowohl fachlich als auch zwischenmenschlich gut funktioniert. „Mit den Männern habe ich noch nicht abgeschlossen“, betont Raith, die sich ein neuerliches Engagement im Herrenfußball vorstellen kann – sei es als Chef- oder auch als Assistenztrainerin. Es müsse sich auch nicht um einen hauptberuflichen Job handeln, sagt sie.

Auf dem Thron des europäischen Fußballs

Die 59-Jährige wurde schon als Spielerin zu einer Legende: Sie absolvierte zwischen 1983 und 1991 insgesamt 58 Länderspiele (vier Tore) und wurde mit der DFB-Auswahl 1989 und 1991 zweimal Europameisterin. In der Bundesliga trug sie unter anderem die Trikots des FC Bayern München (1975 bis 1984 und 1999 bis 2002), des FSV Frankfurt (1984 bis 1985) und des seinerzeit im Damenfußball führenden TSV Siegen (1985 bis 1991). Viermal – einmal mit dem FCB und dreimal mit Siegen – wurde die Echingerin mit ihren Vereinen Deutsche Meisterin und fünfmal Deutsche Pokalsiegerin. Dazu kamen in der aktiven Laufbahn noch drei Länderpokalsiege mit Bayern und Hessen.

Nach der aktiven Zeit blieb Sissy Raith beim FC Bayern, wo sie erst 2002 als Co-Trainerin eingestellt und zwei Jahre später zur Cheftrainerin befördert wurde. Von München führte der Weg dann 2009 nach Eching zu ihrem ersten Posten im Männerbereich. Im Anschluss an diese Episode folgte nicht nur die Rückkehr zum Frauenfußball, sondern auch eine internationale Reise – zunächst nach Aserbaidschan und drei Jahre später in die Schweiz.

Aufbauarbeit in Aserbaidschan

2010 wechselte sie nach Aserbaidschan, um dort eine U15- und später eine U17-Nationalmannschaft aufzubauen. Seinerzeit war Berti Vogts Trainer der Herren-Nationalmannschaft – und dieser war es auch, der den Kontakt herstellte. „Ich habe noch nie ein Gespräch abgelehnt“, erzählt Sissy Raith, die noch heute bei den Gedanken an das Experiment in dem fernen Land den Kopf schüttelt: Aserbaidschan hatte sich für die Ausrichtung der U17-Weltmeisterschaft der Juniorinnen beworben und brauchte dafür ein Gastgeberteam. Raith erinnert sich noch gut an ihre erste Unterredung mit Vertretern des Verbands: „Alle meine Fragen wurden verneint – das war so verrückt.“ Denn der kleine Staat am Kaspischen Meer hatte weder eine Nationalmannschaft bei den Frauen, geschweige denn einen Ligabetrieb. „Da war einfach null“, sagt die Echingerin, die auch in der Jugend erst Spielerinnen für eine Mannschaft zusammensuchen musste.

Doch Sissy Raith sagte zu und nahm das Abenteuer an. Diese neue Lebenserfahrung habe sie sehr geprägt: „Es ist einfach unfassbar, wie dort Armut und Reichtum auseinanderklaffen.“ Sie bereiste das Land, lud Mädchen zu Sichtungstrainings ein und hatte auch schnell eine Basis. „Dort hatte ich schon einmal acht Talente erkannt“, sagt Raith. Sie baute die Nachwuchs-Auswahlteams auf – doch es war auch klar, dass bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land nichts zu holen sein würde.

Trotzdem blickt sie stolz auf diese Zeit zurück und freut sich, dass ihre Aufbauarbeit Früchte getragen hat. Heute gibt es in Aserbaidschan einen Ligabetrieb und eine Nationalmannschaft der Frauen. Zweieinhalb Jahre dauerte dieses Engagement, das ihr so viele unvergessene Erlebnisse bereitet hat.

Erfolgreiche Jahre in der Schweiz

Zu ihrem nächsten Abenteuer kam Raith dann über eine frühere Mitspielerin beim FC Bayern, die den Kontakt zum FC Staad in der Schweiz herstellte. 2013 heuerte die heute 59-Jährige bei dem Verein in der ersten Schweizer Liga an, und von dort ging es zum FC Basel. Der hat in ihren Augen mit dem FC Bayern nicht nur das Kürzel FCB gemeinsam: „Dieser Verein ist genau wie der FC Bayern.“ Zu den höchsten sportlichen Ansprüchen kam ein traumhaftes Trainingsgelände, „wo die mit der Nagelschere den Rasen schneiden“.

Sissy Raith war von diesen Rahmenbedingungen begeistert und hat nach ihrer Zeit in Staad (2013 bis 2016) auch von 2016 bis 2018 in Basel einiges aufgebaut: Immerhin hat das Team mit der deutschen Trainerin die Qualifikation zur Champions League erreicht. Als der Verein dann aber seine Philosophie änderte, entschied sich die Echingerin für den Abschied und gab ihrem Heimweh nach. Schon nach der Zeit in Staad war die Rückkehr in die Heimat ein Thema für sie – die Anfrage vom FC Basel konnte sie allerdings nicht ablehnen.

Heute sagt Sissy Raith, dass es die richtige Entscheidung gewesen sei, ihre Trainer-Ära in der Nationalliga A zu beenden. Aber auch während ihrer kleinen Europareise hatte sie immer ihren Wohnsitz in Eching, wo sie nun seit eineinhalb Jahren wieder ihren Lebensmittelpunkt hat. Ihr Fazit nach den Wanderjahren: „Das war eine tolle Zeit. Aber jetzt ist es allerhöchste Zeit, wieder unter die Leute zu kommen“, sagt Raith über ihren Wunsch, bald wieder auf dem Fußballplatz zu stehen. Gerne würde sie in der heimatlichen Region eine Mannschaft übernehmen und gerne eben auch im Männerbereich. Die Frauenfußball-Legende ist bereit für Gespräche mit ambitionierten Clubs.

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Aufrufe: 024.5.2020, 10:00 Uhr
Freisinger Tagblatt / Nico BauerAutor